Türkei:Erdoğan will Bauprojekt im Gezi-Park wiederbeleben

Türkei: Nach einem Angriff auf einen Plattenladen gehen in Istanbul Hunderte auf die Straße.

Nach einem Angriff auf einen Plattenladen gehen in Istanbul Hunderte auf die Straße.

(Foto: AFP)
  • Drei Jahre nach den Protesten gegen ein Bauprojekt im Gezi-Park in Istanbul will der türkische Präsident das Vorhaben doch noch verwirklichen.
  • Recep Tayyip Erdoğan hat seinen Wunsch bekräftigt, dort eine Kaserne aus der Zeit des Osmanischen Reiches nachzubauen.
  • Das umstrittene Vorhaben hatte 2013 zu landesweiten Protesten gegen die Regierung geführt.

Trotz der heftigen Proteste vor drei Jahren will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan ein umstrittenes Bauprojekt im Istanbuler Gezi-Park neu beleben. "Wir werden dort dieses historische Gebäude bauen", kündigte er am Samstag bei einem öffentlichen Auftritt in der Millionenmetropole an. Es gelte, sich diesem Projekt "mit Mut" zu widmen, sagte er.

Erdoğan spielte damit auf seine Pläne vor drei Jahren an, auf dem Gelände des kleinen Parks am Taksim-Platz ein osmanisches Kasernengebäude wieder zu errichten, in dem unter anderem ein Einkaufszentrum untergebracht werden sollte.

Bauprojekt löste landesweite Massenproteste aus

Die Pläne hatten im Sommer 2013 wochenlange Unruhen im ganzen Land ausgelöst, bei denen mindestens sieben Menschen ums Leben kamen. Die Proteste richteten sich damals nicht nur gegen das Bauprojekt, sondern auch gegen die Regierung. Erdoğan war zu der Zeit Ministerpräsident. Die Demonstranten warfen ihm einen autoritären Führungsstil vor. Bis heute gilt der Gezi-Park als Symbol der Bürgerrechtsbewegung.

Nach den blutigen Unruhen lagen die Pläne auf Eis. Doch im vergangenen Juli hob der türkische Verwaltungsgerichtshof alle vorherigen Gerichtsurteile auf, mit denen das Bauprojekt gestoppt worden war. Auf dem Taksim-Platz sind inzwischen alle Kundgebungen verboten und werden systematisch von der Polizei aufgelöst.

Nach Angriff auf Plattenladen: Polizei löst Demonstration auf

Nach einem Angriff von Islamisten auf einen Plattenladen in Istanbul sind am Samstagabend zudem etwa 500 Menschen in Istanbul auf die Straße gegangen. Die Demonstranten sollen auch Parolen gegen Erdoğan und die regierende AKP-Partei gerufen haben. Sie wurden von der Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen auseinandergetrieben. Am Vorabend hatten Islamisten Fans der britischen Rockband Radiohead angegriffen, weil sie im islamischen Fastenmonat Ramadan Alkohol tranken.

Der Sender CNN Türk veröffentlichte ein Video, das den Angriff dokumentieren soll. Die Aufnahmen zeigen, wie mehrere Männer unter lauten Rufen ein Plattengeschäft stürmen, Menschen auf die Straße treiben und vor dem Laden Möbel umschmeißen. Radiohead verurteilte den Angriff auf den Plattenladen. Es sei ein Akt "gewalttätiger Intoleranz", teilte die britische Rockband am Samstag im Magazin Rolling Stone mit. Die Musiker sprachen ihren Fans nach dem Vorfall ihr Mitgefühl aus: "Wir schicken unseren Fans in Istanbul unsere Liebe und Unterstützung." Die Band hoffe, dass solche Angriffe bald der fernen Vergangenheit angehörten.

Unterdessen verboten die Behörden unter Hinweis auf die Sicherheitslage eine bis zum Monatsende geplante Gay-Pride-Parade. Islamisten und Rechtsextreme hatten gedroht, die Parade zu verhindern. Vergangenes Jahr war eine ähnliche Kundgebung von der Polizei aufgelöst worden.

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