Türkei:Im symbolischen Bereich

Der Streit zwischen Washington und Ankara um die Behandlung des Predigers Brunson eskaliert - doch bislang bleiben alle Sanktionen politisch ohne große Folgen.

Die diplomatische Krise zwischen den USA und der Türkei um den inhaftierten Pastor Andrew Brunson verschärft sich. Als Reaktion auf die US-Sanktionen gegen die beiden türkischen Minister für Justiz und Inneres kündigte Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Samstag Vergeltungsmaßnahmen gegen zwei amerikanische Minister an: Etwaige Vermögenswerte der Ressortchefs für Justiz und Inneres in der Türkei sollten eingefroren werden.

"Bis gestern Abend haben wir uns in Geduld geübt", sagte Erdoğan in einer Fernsehansprache. "Heute ordne ich an: Wir werden die Vermögen der amerikanischen Minister für Justiz und Inneres in der Türkei einfrieren, falls sie welche haben." Justizminister ist Jeff Sessions, Innenminister Ryan Zinke, Ministerin für innere Sicherheit ist Kirstjen Nielsen. Erdoğan ergänzte, sein Land wolle sich nicht an einem "Spiel" beteiligen, das lediglich Verlierer kenne. "Einen politischen und juristischen Streit auf die wirtschaftliche Ebene zu verlagern, schadet beiden Seiten."

Erdoğan schlug vor, Brunson gegen den Prediger Gülen auszutauschen

Der amerikanische Pastor Andrew Brunson steht in der Türkei unter Terror- und Spionageverdacht. US-Präsident Donald Trump, sein Vize Mike Pence und andere ranghohe Vertreter der Regierung in Washington fordern seine Freilassung.

Das Weiße Haus hatte am Mittwoch Sanktionen gegen die türkischen Minister für Justiz und Inneres, Abdülhamit Gül und Süleyman Soylu, verhängt. Zur Begründung hieß es, die Minister seien für die Inhaftierung des Pfarrers verantwortlich. Die Verfolgung des Geistlichen sei "unfair und ungerechtfertigt". Demnach wird Vermögen der Minister in den USA eingefroren, amerikanische Bürger dürfen keine Geschäfte mit ihnen machen. Gül und Soylu erklärten, dass sie in den USA kein Vermögen besitzen.

Die Sanktionen beider Seiten sind offenbar symbolischer Natur. Erdoğan sagte, über "diplomatische Kanäle" werde "intensiv" an einer Beilegung der Krise gearbeitet. Nach Meinung von Experten könnten die Strafmaßnahmen der USA gegen ihren Nato-Partner aber erheblichen Schaden anrichten, indem sie der schwer angeschlagenen türkischen Wirtschaft zusetzen. Der Kurs der türkische Lira fiel am Mittwoch auf einen historischen Tiefstand.

Brunson befindet sich seit Oktober 2016 unter dem Vorwurf der Spionage und der Unterstützung der Arbeiterpartei Kurdistans sowie der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen in Untersuchungshaft. Er hatte vor seiner Festnahme in der Küstenstadt Izmir zwei Jahrzehnte lang eine Kirche betrieben. Die Haftstrafe wurde vor Kurzem in Hausarrest umgewandelt. Erdoğan hatte bereits im vergangenen September vorgeschlagen, Brunson gegen den in den USA lebenden Gülen auszutauschen. Ankara sieht diesen als Drahtzieher des gescheiterten Militärputsches von Juli 2016.

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