Türkei:Erdoğan will im Mai wählen lassen

Türkei: Dieses von der Regierung veröffentlichte Foto zeigt Recep Tayyip Erdoğan beim Besuch im Erdbebengebiet vor knapp drei Wochen.

Dieses von der Regierung veröffentlichte Foto zeigt Recep Tayyip Erdoğan beim Besuch im Erdbebengebiet vor knapp drei Wochen.

(Foto: -/dpa)

Trotz der verheerenden Erdbeben hält der türkische Präsident am vorgezogenen Wahltermin für das Parlament und für sein Amt fest. Am Krisenmanagement der Regierung gab es zuletzt viel Kritik.

In der Türkei soll trotz der Erdbeben-Katastrophe Mitte Mai gewählt werden. Dies gab Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Ankara bekannt. "Dieses Volk wird, so Gott will und die Zeit naht, am 14. Mai das Nötige tun", sagte er. Die Opposition hatte sich zuvor schon für den Termin ausgesprochen. Nun äußerte sich das amtierende Staatsoberhaupt zum ersten Mal dazu - Erdoğan will erneut kandidieren.

Den von Juni auf Mai vorgezogenen Wahltermin hatte er bereits im Januar bestimmt. Zwischenzeitlich war dann aber darüber spekuliert worden, dass die Präsidenten- und die Parlamentswahl wieder verschoben werden könnten. Denn die beiden schweren Beben am 6. Februar, denen etliche Nachbeben folgten, hatten in der Türkei und im benachbarten Syrien schlimme Folgen: Mehr als 50 000 Menschen kamen ums Leben, die allermeisten von ihnen in der Türkei. Fast zwei Millionen Menschen wurden nach Angaben der Regierung aus den betroffenen Provinzen gebracht; weitere 1,9 Millionen leben dort in Zelten.

Hinter der Terminfrage steht auch der Streit, ob Erdoğan überhaupt antreten darf

Danach wurde Kritik laut am Krisenmanagement der türkischen Regierung, Erdoğan bat vergangene Woche in einer Rede um Vergebung. Seine Wiederwahl ist unter anderem wegen der schlechten Wirtschaftslage im Land aber keineswegs sicher.

Hinter der Terminfrage steckt mehr: Opposition und Regierung streiten darüber, ob der 69 Jahre alte Erdoğan überhaupt noch einmal kandidieren darf. Er hatte im Januar angekündigt, per Dekret vorgezogene Wahlen am 14. Mai zu veranlassen. Dies kann laut der Verfassung entweder mit Zustimmung von 60 Prozent der Abgeordneten im Parlament oder per Dekret durch den Präsidenten geschehen. Die Opposition argumentiert, dass Erdoğan, der 2014 und 2018 zum Präsidenten gewählt wurde, gemäß der Verfassung nur dann ein drittes Mal kandidieren dürfte, wenn das Parlament Neuwahlen erzwänge. Im Parlament verfügt Erdoğans regierende AKP mit ihrem ultranationalistischen Partner MHP jedoch nur über eine einfache Mehrheit, könnte also ohne die Opposition keine Neuwahl beschließen.

Nach Ansicht der Regierung wiederum steht Erdoğans Kandidatur nichts im Weg. Er sei 2018 nach einer Verfassungsänderung als erster Präsident in einem neuen Präsidialsystem gewählt worden - seine vorherige Amtszeit zähle also nicht. Verfassungsrechtler sind geteilter Meinung, ob eine neuerliche Kandidatur möglich ist oder nicht. Als mögliche Gegenkandidaten Erdoğans gelten der Parteichef der stärksten Oppositionspartei CHP, Kemal Kılıçdaroğlu, der Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu und der Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavaş (beide ebenfalls CHP).

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