Kabinett in Großbritannien:Britische Innenministerin tritt zurück

Großbritannien: Ex-Innenministerin Suella Braverman

Suella Braverman ist als Innenministerin in Liz Truss' Kabinett zurückgetreten.

(Foto: Adrian Dennis/AFP)

Suella Braverman gilt schon lange als eine der größten Kritikerinnen von Premierministerin Liz Truss. Die verliert bereits das zweite Kabinettsmitglied innerhalb von sechs Tagen.

Im britischen Kabinett gibt es eine zweite Personalveränderung: Innenministerin Suella Braverman hat ihr Amt abgegeben. Entsprechende Berichte bestätigt die konservative Politikerin am Mittwoch per Twitter. Damit verliert Premierministerin Liz Truss bereits das zweite Kabinettsmitglied innerhalb von wenigen Tagen.

Als Grund für ihren Rücktritt gibt Braverman "einen technischen Bruch" von Geheimhaltungsregeln an: Sie habe ein offizielles Dokument von ihrer persönlichen E-Mail-Adresse an einen "vertrauten parlamentarischen Kollegen" weitergeleitet, schreibt sie. Viel daraus sei bereits bekannt gewesen, trotzdem sei es "richtig für mich, zu gehen". Braverman kritisiert in dem Schreiben jedoch auch den Kurs der Regierung: Wichtige Versprechen an die Wähler seien gebrochen worden und sie habe "große Bedenken hinsichtlich des Bekenntnisses dieser Regierung zu unserem Wahlprogramm".

Braverman gehört zum extrem rechten Flügel der Partei und macht immer wieder mit Äußerungen zu ihren Plänen für ein härteres Vorgehen bei Abschiebungen von sich reden. Kürzlich wetterte sie im Parlament gegen "Tofu essende" Linke.

Der Nachfolger steht schon fest

Neuer Innenminister wird jetzt Grant Shapps. Das teilte Truss am Mittwochabend auf Twitter mit. Shapps hatte im innerparteilichen Wahlkampf um die Nachfolge von Ex-Premier Boris Johnson Truss' Rivalen Rishi Sunak unterstützt. Zuvor war er im Kabinett von Johnson Verkehrsminister. Der 54-Jährige gilt als erfahrener Minister und überzeugender Kommunikator.

Erst am Freitag hatte Truss ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen und mit dem früheren Außenminister Jeremy Hunt ersetzt. Die konservative Regierungschefin kämpft um ihr Amt, nachdem sie mit geplanten Steuererleichterungen ein Finanzchaos ausgelöst hatte und eine Kehrtwende vollziehen musste. Einen Rücktritt lehnt Truss - trotz erheblicher Widerstände in ihrer eigenen Partei - bisher ab.

"Ich bin eine Kämpferin und keine Drückebergerin", sagte die konservative Regierungschefin bei der Fragestunde im Unterhaus am Mittwoch. Mehrere Oppositionspolitiker forderten sie direkt zum Rücktritt auf. Ihre Worte gingen teilweise im Gejohle und Schimpfen der Opposition unter.

Die Verwirrung am Abend wurde verstärkt durch Medienberichte, die Fraktionsführung der britischen Regierung sei teilweise zurückgetreten. Darunter Wendy Morton, die in der Fraktion der Konservativen als Chief Whip fungiert, eine Funktion, die es in Deutschland so nicht gibt. Whips lässt sich um besten mit Einpeitscher übersetzen. Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg sagte dazu vor laufenden Kameras, ihm sei die Lage nicht ganz klar. Am späten Abend gab das Büro von Truss dann bekannt, die Abgeordneten blieben in ihren Posten. "Die Disziplin bricht zusammen", sagte ein Tory-Abgeordneter der Nachrichtenagentur Reuters zu den Entwicklungen. "So kann es nicht weitergehen."

Die Fraktionsführung der Tories hatte das - inhaltlich eher nachrangige - Votum zunächst zur Vertrauensabstimmung in die Regierung erklärt - bevor sich die Regierung in letzter Minute anders entschied. Der Antrag der oppositionellen Labour-Partei wurde zwar mit großer Mehrheit abgelehnt. Doch viele konservative Abgeordnete sollen nur äußerst widerwillig gegen den Vorstoß gestimmt haben, der ein Gesetzgebungsvorhaben zum Fracking-Verbot einleiten sollte. Es dürfte auch eine ganze Reihe Enthaltungen gegeben haben. Der Labour-Abgeordnete Chris Bryant und weitere Oppositionsmitglieder erhoben außerdem den Vorwurf, die konservativen Abgeordneten seien teilweise mit Schreien und Stößen in eine bestimmte Richtung gedrängt worden und hätten nicht frei und ungehindert wählen können.

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