Demokraten bei US-Wahl 2020:Das wichtigste Ziel: Trump muss verlieren

Demokraten bei US-Wahl 2020: Wahlkampf auf dem Columbia Regional Airport: US-Präsident Donald Trump im Schatten der Landesflagge.

Wahlkampf auf dem Columbia Regional Airport: US-Präsident Donald Trump im Schatten der Landesflagge.

(Foto: AFP)
  • Die Demokraten wollen mit möglichst vielen Kleinspendern den teuren Präsidentschaftswahlkampf finanzieren.
  • Manche Kandidaten wollen gar ganz auf das große Geld verzichten.
  • Aber eine Handvoll Superreicher steht bereit, den Wahlkampfzug der Demokraten mit viel Geld zu befeuern.

Von Thorsten Denkler, New York

Die Nachricht könnte republikanische Strategen ins Grübeln bringen: Eine der größten demokratischen Unterstützer-Organisationen hat angekündet, über die kommenden Jahre 100 Millionen Dollar zu investieren, damit Donald Trump geschlagen wird. Zum Vergleich: Für die Bundestagswahl 2017 haben alle heute im Bundestag vertretenen Parteien zusammen etwa 75 Millionen Euro ausgegeben.

Die Democracy Alliance (DA), die das Geld an die Demokraten zahlen will, war bisher nicht als Wahlhilfeverein aufgefallen. In der DA haben sich meist wohlhabende Spender aus dem liberalen bis linken Spektrum zusammengeschlossen. Sie unterstützten bisher sogenannte Grassroots-Organisationen, also politische Initiativen, die aus der Basis der Bevölkerung heraus entstehen, und helfen, demokratische Werte im Land zu verteidigen. Vom DA-Geld profitieren etwa der Thinktank Center for American Progress oder der Medien-Watchdog Media Matters, der vor allem die rechtskonservative Medienwelt beobachtet. Die DA hat 2017 und 2018 insgesamt 600 Millionen Dollar in linke und progressive Gruppen und Organisationen gesteckt.

Dieser Fokus wird jetzt verschoben. Wichtigstes Ziel der DA ist jetzt: Trump muss verlieren.

Die DA versteht sich dabei allerdings nicht als klassischer Wahlhelfer. Sie wird keine Werbespots oder Anzeigen finanzieren. Aber sie wird helfen, Kongresskandidaten für den Wahlkampf fit zu machen, Kampagnen aufzubauen und Digitalstrategien zu erarbeiten. "Wir sehen unsere Aufgabe darin, mitzuhelfen, die Infrastruktur für einen möglichen Kandidaten auszubauen", sagt Gara LaMarche, Präsident der Democracy Alliance.

Auch die Demokraten haben ihre Milliardäre

Die Ankündigung der DA macht klar: Lange bevor die Demokraten ihren Kandidaten oder ihre Kandidatin für die Präsidentschaftswahl gekürt haben, machen sich potenzielle Geldgeber bereit, Hunderte Millionen Dollar in den Wahlkampf 2020 zu pumpen.

Rund um die Demokratische Partei und ihre Kandidaten hat sich ein Netzwerk von Spendern und Geldgebern gebildet, das dem der Republikaner in nichts mehr nachsteht. Das hat sich schon zur US-Wahl 2016 gezeigt. Die demokratische Kandidaten Hillary Clinton hatte mehr als 560 Millionen Dollar an Spenden eingenommen. Dazu kamen 200 Millionen Dollar, die sogenannte PACs (Political Action Committees) beigesteuert haben, also Lobbygruppen. Donald Trump hingegen konnte nur etwas mehr als 330 Milllionen Dollar sammeln. Plus etwa 100 Millionen Dollar von PACs.

Das aber ist nur das Geld, das direkt in die Wahlkampffinanzierung geflossen ist. Nicht mitgerechnet ist Geld, dass Gruppen wie die DA bereitstellen, um Vorfeldorganisationen zu unterstützen. Trumps Sieg zeigt zwar, dass Geld nicht alles ist. Aber es bleibt doch einer der wichtigsten Faktoren, damit eine Präsidentschaftskampagne überhaupt funktionieren kann.

