Präsidentschaftswahl in Tschechien:Deutlicher Sieg des Ex-Generals

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Petr Pavel mit seiner Frau Eva. Der ehemalige General hat das bisher beste Ergebnis einer Präsidentschaftswahl erhalten. (Foto: Vit Simanek/IMAGO/CTK Photo)

Petr Pavel, der bis 2018 für die Nato arbeitete, wird neuer Präsident Tschechiens. Seine Wahl markiert einen grundlegenden politischen Wandel in dem zerstrittenen Land.

Von Viktoria Großmann, Prag

Am Ende erklingt noch einmal das Lied dieses Wahlkampfs, und für einen Moment fühlt es sich wirklich an wie eine Revolution, die an diesem Januarnachmittag geglückt ist: "Das Ziel ist nah, ich weiß es". Es ist die Melodie von We shall overcome mit einem tschechischen Text, die Bedeutung bleibt ungefähr dieselbe. Auch 1989 ist das Lied öfter gesungen worden, dann seit 2019 auf den Demonstrationen der Organisation "Eine Million Augenblicke für die Demokratie" und nun im gut gefüllten Veranstaltungsforum Karlín in Prag auf der Wahlparty von Petr Pavel, der neuer tschechischer Präsident werden wird.

Mit 58,32 Prozent der Wählerstimmen hat der 61-jährige General im Ruhestand diese dritte direkte Präsidentschaftswahl in Tschechien gewonnen. Deutlicher, als wohl selbst seine Anhänger zu träumen wagten. Andrej Babiš, bis 2021 Premier und heute Oppositionsführer im Abgeordnetenhaus, unterlag mit 41,67 Prozent. Petr Pavel hat somit fast 960 000 Stimmen mehr erhalten. Am 9. März soll er das Amt auf der Prager Burg übernehmen.

Wichtige Werte hätten in dieser Wahl gewonnen, sagte Pavel. "Wahrheit, Anstand, Respekt und Demut". Er sei überzeugt, dass die Mehrheit diese Werte teile und dass es sich lohne, sich dafür einzusetzen, dass diese Dinge "Teil unseres Lebens sind und auch auf die Burg und in unsere Politik zurückkehren".

"Petr ist besonnen und mutig"

Auch Zdeněk Svěrák singt das Lied mit. In Deutschland ist der Schauspieler vor allem aus dem Film Kolja bekannt, in Tschechien ist Svěrák beinahe ein Nationalheld. Er hat bei Pavels Wahlkampfterminen gesprochen und die Demonstrationen unterstützt, die sich gegen Babiš und den noch amtierenden Präsidenten Miloš Zeman richteten. Er sei glücklich, nun einen Präsidenten zu haben, den er schätze und respektiere. "Denn das ist mein letzter Präsident", sagt der 86-Jährige. "Petr ist besonnen und mutig." Pavels Vergangenheit als Mitglied der kommunistischen Partei und Fallschirmjäger der Armee der ČSSR störe ihn nicht. "Er hat das als Fehler benannt, und er hat ihn wiedergutgemacht, indem er mehr als 30 Jahre lang der Demokratie gedient hat."

Die Wahl Petr Pavels bedeutet für viele Menschen in Tschechien einen grundlegenden politischen Wandel. Pavels Gegner im Wahlkampf, der ehemalige Premier Andrej Babiš und heutige Oppositionsführer griff im Wahlkampf vor allem die Regierung an und unterstellte, dass Pavel das Land in einen Krieg hineinziehen werde. Pavel war bis 2018 Vorsitzender des Militärausschusses der Nato gewesen. Babiš stellte damit das Vorgehen der Nato im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine infrage und verbreitete Angst vor einer Ausbreitung des Krieges. Wie bedeutend diese Wahl für viele Tschechen war, zeigt die Wahlbeteiligung von 70,25 Prozent - die mit Abstand höchste der bisherigen Präsidentschaftswahlen.

Milliardär Andrej Babiš hatte sich als Anwalt der kleinen Leute gegeben und Kriegsängste geschürt - doch Petr Pavel wurde auch von Geringverdienern gewählt. (Foto: Katerina Sulova/IMAGO/CTK Photo)

Präsident Zeman zeigte sich überrascht von dem so deutlichen Ausgang der Wahl, er hatte Babiš stets unterstützt. Diesen solle man noch nicht abschreiben, sagte Zeman. Babiš und Zeman gratulierten Pavel umgehend zum Wahlsieg. Babiš beklagte, die Mehrheit der Medien sei für Pavel gewesen. Babiš ist selbst Eigentümer mehrerer Medien, darunter Tageszeitungen und ein Radiosender. Er war für seine Partei ANO angetreten, Pavel als unabhängiger Kandidat - allerdings entschloss sich die Regierung, ihn zu unterstützen.

Premier Petr Fiala sprach vom schmutzigsten Wahlkampf der neueren Geschichte des Landes, Babiš habe Populismus mit Extremismus verbunden, das sei "außerordentlich gefährlich". Die Gesellschaft sei aufgewühlt, und es werde noch einige Zeit dauern, um die Schäden wiedergutzumachen.

"Ein Sieg der Hoffnung": Die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová war extra aus Bratislava angereist, um Petr Pavel persönlich zu gratulieren. (Foto: Ondrej Deml/IMAGO/CTK Photo)

Der noch amtierende Präsident Zeman war seit Jahren wegen enger Beziehungen zu Russland und China kritisiert worden; der Inlandsgeheimdienst stufte diese als gefährlich ein. Babiš' Amtszeit als Premier war von einem Streit mit der EU-Kommission geprägt, die ihn als Großunternehmer und Empfänger von EU-Subventionen in einem Interessenkonflikt sah. Gegen den fünftreichsten Mann Tschechiens wird derzeit in Frankreich wegen Geldwäsche ermittelt. Zudem gilt Babiš in der Slowakei als früherer Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der ČSSR. Kritiker von Babiš befürchteten, Tschechien könne den Weg Ungarns einschlagen. Babiš gilt als Vertrauter des immer autokratischer auftretenden Premiers Viktor Orbán.

Die Gesellschaft habe Schrammen davongetragen, sagte Pavel, aus den letzten zwei Wochen des Wahlkampfes und von vielen Jahren populistischer, irreführender Kommunikation und "politischer Konfrontation". Das müsse heilen. "Wir brauchen wieder eine normale, sinnvolle Kommunikation." Seine Wahl sei "der erste Schritt zu einem Wandel".

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