Süddeutsche Zeitung

Trump und der Fall Khashoggi:Der beste Lobbyist der Saudis sitzt im Weißen Haus

Trump vergleicht den Fall Khashoggi mit der Causa Kavanaugh - wie sein Richter-Kandidat werde auch das saudische Königshaus vorverurteilt. Er ist nicht der erste US-Präsident, der Interessen über moralische Grundsätze stellt.

Kommentar von Alan Cassidy, Washington

Die Herrscher von Saudi-Arabien tun viel dafür, um sich in Washington in ein gutes Licht zu rücken. Sie investieren in teure PR-Berater, sie spenden an einflussreiche Thinktanks, sie finanzieren üppige Konferenzen. Das Geld könnten sich die Saudis sparen. Ihr bester Lobbyist sitzt im Weißen Haus. Als Donald Trump zuletzt Fragen nach der Verantwortung Saudi-Arabiens für den wahrschein­lichen Mord am Journalisten Jamal Khashoggi beantworten musste, stellte er sich vor die Kameras und wiederholte eifrig die Dementis aus Riad: Sie bestreiten es!

So war das schon beim russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Einmischung in die US-Wahlen? Putin sagt, er habe damit nichts zu tun, und für Trump ist das gut genug. Das Terrorregime in Nordkorea? Kein Wort dazu von Trump, seit er von Kim Jong-un schmeichelhafte Briefe erhält. Dann wird aus einem brutalen Diktator einer, dem Trump öffentlich die Liebe erklärt. Wenn er sich nur einen einzigen persönlichen Deal verspricht, wird der US-Präsident zum Pressesprecher der Autokraten dieser Welt.

Dass er das auch dann so handhabt, wenn ein verbündeter Staat einen Regimekritiker foltert und umbringt, ist abstoßend.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP verglich der US-Präsident den Fall Khashoggi gar mit der Causa Kavanaugh. Gegen Trumps Kandidaten für den Supreme Court waren während des Berufungsprozederes Vorwürfe der sexuellen Nötigung aufgekommen. Erst nach einer Schlammschlacht zwischen Demokraten und Republikanern, einer schwer zu ertragenden Anhörung des Juristen und seines mutmaßlichen Opfers vor dem Senat und einer Blitz-Untersuchung durch das FBI war er als Richter am Obersten Gericht bestätigt worden. "Schon wieder dieses 'schuldig bis zum Beweis der Unschuld'. Ich mag das nicht", sagte Trump jetzt mit Blick auf das saudische Königshaus und den mutmaßlichen Mord an Khashoggi.

Was Saudi-Arabien betrifft, steht Trump in einer langen Tradition der US-Außenpolitik, die gegenüber Riad Interessen über moralische Grundsätze stellt. Egal, ob Menschenrechtsverstöße, Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September oder Export von islamistischem Extremismus: In Washington haben Politiker aus beiden Parteien den Saudis bisher noch jedes Verhalten verziehen.

Im Fall von Trump sind es die Waffenverkäufe, die ihn bisher von einer entschlossenen Reaktion auf das Verschwinden Khashoggis abgehalten haben - und die Tatsache, dass er seine ganze Nahostpolitik an die Saudis gekoppelt hat. Ein toter Journalist soll daran nichts ändern. Falls sich die USA doch noch zu einer Antwort durchringen, wird das auf den Druck aus dem Kongress und aus Trumps eigenem Kabinett zurückzuführen sein - aber nicht auf die Instinkte des Präsidenten.

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