Trump und May:Der Schaden könnte größer kaum sein

Weil er sich über Kritik geärgert hat, gibt US-Präsident Trump einer britischen Zeitung ein reißerisches Interview und fällt damit Theresa May in den Rücken. Die Premierministerin hat ihm nichts entgegenzusetzen.

Kommentar von Cathrin Kahlweit, London

Genau zwei Jahre ist Theresa May an diesem Freitag im Amt, eigentlich ein Grund zum Feiern. Aber Donald Trump ist in der Stadt, und es ist Freitag, der 13. Sie hätte also ahnen können, dass es nicht gut laufen würde an diesem Jubiläumstag. May wachte mit Schlagzeilen auf, die für sie nicht desaströser hätten sein können: Der US-Präsident hat dem größten Boulevardblatt des Königreichs, das den Brexit für eine großartige Sache und May für zu kompromisslerisch hält, ein galliges Interview gegeben. Es ist eine Breitseite gegen ihre Politik. May, so Trump, handhabe den EU-Austritt falsch, ein Handelsabkommen mit den USA nach dem Brexit rücke damit in weite Ferne, Ex-Außenminister Boris Johnson wäre, statt May, ein super Premierminister. Außerdem fühle er sich in Großbritannien nicht willkommen.

Da mochte die Regierung am Freitagmorgen noch so viele Spindoktoren losschicken, die in Presse, Funk und Fernsehen betonten, im persönlichen Gespräch habe sich Trump gegenüber May ganz anders geäußert - der Schaden ist da, und er könnte kaum größer sein.

Denn May braucht das Versprechen hervorragender künftiger Handelsbeziehungen mit den USA für ihr politisches Überleben als Regierungschefin - und letztlich auch für ihre Verhandlungen mit Brüssel.

Trump weiß das. Er wollte sie beschädigen, stellvertretend für das ganze Land. Weil er es als Anmaßung empfindet, dass Tausende Briten gegen seinen Besuch demonstrieren wollen, dass der - muslimische - Bürgermeister von London ihn nicht willkommen heißen mag, dass sich viele Abgeordnete gegen diesen Besuch gewehrt hatten, dass die Visite von einem Staats- zu einem Arbeitsbesuch herabgestuft worden war.

Eine britische Zeitung titelt am Freitag respektlos: "Das Ego ist gelandet." All das ist Majestätsbeleidigung, und auf die steht in der Welt von Donald Trump die Höchststrafe: öffentliche Demütigung.

Nun träumen viele Briten davon, dass ihre Premierministerin bei der für Freitagnachmittag angekündigten Pressekonferenz mit dem Präsidenten eine Szene aus "Tatsächlich Liebe" nachspielt. In dem Film hatte der britische Premier, dargestellt von Hugh Grant, den amerikanischen Gast vor laufenden Kameras gemaßregelt. Die spezielle Beziehung zwischen beiden Ländern habe sich verschlechtert, sagt er, weil der US-Präsident sich alles nehme, was er wolle, und die Interessen anderer ignoriere. "Wir sind ein kleines Land, aber auch ein großes", sagt Grant, während im Hintergrund die Geigen einsetzen, "das Land von Shakespeare, von Harry Potter, von David Beckhams rechtem und David Beckhams linkem Fuß. Aber ein Freund, der uns schlecht behandelt, ist nicht länger unser Freund." Die Antwort auf Mobbing und schlechtes Benehmen sei: Stärke.

Klingt gut, nur: Das ist Film-Geschichte. May ist nicht stark, sondern so schwach wie nie. Ihr Schicksal wird sich in den kommenden Wochen entscheiden, so wie es sich in den kommenden Wochen entscheiden wird, ob und welchen Brexit sich das Land erkämpft. Donald Trump ist der amtierenden Premierministerin dabei, ganz gegen alle diplomatischen Gepflogenheiten, in den Rücken gefallen und hat sich auf einzigartige Weise in die inneren Angelegenheiten eines befreundeten Landes eingemischt. May wird höflich bleiben, weil ihr nichts anderes übrig bleibt. Auch das weiß Trump. Schwäche bei anderen macht ihn selbst nur rücksichtsloser.

Übrigens: Hugh Grant ist als Premierminister nach seiner sagenhaften Rede in 10 Downing Street der Held der Nation. Aber der hatte, im Film, auch keine Brexiteers im Rücken, die den US-Präsidenten feiern, als wollten sie England zum Bundesstaat der USA machen.

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