Süddeutsche Zeitung

Türkei:Putsch lässt Flaggen-Verkäufe boomen

  • Flaggenhersteller und -verkäufer profitieren vom Putschversuch in der Türkei.
  • "Seit dem ersten Tag wurden etwa 1,5 Millionen Flaggen verkauft. Ich erwarte, dass wir noch weitere fünf Millionen Flaggen in den kommenden Tagen verkaufen", sagt ein Hersteller.
  • Wenn die Fabrikanten richtig liegen, dann wäre das die höchste Nachfrage seit 2002.

Die Türkei ist rot in diesen Tagen nach dem 15. Juli. Noch röter als sonst. Nationales Bewusstsein und der Stolz aufs eigene Land sind unter den Bürgern der bald 100 Jahre alten Republik weit verbreitet. Doch derzeit nehmen die tiefroten Landesfahnen mehr Raum im öffentlichen Leben ein als sonst.

Nach dem gescheiterten Militärputsch am vergangenen Wochenende reißen die öffentlichen Bekundungen der Türken für ihren Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und ihre demokratisch gewählte Regierung nicht ab. Erdoğan hat die Menschen in der Nacht des Putsches dazu aufgerufen, gegen die Feinde der Republik auf die Straße zu gehen. Und das tun sie jetzt. Tag für Tag und Nacht für Nacht füllen Tausende Menschen die Plätze der wichtigsten Städte des Landes und schwenken die mitgebrachten Fahnen. Auf dem Taksim in Istanbul oder dem Kızılay in Ankara fordern sie die unnachgiebige Bestrafung der "Verräter", die versucht haben, ihren Präsidenten zu stürzen.

Das Land befindet sich nach dem Putsch in einem Ausnahmezustand. Was der Wirtschaft üblicherweise nicht guttut. Ob ein Putsch nun scheitert, wie jetzt in der Türkei, oder Erfolg hat, wie der militärische Umsturz in Ägypten vor drei Jahren - die Wirren, die auf Staatsstreiche folgen, sind so oder so nicht gut fürs Geschäft. Doch wegen der seit Tagen wogenden Flaggen-Meere kann sich immerhin ein Wirtschaftszweig eines ungehemmten Wachstums erfreuen: die Flaggenhersteller und -verkäufer.

"Seit dem ersten Tag wurden etwa 1,5 Millionen Flaggen verkauft. Ich erwarte, dass wir noch weitere fünf Millionen Flaggen in den kommenden Tagen verkaufen", sagt Orkun Altier, der Besitzer des Fahnen-Herstellers Gozde Bayrak der Nachrichtenagentur Reuters. "Lehrer, Schmied, Kantinenbetreiber, jeder will jetzt Flaggen haben. Ich hab nicht mal mehr eine für mich übrig, um sie mir in die Wohnung zu hängen."

Reuters zufolge erwarten die Hersteller, dass in den kommenden Tagen insgesamt zehn Millionen Flaggen verkauft werden. Um diesen Bedarf zu decken, müssen sie sich reinhängen in die Produktion. Nach Angaben eines Fabrikanten dauert es zwei bis drei Tage, bis eine Fahne vom Fließband in den Verkauf gehen kann. Und die Bestände sind angeblich mehr oder minder aufgebraucht.

In der Türkei leben knapp 80 Millionen Menschen. Jeder Achte müsste eine Landesfahne kaufen, damit die Prognose von zehn Millionen Neu-Verkäufen sich bestätigt. Wenn die Fabrikanten richtig liegen, dann wäre das die höchste Nachfrage seit 2002, sagen sie dem Bericht zufolge. In diesem Jahr zog die türkische Fußballnationalmannschaft ins Halbfinale der Weltmeisterschaft ein.

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