US-Politik:Trumps heikle Liebe zu den Generälen

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US-Präsident Donald Trump schätzt das Militär auch als Entscheidungsträger. (Foto: picture alliance / AP Photo)
  • Donald Trump versammelt Generäle in seinem Kabinett und gibt Pentagon und CIA in vielen Bereichen freie Hand. Auch das Budget soll kräftig steigen.
  • Die amerikanische Bevölkerung teilt das Vertrauen in das Militär großteils.
  • Führt die Übertragung von Entscheidungen zu verantwortungsvoller Politik oder droht eine Eskalation?

Von Johannes Kuhn

Die Amerikaner sind ein argwöhnisches Volk geworden. Nicht einmal ein Drittel der US-Bürger vertraut noch dem Justizsystem, schlappe zwölf Prozent zählen noch auf den Kongress. Fragt man im "Land der Freien und Heimat der Tapferen" allerdings nach dem Militär, sind sich 72 Prozent der Bevölkerung einig: Den Generälen und Soldaten kann man vertrauen.

Dass Donald Trump dies ähnlich sieht, ist kein Geheimnis: Der US-Präsident pflegt nicht nur eine nostalgische Verehrung für US-Generäle aus dem Zweiten Weltkrieg, sondern setzt auch in der Tagespolitik auf Entscheidungsträger aus dem Militär.

Mit James Mattis machte er erstmals seit mehr als 65 Jahren wieder einen (Ex-)General zum Verteidigungsminister, mit John F. Kelly (Heimatschutz) und H. R. McMaster (Nationaler Sicherheitsberater; noch im aktiven Dienst) sitzen zwei weitere hochdekorierte Generäle in seinem Kabinett. Im Nationalen Sicherheitsrat, der über die Strategien in außenpolitischen Konflikten berät, sind oder waren zehn von 25 Mitgliedern hochrangige Militärangehörige. In der Obama-Regierung waren es am Ende nur zwei.

Doch das "Military First" geht über solche Personalzählungen hinaus. Während Entwicklungshilfe und diplomatischer Dienst stark gekürzt werden und Außenminister Rex Tillerson eine Randfigur ist, erhält das Pentagon künftig deutlich mehr finanzielle Mittel: Im vom Repräsentantenhaus verabschiedeten Haushaltsentwurf für 2018 sind fast 700 Milliarden US-Dollar vorgesehen. Damit dürften die USA künftig mehr als die nachfolgenden 14 Länder zusammen für das Militär ausgeben.

Mehr Freiheit im Drohnenkrieg

Die neuen Möglichkeiten allerdings sind nicht nur finanziell: In zahlreichen Krisenherden hat das Weiße Haus wichtige Entscheidungen in die Hände des Verteidigungsministeriums gelegt. Für Syrien, Irak und Afghanistan wird dort nun die notwendige Truppenstärke festgelegt - sowohl Barack Obama, als auch George W. Bush hatten diese Entscheidungen noch selbst getroffen. Nebenbei hat die Regierung angekündigt, Details zu Truppenveränderungen nicht mehr bekannt zu geben.

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In Jemen und Somalia erhält das Pentagon größere Freiheiten, Spezialeinheiten zu entsenden und Luftschläge gegen Terror-Sympathisanten auszuführen. Die Bombardements haben seit der Freigabe zugenommen, die humanitäre Situation in Jemen hat sich nochmals verschlechtert. Und nebenbei profitiert auch die CIA: Sie darf nun Drohneneinsätze gegen "feindliche Kämpfer" ausführen, ohne dass dies - wie unter Obama - der Präsident höchstselbst anordnet.

In der Obama-Amtszeit kamen aus Pentagon und Militärführung häufiger Beschwerden, dass der enge Führungszirkel des Präsidenten jede kleinste Einzelheit selbst entscheiden wollte. "Beratungsresistenz" gehörte zu den - in der Regel anonym - verbreiteten Diagnosen über den Demokraten: Sowohl die Situation in Syrien als auch die Eskalation im Irak wären zu verhindern gewesen.

Militärischer Druck, aber keine politischen Lösungen?