Unter Big Money wird in der Regel das Geld verstanden, das von großen Unternehmen oder reichen Einzelpersonen in den Wahlkampf gesteckt wird, um eine bestimmte Person und damit auch ein bestimmte politische Agenda zu unterstützen. Auf republikanischer Seite sind das vor allem die Milliardärs-Brüder Charles und David Koch, gegen deren Willen es kaum ein republikanischer Kongresskandidat schafft, gewählt zu werden. Trump und die Kochs aber sind keine Freunde geworden. Dafür haben rechtskonservative Milliardäre wie das Casino-Ehepaar Sheldon und Miriam Adelson oder der Wall-Street-Milliardär Robert Mercer Trump mit ihren Millionen unterstützt.

Doch auch die Demokraten haben ihre Milliardäre. Auf demokratischer Seite stehen Superreiche wie der Hedgefonds-Manager Tom Steyer oder Medienmogul Michael Bloomberg, die einen Teil ihres Reichtums in die Politik investieren. Von den elf Einzelpersonen, die in den vergangenen acht Jahren zusammen eine Milliarde Dollar an sogenannte Super PACs gegeben haben, sind sechs dem demokratischen Lager zuzuordnen. Unter den Top fünf der Geldgeber stehen vier Sympathisanten der Demokraten, darunter Steyer und Bloomberg. Sie haben zusammen knapp 330 Millionen Dollar für Super PACs aufgebracht.

Eine Variante der PACs, die Parteien und Kandidaten unterstützen, sind die Super PACs. Sie sind die bevorzugten Empfänger der Großspender. Seit Super PACs 2010 erstmals auf der Wahlkampf-Bühne aufgepoppt sind, haben auch Demokraten sie mit Freude für ihre Zwecke eingesetzt. Das liegt vor allem an den laxen Regeln für Super PACs. Spenden direkt an Kandidaten und deren Kampagnen sowie PACs etwa sind streng reglementiert. Jede Spende über 200 Dollar muss überprüfbar sein. Maximal darf eine Person nur 2800 Dollar pro Wahl an einen Kandidaten geben.

Super PACs kenne solche Vorgaben nicht. Jeder, auch Unternehmen oder Gewerkschaften, darf seit 2010 mit gerichtlichem Segen ohne Limit Geld in einen Super PAC stecken. Einzige Bedingung: Dieser darf nicht in direktem Kontakt mit einem speziellen Kandidaten oder einer Partei stehen. Und die Spender müssen erkennbar sein.

Super PACs sind heute Wahlkampfmaschinen, die aus sich selbst heraus operieren. Sie produzieren Wahlspots, schalten Anzeigen, lassen Plakate drucken. Sie geben Umfragen in Auftrag und untersuchen Wählerverhalten. Sie machen all das, was eine politische Kampagne auch tun würde. Nur eben unabhängig, auf dem Papier zumindest.

Auch wenn es keine offiziellen Absprachen geben darf, gibt es doch legale Mittel und Wege der inoffiziellen Zusammenarbeit. Die Super PACs etwa veröffentlichen ihre Forschungsergebnisse zum Teil auf ihren Webseiten. Wovon dann auch die unterstützten Kandidaten profitieren. Erstaunlich viel Personal rekrutieren Super PACs aus dem Umfeld derer, die sie unterstützen. Das macht kurze Dienstwege möglich.

Große Einzelspender machen Super PACs so mächtig

"Super PACs haben eine Menge der Aufgaben übernommen, die eigentlich in der Zuständigkeit der Kandidaten liegen", sagt David Magleby, der über Super PACs an der Brigham Young University forscht. "Sie spielen heute ein große Rolle auf praktisch allen Ebenen der US-amerikanischen Demokratie."

"Der Großspender gibt nicht nur Geld an Politiker und Parteien", sagt der Historiker und Spezialist für Wahlkampffinanzierung, Robert E. Mutch. "Der Großspender ist ein politischer Akteur." Und hat damit einen überproportional großen Einfluss auf politische Prozesse, sagen Kritiker wie Meredith McGehee von der Organisation Issue One, die den politischen Einfluss des großen Geldes verringern will. "Eines ist klar, Super PACs sind ein Spiel für reiche Leute", sagt sie. Und der einzige Grund, warum sie so viel Geld geben, ist, dass sie ihre Interessen gewahrt sehen wollen. Seien diese ideologischer oder geschäftlicher Art. Michael Bloomberg macht keinen Hehl aus seinen politischen Zielen. Er arbeite auf einen "Richtungswechsel in Washington hin", ließ er einen Sprecher ausrichten.

