Türkei:Erdoğan wittert "Währungsverschwörung"

Der türkische Präsident vergleicht die US-Sanktionen mit dem Putschversuch von 2016. Nun sollen die Bürger dem Staat helfen.

Von Christiane Schlötzer, Istanbul

In der türkisch-amerikanischen Krise zeichnet sich bislang keine Entspannung ab. Präsident Recep Tayyip Erdoğan verglich die Lage seines Landes nach dem dramatischen Kurssturz der Lira mit dem Putschversuch vom Juli 2016. Vor Anhängern in Trabzon am Schwarzen Meer sagte er am Sonntag, was damals nicht gelungen sei, werde auch jetzt nicht gelingen, "wir werden uns nicht ausliefern".

Zuvor hatte Erdoğan mit einer wirtschaftlichen und politischen Abkehr vom Westen gedroht und eine stärkere Hinwendung zu Russland und China angekündigt. Die Türkei habe Alternativen, schrieb er in einem Beitrag für die New York Times, der schon am Freitag erschienen war und am Wochenende von türkischen Blättern breit zitiert wurde.

Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump hohe Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei angekündigt, die schon an diesem Montag in Kraft treten sollen. Hintergrund ist der Streit um die Haft eines US-Priesters, der von der türkischen Justiz wegen Terrorismus angeklagt ist, die Vorwürfe aber bestreitet. "Es ist schade, dass Ihr einen Pastor eurem strategischen Nato-Partner vorzieht", sagte Erdoğan mit Blick auf die USA. Der Weg aus der "Währungsverschwörung" bestehe darin, die Produktion zu steigern und die Zinsen zu senken. Finanzminister Berat Albayrak hatte dagegen am Freitag die Unabhängigkeit der Notenbank betont. Albayrak ist Erdoğans Schwiegersohn.

Er kündigte für Montag einen Aktionsplan an, um die Lira zu stützen und die Märkte zu beruhigen.

Nach Ankündigung der höheren Zölle hatte Erdoğan am Freitag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Dabei sei es um strategische Projekte im Energiesektor gegangen, teilte das russische Präsidialamt mit. Aus Ankara hieß es, man habe auch über Syrien gesprochen. Auch in der Syrien-Politik gibt es Streit zwischen den USA und der Türkei, die unterschiedliche Kriegsparteien unterstützen. Russland steht aufseiten von Diktator Baschar al-Assad.

Die türkische Währung hat seit Jahresbeginn etwa 40 Prozent an Wert verloren, den größten Kursrutsch aber erlebte sie am Freitag. Auch am Wochenende gab es für einen Dollar fast sechs Lira und für einen Euro fast sieben. Erdoğan rief die Türken dazu auf, "in diesem Krieg um Unabhängigkeit und Zukunft" ihre Dollar und Euro in Lira zu tauschen und Gold unter den Kopfkissen hervorzuholen: "Das ist die Sprache, die sie verstehen". Am Sonntag appellierte er an die Wirtschaft: Die Nation am Leben zu erhalten, sei "auch die Pflicht der Industriellen und der Händler". Die Stadt Uşak in der Westtürkei kündigte an, keine Werbung auf Google, Facebook, Youtube und anderen US-Netzwerken zu schalten. Sie meldete dies über Twitter.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier warnte angesichts der US-Strafzölle gegen die Türkei und gegen China vor gravierenden Folgen. Der Bild am Sonntag sagte er: "Dieser Handelskrieg verlangsamt und zerstört Wirtschaftswachstum und produziert neue Unsicherheiten."

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