"Der Präsident glaubt, dass man Kriege am besten die Krieger führen lässt", rechtfertigte Trump-Berater Steve Bannon den Machtgewinn des Pentagons. Allerdings war es Bannon selbst, der jüngst den Blackwater-Gründer Erik Prince (und Bruder von Bildungsministerin Betsy DeVos) bei Verteidigungsminister Mattis mit einer Idee vorsprechen ließ, mit der dieser schon länger hausieren geht: Das Outsourcing des kompletten Afghanistan-Einsatzes an private Militärfirmen.

Mattis lehnte diese Idee ab - genau das, was Konservative und Militär-Experten sich von ihm erwartet und erhofft hatten. Wer wenn nicht ehemalige Generäle, so das Argument, könne ein Gegengewicht zu extremeren Positionen und unberechenbaren Stimmungsschwankungen eines Präsidenten bieten? Die Konstellation sei doch eine "Win-win-Lösung", analysierte der Militärhistoriker Victor Davis Hanson von der konservativen Denkfabrik Hoover Institution.

In Afghanistan bedeutet dies, dass Mattis dem befehlshabenden General John Nicholson jene Aufstockung von bis zu 5000 zusätzlichen Soldaten gewähren wird, die ihm die Obama-Regierung noch versagt hatte.

Gerade in Afghanistan fehlt es allerdings an politischem Personal und Diplomaten aus dem Außenministerium, um die politische Lage zu beeinflussen. Im Irak konnte mit amerikanischer Hilfe die Stadt Mossul vom "Islamischen Staat" befreit werden, in Syrien steht Ähnliches für Raqqa an. Was nach dem Militärerfolg geschehen soll, ist jedoch weitgehend unklar. In Jemen wiederum ist keine militärische Lösung in Sicht. Und die gemeinsam mit Saudi-Arabien betriebene "Eindämmung" Irans könnte eine neue Generation amerikafeindlicher und leichter zu radikalisierender Jemeniten hervorbringen.

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Ungemach droht auch in der Nordkorea-Krise. Wo nun das Verhandlungsgeschick von Diplomaten gefordert ist, schwirren Kriegsszenarien durch den Raum. Dass das Pentagon den Ton angibt, hängt auch damit zusammen, dass im Außenministerium wichtige Führungsposten für die Pazifik-Region noch unbesetzt sind.

In allen Fällen kann das Pentagon mit starker militärischer Konzentration das Gleichgewicht verschieben, nicht aber die politischen Probleme lösen - bereits die amerikanischen Vorgängerregierungen scheiterten daran. Der Armee-Analyst, Historiker und Irak-Veteran Danny Sjursen diagnostiziert in einem Essay eine strategische Eindimensionalität, die aus der Militär-Fixierung der USA folgt. Nebenbei hinterfragt er damit auch die Berechtigung des Vertrauens der Amerikaner in die Streitkräfte.

Strategie "Mehr ist besser"

Sjursen verweist darauf, dass die US-Generäle in den Kriegen in Korea und Vietnam bereits früh eine Eskalation durch einen Einsatz von Atomwaffen gefordert hätten; und auch ansonsten lautete die Forderung von Vietnam bis Afghanistan stets schlicht "mehr, mehr, mehr": mehr Truppen, mehr Waffen. Die Frage, ob die USA überhaupt die Möglichkeit hätten, mit Militäreinsätzen Gesellschaften zu verbessern, werde weiterhin tabuisiert: Zweifel an den strategischen Fähigkeiten des Militärs gelten als unpatriotisch.

Der ehemalige Obama-Berater Colin Kahl ist ähnlicher Ansicht. Die Truppenaufstockung im Irak 2006 und die nachfolgende Ruhe in weiten Teilen des Landes habe eine ganze Generation von Militärbürokraten davon überzeugt, dass "mehr ist besser" eine adäquate Strategie für alle Probleme sei.

Es sei stets schwer vorherzusagen, wie die US-Generäle den Präsidenten in den Krisenherden beraten würden, schreibt Armee-Analyst Sjursen: "Aber die jüngste Geschichte legt nahe, dass wir eine militärische Eskalation erleben werden."

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