Verfahren gegen Trump:Die Strafe kommt erst nach der Wahl

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Donald Trump im Mai vor Gericht in Manhattan. (Foto: Seth Wenig-Pool/Getty Images via AFP)

In Donald Trumps Schweigegeld-Prozess wird das Strafmaß später verkündet. Das Gericht möchte nicht in die finalen Wochen des Präsidentschaftswahlkampfes eingreifen.

Von Peter Burghardt, Washington

Es sind schon ein paar Monate ins Land gegangen, seit Donald Trump auch offiziell zum Straftäter erklärt wurde. Im Mai war der frühere US-Präsident und aktuelle Präsidentschaftskandidat in seiner Heimatstadt New York wegen Betrugs schuldig gesprochen worden, in 34 Fällen. Ein Strafmaß allerdings ist bis heute nicht bekannt, und das wird auch bis zur Wahl am 5. November so bleiben, denn der Richter Juan Merchan hat die Entscheidung gerade wieder verschoben.

Am Freitagnachmittag teilte Merchan mit, dass er erst am 26. November urteilen werde, drei Wochen nach dem Wahl-Duell des Republikaners Trump gegen die Demokratin Kamala Harris. Zuletzt war der Termin für den 18. September angesetzt gewesen, sieben Wochen vor dem Showdown. Diese Entscheidung habe das Gericht nicht leichtfertig getroffen, aber sie fördere am besten „die Interessen der Gerechtigkeit“, erläuterte der Jurist und erinnerte an den „einzigartigen Zeitrahmen, in dem sich diese Angelegenheit derzeit befindet“.

Eine Verurteilung kurz vor so einer wichtigen Wahl erscheint dem Richter zu heikel

Der Zeitrahmen ist vor allem deshalb einzigartig, weil sich erstmals ein rechtmäßig verurteilter Delinquent um das mächtigste Amt bewirbt. Der Richter Merchan formuliert es in seiner schriftlichen Begründung etwas kryptisch: Die Geschworenen hätten den Fall „sorgfältig bearbeitet, und ihr Urteil muss respektiert und in einer Weise behandelt werden, die nicht durch die enorme Bedeutung der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen verwässert wird.“ Letztlich will die Kammer in Manhattan nicht mit einem exakten Schuldspruch in diese finalen Wochen des Wahlkampfs eingreifen.

Amerikas Wählerschaft wird also nicht wissen, was Trump genau bevorsteht, wenn im Herbst abgestimmt wird. Bis zu vier Jahren Haft wären für sein Vergehen möglich, vielleicht kommt er als Ersttäter aber auch mit einer sanfteren Strafe oder sogar auf Bewährung davon. Theoretisch könnte ein Mann ins Weiße Haus gewählt werden, der dann bald in ein Gefängnis einrücken müsste. Theoretisch könnte auch ein Mann gegen Frau Harris verlieren, der nach einer erneuten Wahlniederlage aus seiner Residenz Mar-a-Lago am Strand von Florida in eine Zelle umziehen muss.

Die Aussicht ist aber sehr theoretisch. Es kann auch sein, dass ein Urteil des Obersten Gerichtshofs ihn vor jeglichen Konsequenzen bewahrt. Im Juli hatte der Supreme Court auf Antrag von Trump beschlossen, dass Präsidenten während ihrer Amtszeit strafrechtlich geschützt sein müssen. Das bezog sich konkret auf Trumps Anklage wegen Wahlbeeinflussung angesichts des Angriffs seiner Anhänger am 6. Januar 2021 auf das Kapitol, in dem gerade Joe Bidens Wahlsieg bestätigt werden sollte und tags darauf auch wurde.

Der damals widerwillig scheidende Präsident Trump würde das gerne auf all seine Probleme mit der Justiz ausweiten lassen. Nicht zuletzt wegen dieser Beratungen der obersten Richter verschob Merchan seinen Beschluss im New Yorker Fall zunächst von Juli auf den Spätsommer, ehe er nun eine noch längere Gnadenfrist gewährt. Er tut dies auf Druck von Trumps Verteidigern, die schon lange behaupten, die Prozesse seien grundsätzlich politisch motiviert. Er tut dies aber jetzt tatsächlich auch deshalb, weil eine Verurteilung so kurz vor einer so wichtigen Wahl für besondere Aufregung sorgen würde.

In Manhattan ging es um Schweigegeld für einen Pornostar, das der Präsidentschaftsbewerber Trump vor einem Erfolg 2020 illegal in seinen Geschäftsberichten versteckte. Trumps Anwälte wollten die Causa vom Bezirksgericht an ein Bundesgericht verlegen lassen, das misslang ihnen. Erfolg hatten sie dagegen mit ihrer Forderung nach „Vertagung der Verurteilung bis nach der Wahl, die für die gesamte Nation von größter Bedeutung ist“, wie sie argumentierten. Sie halten das im Sinne ihres Mandanten ohnehin für „Hexenjagd“ und „Biden-Harris-Schwindel“.

In drei anderen Fällen kommen Trumps Strafverfolger wegen der ständigen Verzögerung gar nicht mehr voran. Das Verfahren wegen versuchter Manipulation seiner Wahlniederlage in Georgia liegt auf Eis. Die Verhandlung in Washington wegen seines Beitrags zum Kapitol-Sturm beginnt bestenfalls nach der Wahl. Der Prozess wegen entwendeter Geheimpapiere in Florida ist vorläufig abgesagt, wogegen die Ankläger Einspruch eingelegt haben. Trump macht derweil wie gehabt Wahlkampf – am Dienstag trifft er sich mit der ehemaligen Strafverfolgerin Harris, zur Präsidentschaftsdebatte.

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