Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat Vorwürfe zurückgewiesen, dass er in seinem Land nach Alleinherrschaft strebe. "Ich bin kein Despot oder Diktator", sagte Erdoğan dem Sender Al-Jazeera. Er übe kein Recht aus, das ihm vom türkischen Volk nicht zuvor verliehen wurde, sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Der Staatschef kritisierte westliche Staaten erneut scharf. "Der Westen hat uns nicht gezeigt, dass er gegen den Putsch ist", sagte Erdoğan. "Ihr Schweigen ist unentschuldbar."
Nach dem gescheiterten Putschversuch von Teilen des Militärs hat Erdoğan Zehntausende Menschen festnehmen lassen, suspendiert oder ihre Pässe einziehen lassen. Der Präsident hat den Notstand ausgerufen und regiert per Dekret. Einer der Beschlüsse erlaubt es, Verdächtige ohne Anklage 30 statt wie bisher vier Tage festzuhalten. Menschenrechtsorganisationen und Oppositionspolitiker kritisieren, dass die Gefängnisse schon vorher vollkommen überfüllt gewesen seien.
Durch die etwa 12 000 Festnahmen nach dem Putschversuch habe sich das Problem verschärft. Berichten zufolge müssen die Gefangenen teilweise in Schichten schlafen, weil es nicht genug Betten gibt.
Der Präsident hat zudem angekündigt, die Todesstrafe wieder einführen zu wollen. Die Türkei galt bislang als wichtiger Partner der EU bei der Bewältigung der Flüchtlingssituation. Die Bundesregierung hatte den Putschversuch kritisiert. Allerdings galt die Unterstützung nicht Erdoğan persönlich, sondern dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.