Türkei kritisiert französisches Genozid-Gesetz:"Das ist ein Massaker an der Meinungsfreiheit"

Scharfe Worte - aber keine Konsequenzen: Istanbul hat die Verabschiedung des französischen Völkermord-Gesetzes heftig kritisiert, verzichtet aber vorerst trotzdem auf die angedrohten Sanktionen gegen den Nato-Partner.

Das Gesetz zum Verbot der Leugnung des Völkermordes an den Armeniern droht zur Zerreißprobe für Frankreich und die Türkei zu werden. Einen Tag nach der Verabschiedung durch die zweite Parlamentskammer in Frankreich verurteilte der türkische Regierungschef das Gesetz scharf. Trotzdem verzichtet Ankara vorerst auf die angedrohten Sanktionen gegen den Nato-Partner.

Turkey's Prime Minister Recep Tayyip Erdogan addresses lawmakers

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat Frankreich scharf angegriffen.

(Foto: dpa)

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte vor Politikern seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP: "Das ist ganz klar ein Massaker an der Meinungsfreiheit." Das Gesetz kritisierte er als Ausdruck von "Rassismus", "Türkenfeindlichkeit" und einer "mittelalterlichen Mentalität".

Erdogan fügte aber hinzu, vorerst werde die Türkei nichts Konkretes gegen Frankreich unternehmen: "Wir gedulden uns."

Der Senat in Paris hatte am Montagabend mit 127 gegen 86 Stimmen für einen Gesetzentwurf gestimmt, der das Leugnen des türkischen Völkermordes an den Armeniern unter Strafe stellt. Die Türkei hatte zuvor verschärfte Sanktionen gegen Frankreich sowie eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angedroht.

Erdogan verwies jedoch auf die Möglichkeit, dass das Gesetz durch einen Einspruch von mindestens 60 Senatoren vor dem französischen Verfassungsrat zu Fall gebracht werden könnte. Die Türkei gebe die Hoffnung noch nicht auf. Je nach Entwicklung würden die vorbereiteten Sanktionen aber in Kraft gesetzt. Türkischen Medienberichten zufolge ist unter anderem die Ausweisung des französischen Botschafters aus der Türkei sowie die Sperrung türkischer Häfen für französische Kriegsschiffe geplant.

Die türkischen Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich zwischen 1915 und 1917 werden in Frankreich seit 2001 als Völkermord anerkannt. Die Türkei weist diesen Vorwurf zurück. Das französische Gesetz stellt es künftig unter Strafe, zu bestreiten, dass es sich um Völkermord handelte.

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