Süddeutsche Zeitung

Krieg in Syrien:Kurden bitten Assad-Regime um Beistand

  • Die Armee Syriens hat Truppen in die Stadt Manbidsch nahe der Grenze zur Türkei verlegt.
  • Damit will Damaskus einer möglichen Invasion der Türkei in dem Gebiet zuvorkommen.
  • Die Türkei hat damit gedroht, die Kurden aus dem Grenzgebiet zu vertreiben. Daraufhin haben die Kurden das Assad-Regime um Unterstützung gebeten.

Die syrische Armee ist am Freitag in die nördliche Stadt Manbidsch einmarschiert. Die Region im Norden Syriens wird von der Kurdenmiliz YPG kontrolliert, die bisher von US-Truppen unterstützt wurde. Das Generalkommando der syrischen Armee teilte mit, dass die Truppen ihrer Verpflichtung nachkämen, die staatliche Souveränität auf dem gesamten syrischen Staatsgebiet sicherzustellen. Die Ankündigung erfolgte kurz nachdem die syrischen Kurden die Regierung in Damaskus um Beistand gegen die Türkei gebeten hatten, die eine Militäroffensive in der Region plant. Die Stimmung unter vielen Kurden lässt sich derzeit einfach zusammenfassen: Lieber eine neue Herrschaft von Baschar al-Assad, als eine türkische Invasion.

Dass die türkischen Drohungen ernst zu nehmen sind, daran besteht kein Zweifel: Schon vor Wochen hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan angekündigt, die syrische Kurdenmiliz YPG aus Manbidsch und dem Grenzgebiet vertreiben zu wollen. Vergangene Woche gab US-Präsident Donald Trump überraschend den Abzug aller amerikanischer Soldaten aus Syrien bekannt. Nun erklärte Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, der Einmarsch stehe unmittelbar bevor.

Erdoğan will demnächst mit Trump und Putin über eine Neugestaltung Syriens sprechen

Seit Jahren versucht die Türkei, eine autonome oder teilautonome Kurdenregion an ihrer Grenze zu verhindern. In der Kurdenmiliz YPG sieht Ankara einen Ableger der kurdisch-separatistischen PKK - also eine Terrororganisation. Für die USA hingegen war die YPG in den vergangenen Jahren ein wichtiger Partner im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS). Nachdem die USA vergangene Woche ihren kompletten Rückzug in Aussicht gestellt haben, sieht die Türkei ihre Chance gekommen. Dabei will sich Ankara eng mit den USA, aber auch mit Russland abstimmen.

Der geplante Einmarsch in Nordostsyrien wäre nicht die erste Offensive der Türkei in dem Nachbarland. 2016 hatte Ankara im Rahmen der Operation "Schutzschild Euphrat" Bodentruppen über die Grenze geschickt. Im Januar dieses Jahres waren türkische Truppen in die nordsyrische Region Afrin einmarschiert, um dort die YPG zu bekämpfen.

Ein wissenschaftliches Gutachten des Bundestages, das von der Linksfraktion in Auftrag gegeben wurde, kommt zu der Auffassung, dass die Türkei in Syrien eine Besatzungsmacht ist. "Bei Lichte betrachtet erfüllt die türkische Militärpräsenz in der nordsyrischen Region Afrin sowie in der Region um Asas, al-Bab und Dscharablus im Norden Syriens völkerrechtlich alle Kriterien einer militärischen Besatzung", heißt es in der Expertise. Die Bundesregierung hat sich bisher nicht auf eine völkerrechtliche Einordnung der Afrin-Offensive festlegen wollen.

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SZ.de/AP/dpa/AFP/Reuters/jael/gal
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