Süddeutsche Zeitung

Türkei:Erdoğan droht EU mit Grenzöffnung - Berlin reagiert sofort

  • Der türkische Präsident Erdoğan hat der Europäischen Union mit der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge und einer Aufkündigung des Flüchtlingspakts gedroht.
  • Damit reagiert Erdoğan auf die nicht bindende Empfehlung des Europäischen Parlaments, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auszusetzen.
  • Die Bundesregierung reagierte: "Drohungen auf beiden Seiten helfen da jetzt nicht weiter", sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer.

Nach der Empfehlung des Europäischen Parlaments zum Einfrieren der Beitrittsgespräche hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan gedroht, die Landesgrenzen für Flüchtlinge zu öffnen. Wenn die EU noch weiter gehe, werde er Flüchtlinge nach Europa lassen, sagte Erdoğan bei einer Rede vor einer Frauenorganisation in Istanbul.

Das Europaparlament hatte am Donnerstag empfohlen, die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei einzufrieren. Grund für das EU-Votum sind die Verhaftungen von Journalisten, Abgeordneten, Richtern und Staatsanwälten sowie Menschenrechtsverletzungen.

"Wir sind diejenigen, die drei bis 3,5 Millionen Flüchtlinge in diesem Land ernähren", sagte Erdoğan in Richtung EU. "Wenn Ihr noch einen Schritt weiter geht, werden diese Grenztore geöffnet."

Berlin warnt im Streit mit Ankara

Die Bundesregierung reagierte umgehend auf Erdoğans Drohung und warnte vor einer weiteren Eskalation des Streits mit der EU. "Drohungen auf beiden Seiten helfen da jetzt nicht weiter", sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. Wo es Schwierigkeiten gebe, müsse miteinander geredet werden, um diese auszuräumen.

Das Votum des Europäischen Parlaments ist nicht bindend; damit die Gespräche tatsächlich ausgesetzt werden, müsste nicht nur die Kommission dem zustimmen, sondern auch 16 der 28 nationalen Regierungen, die insgesamt mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren. Eine solche Mehrheit ist allerdings nicht wahrscheinlich.

Die Türkei beherbergt zahlreiche syrische Bürgerkriegsflüchtlinge, von denen viele in die EU weiterziehen wollen. Ein im März geschlossener Flüchtlingspakt zwischen der Türkei und der EU sieht unter anderem vor, dass die EU alle Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann. Im Gegenzug hat die EU unter anderem zugesagt, nach Erfüllung von 72 Voraussetzungen die Visumpflicht für türkische Staatsbürger aufzuheben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3266235
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/AFP
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.