Türkei:Hohn für Berlin

Erdoğan zeigt, was er von der deutschen Diplomatie hält.

Von Tobias Zick

Man darf annehmen, dass Recep Tayyip Erdoğan genau weiß, was er da tut. Der Zeitpunkt seiner neuesten Provokation im östlichen Mittelmeer kann kein Zufall sein, und der türkische Präsident wird sich gut überlegt haben, welche Reaktionen er damit hervorruft; in Athen, in Brüssel, in Berlin.

Eigentlich sollten nächste Woche die griechische und die türkische Regierung zu neuen Sondierungsgesprächen zusammenkommen; der Dialog über die umstrittenen Seegrenzen zwischen den beiden Staaten liegt seit 2016 auf Eis. Seine Wiederbelebung gilt als großer Vermittlungserfolg der Bundesregierung. Dass Erdoğan nun ausgerechnet in dieser Phase sein Forschungsschiff Oruç Reis abermals in die erdgasreichen Gebiete um die griechische Insel Kastellorizo schickt, ist auch eine Geste des Hohns in Richtung Berlin.

Bundesaußenminister Heiko Maas hat nun kurzerhand entschieden, vor dem anstehenden EU-Gipfel nicht wie eigentlich geplant nach Ankara zu reisen, sondern zunächst nach Athen. Das ist ein deutliches, ein richtiges Signal. Staatschef Erdoğan hat mit seiner Aktion bewiesen, was von ihm als Verhandlungspartner zu halten ist. Wer derart impulsiv auf Drohgesten als Mittel der Außenpolitik setzt, braucht sich auch nicht zu beklagen, wenn die Europäer ihrerseits mit Sanktionen drohen.

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