USA:Das Impeachment-Verfahren ist politisch riskant

FILE PHOTO: Demonstrators hold protest signs as part of a demonstration in support of impeachment hearings in New York

"Niemand steht über dem Gesetz": Trump-Gegner in New York.

(Foto: Lucas Jackson/Reuters)
  • Nur 41 Prozent der US-Bürger ist gemäß einer Umfrage der Ansicht, dass US-Präsident Trump etwas Illegales getan hat. Das zeigt auch, dass ein Impeachment politisch kein Selbstläufer ist.
  • Trump wirft derweil dem Geheimdienstausschuss-Chef, der den anonymen Hinweisgeber anhören will, Verrat vor.

Von Hubert Wetzel, Washington

Die Amerikaner sind noch nicht davon überzeugt, dass Präsident Donald Trump wegen der Ukraine-Affäre des Amtes enthoben werden sollte. Das geht aus Umfragen hervor, die in vergangenen Tagen durchgeführt wurden. Danach gibt es zwar mehrheitlich Unterstützung für die Impeachment-Ermittlungen, welche die Demokraten vorige Woche begonnen haben. Zudem ist die Zustimmung zu solchen Untersuchungen gestiegen - die öffentliche Meinung ist also in Bewegung. Für eine Anklageerhebung oder die Entfernung Trumps aus dem Präsidentenamt spricht sich die Mehrheit der Amerikaner jedoch bisher nicht aus. Das heißt: Für die Demokraten bleibt das Amtsenthebungsverfahren politisch riskant.

Auslöser für die Impeachment-Ermittlungen war ein Telefonat, das Trump Ende Juli mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodimir Selenskij geführt hatte. Darin hatte Trump darum gebeten, dass die Ukraine Ermittlungen gegen den früheren Vizepräsidenten und heutigen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden sowie dessen Sohn Hunter aufnimmt. Die Demokraten sehen das als Machtmissbrauch und Versuch des Präsidenten, sich im Ausland Wahlkampfhilfe zu verschaffen. Laut einer neuen Umfrage, die der Fernsehsender CBS am Sonntag veröffentlichte und deren Ergebnisse sich mit anderen Erhebungen decken, halten 55 Prozent der Amerikaner die Impeachment-Ermittlungen der Demokraten für richtig. Doch nur 42 Prozent der Bürger sagen, das Trump tatsächlich des Amtes enthoben werden sollte. 22 Prozent sind dafür, die Vorgänge zunächst weiter aufzuklären.

Nicht mal die Hälfte der Befragten glaubt, dass es den Demokraten um den Schutz staatlicher Interessen geht

Das gibt den Demokraten Spielraum, weitere Bürger von ihrer Sicht zu überzeugen, etwa durch Anhörungen im Kongress. Es zeigt aber auch, dass ein Impeachment politisch kein Selbstläufer ist - zumal die parteipolitische Kluft tief ist: 87 Prozent der Demokraten befürworten das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump, aber nur 13 Prozent der Republikaner.

In der Umfrage finden sich einige weitere Ergebnisse, die für die Demokraten nicht positiv sind. So glauben nur 41 Prozent der Bürger, dass Trump etwas Illegales getan hat. 31 Prozent halten die Forderung des Präsidenten an die Ukraine zwar für unangemessen, aber nicht für rechtswidrig. 53 Prozent der Amerikaner sind zudem der Ansicht, dass die Demokraten ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump begonnen haben, um ihm und seinen Wiederwahlchancen zu schaden. Dass es den Demokraten um den Schutz amerikanischer Interessen geht, glauben nur 47 Prozent. Genau davon aber wollen die Demokraten die Bürger überzeugen: Die Partei hat die Linie ausgegeben, dass ihre Funktionäre und Parlamentarier weniger über Trump persönlich reden sollen, sondern mehr darüber, dass dieser seinen Amtseid und die Verfassung gebrochen habe und dass er den USA schade.

Und schließlich sprechen sich 43 Prozent der Amerikaner laut der CBS-Umfrage dafür aus, dass die von Trump gegen Biden erhobenen Vorwürfe genauer untersucht werden sollten. Nur 28 Prozent halten das für überflüssig. Das sind erstaunliche Werte, schließlich gibt es keinen Beleg für Trumps Behauptung, dass Joe Biden als Vizepräsident seinem Sohn, der in der Ukraine geschäftlich tätig war, auf korrupte Art behilflich gewesen sei. Hunter Bidens Arbeit für einen ukrainischen Gaskonzern mag zweifelhaft gewesen sein, seinem Vater aber lässt sich nichts Anrüchiges nachweisen. Dass fast drei Viertel der Amerikaner dennoch Untersuchungen gegen Biden befürworten, zeigt, wie effektiv Trumps Propaganda ist.

Trump selbst verteidigt sich in der Affäre auf die ihm eigene Weise: Er greift an. Am Montag insinuierte er in einem Tweet, dass der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Abgeordnetenhaus, Adam Schiff, "wegen Verrats" verhaftet werden sollte. Schiff habe illegalerweise eine unwahre und furchtbare Stellungnahme abgegeben, die das Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten wiedergeben sollte. Zuvor hatte Trump auf Twitter bereits die Äußerung eines Pastors verbreitet, der vor einer Konfrontation im Land wie zur Zeit des Bürgerkriegs gewarnt hatte, sollte Trump des Amtes enthoben werden.

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