Die meisten der demokratisch gesinnten Großspender geben ihr Geld an die beiden demokratischen Top-Super PACs: Senate Majority PAC und den House Majority PAC. Sowie an den PAC Priorities USA Action. Andere wie Tom Steyer, haben ihre eigenen Super PACs gegründet.

Die Kritik an Super PACs und den großen Einfluss einiger weniger teilt Steyer grundsätzlich: Das viele Geld habe eine zerstörerische Wirkung, fördere Korruption und "hat uns an einen schlimmen Ort geführt". Er aber versuche mit seinen Millionen lediglich "Feuer mit Feuer" zu bekämpfen. Was er meint, ist: Über Jahre hat die politische Rechte die Schlacht ums Geld dominiert. Das hat sich geändert.

So sehen das auch die Chefs der demokratisch gesinnten Super PACs. Die Kochs und Adelsons hätten über die Jahre Hunderte Millionen Dollar in republikanische Wahlkämpfe investiert, sagt J. B. Poersch, Präsident des Senate Majority PAC. Dessen Zweck ist es, den Demokraten wieder zu einer Mehrheit im Senat zu verhelfen. Spender, die seinen Super PAC unterstützen, "sehen darin die beste Möglichkeit, den Einfluss der Koch-Brüder zu eliminieren, damit am Ende Demokraten gewinnen", sagt Poersch.

Für manche Demokraten ist das ein Dilemma. Viele Präsidentschaftskandidaten lehnen es ab, von Super PACs unterstützt zu werden. Sie wollen auf jeden Fall den Eindruck vermeiden, sie könnten käuflich sein. Dazu gehören vor allem Bernie Sanders und Elizabeth Warren. Warren geht sogar so weit, an keinen Abendessen mit potenziellen Großspendern teilzunehmen. Für sie ist das eine Frage der Glaubwürdigkeit.

Andererseits sind im Wahlkampf-Zyklus 2017/2018 von den insgesamt 1,1 Milliarden Dollar, die in Super PACs geflossen sind, mehr als 80 Prozent von Spendern gekommen, die je mehr als 500 000 Dollar investiert haben. Ohne Großspender, so scheint es, lässt sich ein moderner Wahlkampf kaum noch seriös finanzieren.

Sanders, Warren und einige andere im Kandidatenfeld der Demokraten aber setzen im Moment noch vor allem auf Kleinspenden. Sanders hat so bisher knapp 20 Millionen Dollar zusammengebracht. 74 Prozent davon über Spenden, die nicht größer als 200 Dollar waren. Die Demokratische Partei unterstützt die Versuche, viele Kleinspender zu gewinnen. Und macht etwa die Möglichkeit, an den landesweit übertragenen TV-Debatten teilzunehmen, unter anderem von der Zahl der Kleinspenden und Spender abhängig. In Interviews müssen sich Kandidaten bereits hinterfragen lassen, wenn sie nicht auf das Geld und die Unterstützung von Großspendern verzichten, vor allem von Unternehmern und Interessenvertretern. Das Thema hatte im Wahlkampf 2016 noch keine entscheidende Rolle gespielt.

Die große Frage ist, ob das reicht. Trumps Wiederwahl-Kampagne hat angekündigt, für die Wahl 2020 mehr als eine Milliarde Dollar sammeln zu wollen. Nur mit Kleinspenden dürften die Demokraten nicht mal in die Nähe dieser Summe kommen. Rufus Gifford, der in der Wiederwahlkampagne von Barack Obama für Spenden zuständig war, unterstützt die Idee, möglichst viele Kleinspender zu akquirieren. Aber er warnt auch: "Es wäre dumm, daraus einen Sauberkeitstest zu machen, wenn die Demokraten das in einen finanziellen Nachteil bringt." Für den Fall der Fälle stehen die Steyers und Bloombergs bereit, den Wahlkampfzug der Demokraten mit viel Geld zu befeuern.

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