Türkei:EU mahnt nach Festnahmen

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EU-Vertreter sind seit Langem erstmals wieder zu Besuch in Ankara. Die Wiederaufnahme des Dialogs ist schwierig.

Von Christiane Schlötzer, Istanbul

Es war das erste Treffen mit hochrangigen Vertretern der EU seit eineinhalb Jahren in Ankara, die Türkei hatte in jüngster Zeit Interesse an der Wiederaufnahme eines "politischen Dialogs" bekundet. Ein Neustart der Beziehungen dürfte allerdings alles andere als einfach werden. So rügten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Erweiterungskommissar Johannes Hahn am Donnerstag in Ankara bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu die jüngsten Festnahmen von Akademikern und prominenten Vertretern der Zivilgesellschaft. Mogherini sagte, man habe die "starken Bedenken" dazu deutlich gemacht. Sie mahnte "Respekt für fundamentale Freiheiten" an.

Sicherheitsbehörden hatten am vergangenen Freitag mehr als ein Dutzend Vertreter der türkischen Zivilgesellschaft festgenommen, ein Mann ist immer noch in Haft. Die Aktion richtete sich gegen Personen aus dem Umfeld des Gründers des Kulturinstituts Anadolu Kültür, Osman Kavala, der auch mit dem Istanbuler Goethe-Institut zusammengearbeitet hat. Er sitzt seit mehr als einem Jahr ohne Anklage in Haft. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat die Festgenommenen am Mittwoch in einer Rede vor AKP-Politikern in die Nähe von Terroristen gerückt und Kavala als "Finanzier" der Gezi-Proteste vor fünf Jahren bezeichnet, hinter dem "der berühmte ungarische Jude Soros" stehe. "Dies ist der Mann, der Leute um die Welt schickt, um Nationen zu spalten", sagte Erdoğan bei der Parteiveranstaltung.

Çavuşoğlu reagierte auf Mogherinis Mahnung verärgert. "Solche Leute" dürften von der EU nicht mit dem Hinweis auf Menschenrechte oder Meinungsfreiheit verteidigt werden, sagte er. Hahn lehnte die Wiederaufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit der Türkei erneut ab. "Derzeit öffnen wir keine neuen Kapitel." Man sollte sich auf die Ziele konzentrieren, bei denen man Konkretes erreichen könne. Dazu zähle zum Beispiel die Zollunion. Deren Erweiterung, um den Bereich der Dienstleistungen etwa, würde beiden Seiten nutzen, sagte Çavuşoğlu. Ebenso hofft die Türkei schon lange auf eine Abschaffung von Visa für die EU, was in der EU aber weithin kritisch gesehen wird.

© SZ vom 23.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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