Türkei:Druck tut not

Die EU darf Ankara nicht einfach gewähren lassen.

Von Christiane Schlötzer

Sie sei nicht machtlos gegenüber der Türkei, sagt die EU, und denkt über Sanktionen gegen das Land nach. Nur, was könnten das für Strafmaßnahmen sein? Die Verhandlungen über einen EU-Beitritt liegen schon im Eisfach. Über die Erweiterung der Zollunion wird gegenwärtig auch nicht geredet. Und das Geld für die Flüchtlingshilfe kann die EU auch nicht kürzen, weil Recep Tayyip Erdoğan dies als Rechtfertigung dafür benutzen würde, tatsächlich Hunderttausende nach Europa ziehen zu lassen.

Was Ankara wirklich spüren würde, wäre ein Stopp weiterer Investitionen. Da gibt es zum Beispiel das geplante VW-Werk. Doch auch Wirtschaftsboykotte sind heikel. Es trifft zwar Erdoğan persönlich, wenn ein mit viel Tamtam angekündigtes Prestigeprojekt sich in Luft auflöst. Aber mehr noch haben Menschen zu leiden, die dringend einen Job brauchen.

Was bleibt? Vermittlungsversuche, und seien sie noch so mühsam. Deshalb war es gut, dass Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nun in Istanbul war. Auch die EU soll durchaus Druck auf Ankara machen, aber sie muss sich dafür etwas überlegen, das es Erdoğan nicht zu leicht macht, die Schuld für alle Unbill dem "Westen" zuzuschieben. Die EU könnte sich eingestehen, dass sie sich viel zu lange nicht für Syrien interessiert hat. Andernfalls hätte sie zum Beispiel auch kritisieren können, dass die Kurden ebenfalls die Spannungen angeheizt haben, indem sie Menschen aus ihrem Gebiet vertrieben. Für all die Traumata bezahlen nun wieder jene, die am wenigsten dafür können.

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