Türkei:Türkischer Ministerpräsident Davutoğlu steht offenbar kurz vor dem Rücktritt

File photo of Turkey's President Erdogan chatting with Prime Minister Davutoglu during a Republic Day ceremony at Anitkabir in Ankara

Stehen Medien zufolge kurz vor einem Zerwürfnis: Präsident Erdoğan und Ministerpräsident Davutoğlu.

(Foto: REUTERS)
  • Türkische Medien berichten, der türkische Ministerpräsident Davutoğlu werde auf einem AKP-Parteitag in den kommenden Wochen zurücktreten.
  • Die Meldungen folgen auf ein nächliches Krisentreffen zwischen Davutoğlu und Präsident Erdoğan
  • Schon länger wird über ein Zerwürfnis zwischen den beiden Politikern spekuliert.

Nach Spekulationen über einen bevorstehenden Rücktritt des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu hat seine islamisch-konservative Regierungspartei AKP einen außerordentlichen Parteikongress angekündigt.

Türkische Medien berichten, Davutoğlu werde auf diesem Kongress voraussichtlich sein Amt als Ministerpräsident und Parteichef niederlegen. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür bislang nicht. Den Berichten zufolge soll der Parteitag spätestens Anfang Juni stattfinden.

Nächtliches Krisentreffen zwischen Davutoğlu und Erdoğan

Die Meldungen über Davutoğlus angeblich anstehenden Rücktritt kursierten nach einem Krisentreffen des Ministerpräsidenten mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan am späten Mittwochabend. Mehr als anderthalb Stunden hatte das Treffen der beiden AKP-Politiker gedauert. Der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge wird Davutoğlu am Donnerstagvormittag eine Pressekonferenz abhalten.

Spekulationen über Zerwürfnis an der AKP-Spitze

Türkische Medien spekulieren schon länger über ein Zerwürfnis zwischen Erdoğan und Davutoğlu. In der vergangenen Woche hatte die AKP-Parteiführung die Befugnisse Davutoğlus eingeschränkt, was türkische Kolumnisten und Oppositionspolitiker als Schlag gegen den Parteichef werteten.

Teile einer Rede Erdoğans, können als Seitenhieb gegen Davutoğlu gewertet werden. Darin sagt er: "Diejenigen, die sich auf wichtigen Positionen befinden, sollten nicht vergessen, wie sie da hingekommen sind." Nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu hatte Davutoğlu am Dienstag angedeutet, dass er nicht um jeden Preis an seinem Amt festhalten werde. Er werde eher sein "Ego mit Füßen treten", als dem Wohle der Partei zuwiderhandeln, sagte er demnach bei einer Rede in Ankara.

Hintergrund: Erdoğans geplante Verfassungsänderung

Die beiden sind wohl unter anderem wegen der von Erdoğan geplanten Verfassungsänderung zur Einführung eines Präsidialsystems unterschiedlicher Meinung. Die Änderung würde Erdoğan mehr Macht verleihen. Um ein Verfassungsreferendum über das Präsidialsystem abzuhalten, benötigt die AKP eine Zweidrittelmehrheit. Dazu fehlen der Partei zurzeit 13 Sitze im Parlament.

Mögliche Nachfolger: Verkehrsminister Yıldırım und Erdoğans Schwiegersohn

Laut Cumhuriyet werden als mögliche Nachfolger Verkehrsminister Binali Yıldırım und der Schwiegersohn Erdoğans - Energieminister Berat Albayrak - gehandelt. Mit Spannung erwarten die türkischen Medien ein Treffen von Davutoğlu und Erdoğan am Mittwochabend in Ankara. Die beiden betonen allerdings, dass es sich lediglich um das normale wöchentliche Treffen zwischen Präsident und Ministerpräsident handele.

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