Es ist der Versuch, noch etwas herauszuholen, neues Land zu erobern auf russischem Gebiet. Tscherkasskaja Konopelka und Ulanok heißen die Siedlungen, auf die es die ukrainische Armeeführung jetzt abgesehen hat. Die Ukraine hat eine neue Offensive im Kursker Gebiet begonnen, die Russland sogleich abgewehrt haben will. Die Zeit drängt für Kiew.
Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump wird viel geredet über mögliche Treffen zu Friedensgesprächen. Die 24 Stunden sind zwar längst vorbei, innerhalb derer Trump den Krieg beenden wollte. Etwas Bewegung scheint es aber nun zu geben. In Moskau bestätigte der Chef des außenpolitischen Duma-Ausschusses, Leonid Sluzkij, dass es schon bald ein Treffen Trumps mit Kremlchef Wladimir Putin geben könne. Der Nachrichtenagentur Ria sagte Sluzkij, „im Februar oder März“.
Ein sinkender Ölpreis wäre ein Schlag für Russland
Auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij sagte in einem Interview mit dem britischen Journalisten Piers Morgan, er sei bereit, sich mit Putin an einen Verhandlungstisch zu setzen, falls dies der einzige Weg sei, den Krieg zu beenden. Selenskij versucht also, vorher noch die Verhandlungslage für sein Land zu stärken. Und so stetig Russland auch gerade in der Ostukraine an Boden gewinnt – das russische Gebiet von Kursk hat der ukrainische Präsident als Schwachstelle des Kremls ausgemacht. „Irgendwann, wenn der Krieg auf eine diplomatische Lösung zuläuft, wird man schon sehen, wie wichtig diese Operation war“, schrieb er auf X.

Ukraine:Zurück ins Leben
In einer Rehaklinik im Nordwesten der Ukraine versuchen sie, die Schwerverletzten des Krieges wieder auf den Alltag vorzubereiten. Letztlich sollen die Soldaten hier lernen weiterzuleben. So einfach, so kompliziert.
Für Selenskij wäre ein solches Faustpfand, die Kontrolle über ein Stück russischen Gebiets, sehr wertvoll. Denn mit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus schienen sich die Aussichten für die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland erheblich zu verdüstern. Mit dessen Drohung, der Ukraine die weitere militärische Unterstützung zu entziehen, könnte er Selenskij zu schmerzhaften Kompromissen drängen. In Moskau hingegen war man sich da nicht ganz so sicher. Bei aller offensichtlichen Wertschätzung, die Trump gegenüber Putin hat und umgekehrt, verstärkte der Amerikaner doch in seiner ersten Amtszeit die Sanktionen gegen Russland. Und auch jetzt klingt für Moskau nicht alles gut, was Trump bisher sagt und was Einfluss haben könnte auf Russlands Krieg gegen die Ukraine.
Schon beim Weltwirtschaftsforum in Davos hatte der US-Präsident die Opec-Staaten, allen voran Saudi-Arabien, aufgerufen, die Ölförderung zu erhöhen, damit der Ölpreis sinkt und „der russisch-ukrainische Krieg sofort aufhören“ würde. Für Russland wäre ein niedriger Ölpreis ein schwerer Schlag, weil er seine Staatseinnahmen deutlich verringern und die Finanzierung des Krieges erschweren würde. Klar, dass die ukrainische Führung von dieser Idee sofort angetan war. Andrij Jermak, Chef der Präsidialverwaltung, sprach von 30 Dollar pro Barrel als Ziel, das wäre weniger als die Hälfte des jetzigen Ölpreises.
Der US-Präsident schielt auf Seltene Erden in der Ukraine
Und es gibt noch einen Vorschlag des US-Präsidenten, der zwar in der Europäischen Union schlecht ankam, in Russland allerdings auch. Trump hat nämlich entdeckt, dass die Ukraine nun doch auch den USA wirtschaftlich und damit innenpolitisch nützlich sein kann. Er schlug der Ukraine vor, den USA Rohstoffe wie Seltene Erden „und andere Dinge“ zu überlassen. Im Gegenzug würde Washington die Ukraine weiterhin militärisch unterstützen.
Bundeskanzler Olaf Scholz nannte Trumps erpresserisch klingende Idee „sehr egoistisch,“ weil die Bodenschätze der Ukraine eigentlich beim Wiederaufbau helfen sollen. Selenskij hingegen sieht darin offenbar immerhin eine Chance, sich doch noch den wichtigen militärischen Rückhalt der USA zu sichern, und zeigte sich gesprächsbereit. Klar ist: Sollte die Ukraine ohne amerikanische Hilfe auskommen müssen, läuft sie ohnehin Gefahr, langfristig Boden und damit auch weitere Bodenschätze an Russland zu verlieren. Am Freitagabend sagte Trump in Washington, er werde sich „wahrscheinlich“ in der nächsten Woche mit Selenskij treffen.
Nach einem Bericht der Zeitung Kyiv Independent kontrolliert Russland durch die von ihm besetzten Gebiete im Osten bereits ein Drittel der Seltenen Erden in der Ukraine. Die meisten gebe es jedoch in den zentralen Regionen des Landes. Darüber hinaus liegen nach dem Bericht in der Ukraine weitere 20 weltweit begehrte Metalle, darunter Titan und Lithium, die jeweils zu den größten Vorkommen in Europa gehören.
Trumps Sonderbeauftragter ruft Kiew zur Präsidentenwahl auf
Angenommen, Trump würde beide Forderungen durchsetzen können, einen niedrigeren Weltmarktpreis für Öl sowie einen Rohstoffdeal mit Kiew, stünde die Ukraine plötzlich bei möglichen Friedensverhandlungen nicht mehr so aussichtslos da, wie bei Trumps Wiederwahl noch vermutet wurde. Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow kommentierte eine mögliche Einigung zwischen Washington und Kiew entsprechend etwas schnippisch als eine fadenscheinige Unterstützung durch die USA. Denn ein solcher Deal würde bedeuten, Hilfe zu erkaufen, sagte er.
Doch auch Selenskij wird von der neuen US-Führung unter Druck gesetzt. Trumps Sonderbeauftragter für die Ukraine, Keith Kellogg, rief Kiew zu einer Präsidentenwahl auf, mitten im Krieg, womöglich noch in diesem Jahr. Damit würde er Putin in die Hände spielen, der Selenskij lieber früher als später entmachtet sehen will. Wahlen sind nach der ukrainischen Verfassung jedoch nicht möglich, denn seit dem groß angelegten russischen Einmarsch gilt in der Ukraine das Kriegsrecht. Schwer vorstellbar wäre auch, wie Ukrainerinnen und Ukrainer in Gebieten abstimmen sollen, die Russland besetzt hält.
Über all dies wird Kellogg mit der ukrainischen Führung reden, wenn er noch in diesem Monat wie geplant nach Kiew reist. Dass er bereits auf der Münchner Sicherheitskonferenz in einer Woche ein Konzept für ein Ende der Kämpfe vorlegen wird, dementierte Kellogg auf X. So haben dieser Tage Moskau und Kiew eines politisch gemeinsam: Sie warten erst mal ab, was Donald Trump eigentlich konkret plant. Und ob dies überhaupt realistisch wirkt und durchdacht. Selenskij dürfte auf Sicherheitsgarantien pochen, die Putin sehr wahrscheinlich ablehnt.