USA:Trumps geplanter Ausraster

  • US-Präsident Trump hat angekündigt, mit den Demokraten im Kongress nicht mehr zusammenarbeiten zu wollen.
  • Als Grund nennt er die laufenden Ermittlungen in der Russland-Affäre.
  • Ein wichtiges Infrastrukturgesetz droht zu scheitern. Trump könnte den Demokraten die Schuld in die Schuhe schieben wollen.

Von Thorsten Denkler, New York

Das Treffen hatte durchaus Bedeutung. Es ging um ein Zwei-Billionen-Dollar-Infrastrukturgesetz. Selbst für US-Maßstäbe ist das eine gewaltige Summe. Die Führer der Demokraten im Kongress, Nancy Pelosi und Chuck Schumer, sind am Mittwoch kurz vor Mittag ins Weiße Haus gekommen, um mit Präsident Donald Trump die weiteren Details zu verhandeln. Sie haben wohl mit vielem gerechnet, aber eher nicht damit, dass Trump sie erst 15 Minuten warten lässt und dann vor allem Pelosi mehrere Minuten lang anraunzt. Sie hatte ihn bezichtigt, in eine Vertuschung involviert zu sein. Nach seinem Ausbruch verließ der Präsident umgehend den Raum. Seinen Gästen gab er nicht mal die Hand, berichten Teilnehmer.

Wenige Minuten später stand Trump im Rosengarten des Weißen Hauses und erklärte vor laufenden Kameras, dass er mit diesen Demokraten keine Deals mehr machen werde, nicht unter diesen Umständen. Er könne nicht regieren, wenn gleichzeitig immer noch gegen ihn ermittelt werde. Solange gegen ihn ermittelt werde, werde es keine Zusammenarbeit mit den Demokraten geben.

Die Vertuschung, von der Pelosi wenige Stunden vor dem Treffen mit Trump gesprochen hat, bezieht sich auf dessen offenkundige Versuche, die Ermittlungen in der Russland-Affäre zu behindern. Vor wenigen Wochen hat Sonderermittler Robert Mueller nach fast zwei Jahren Arbeit seinen Bericht fertiggestellt. Er hat zwar nicht den notwendigen "über jeden Zweifel erhabenen Beweis" dafür gefunden, dass Trump oder Mitglieder der Trump-Kampagne illegal mit der russischen Regierung zusammengearbeitet haben, um die Wahl 2016 zu gewinnen.

In einer anderen, nicht minder diffizilen Frage aber ist Mueller weniger klar. Der Sonderermittler schreibt, er könne den Präsidenten vom Vorwurf der Justizbehinderung weder freisprechen noch ihn deswegen vor Gericht bringen. Es war dann Trumps Justizminister William Barr, der entschied, in dieser Frage keine weiteren Schritte gegen den Präsidenten zu unternehmen. Wenn es keine illegale Kooperation gegeben habe, dann habe Trump auch keinen Grund gehabt, die Justiz zu behindern, lautete Barrs lapidare Begründung.

Die Demokraten wollen diese und andere Fragen genauer untersuchen. Mehrere aktuelle und frühere Mitarbeiter des Weißen Hauses wurden bereits vorgeladen. Aber Trump sperrt sich. Und verbietet seinen Leuten, trotz der rechtlich bindenden Vorladungen, vor den Ausschüssen im Repräsentantenhaus auszusagen. Er weigert sich, diversen Aufforderungen zur Zusammenarbeit von insgesamt sechs Ausschüssen nachzukommen.

Die Demokraten finden, der Präsident stelle sich mit seiner Haltung über das Gesetz. Unter ihnen werden die Stimmen immer lauter, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einleiten wollen. Das aber lehnt Pelosi derzeit noch ab - aus wahltaktischen Gründen. Sie glaubt, dass ein Impeachment den Demokraten die Siegchancen bei der Präsidentschaftswahl 2020 verhageln könnte.

Pelosi: "Ich bete für den Präsidenten"

Am Mittwochmorgen hatte es dazu hinter geschlossenen Türen eine Aussprache der führenden Demokraten im Kongress gegeben. Pelosi kündigte immerhin an, den Ermittlungsdruck auf Trump weiter zu erhöhen. Danach trat sie vor die Presse und erklärte: "Wir glauben, dass es wichtig ist, sich an die Fakten zu halten. Wir glauben, dass niemand über dem Gesetz steht, auch nicht der Präsident der Vereinigten Staaten. Und wir glauben, dass der Präsident der Vereinigten Staaten an einer Vertuschung beteiligt ist."

Vor seinem Pult im Rosengarten ließ Trump ein Schild installieren: "NO Collusion, NO Obstruction", stand neben anderem darauf. Keine Zusammenarbeit mit den Russen, keine Justizbehinderung.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als habe diese Anschuldigung Trump derart in Rage versetzt, dass er die Gespräche über das Infrastrukturgesetz faktisch beendete. Es gibt aber noch eine andere Lesart: Trump habe nur einen Weg gesucht, die Schuld für das Aus des Gesetzes den Demokraten in die Schuhe schieben zu können.

Zwar sind sich Republikaner und Demokraten im Senat wie im Repräsentantenhaus weitgehend einig, dass es dieses Gesetz geben muss. Straßen, Brücken, Schienenwege, vieles ist in einem Zustand, der mit marode noch freundlich umschrieben ist. Doch die Frage der Finanzierung ist trotz mehrwöchigen Vorlaufs immer noch offen. Das Weiße Haus weigert sich beharrlich, Vorschläge vorzulegen, wie die Regierung die angekündigten zwei Billionen Dollar zusammenbekommen will.

Am Dienstag hatte Trump die demokratischen Führer überraschend per Brief über seine neueste Bedingung informiert. Bevor er diesem parteiübergreifenden Projekt seine Zustimmung gebe, müssten die Demokraten dem neu verhandelten nordamerikanischen Freihandelsabkommen zustimmen, das jetzt nicht mehr Nafta, sondern USMCA heißt. Manche Beobachter sagen, damit habe Trump den letzten Nagel in den Sarg für das Infrastrukturgesetz geschlagen.

Das Online-Magazin Politico schreibt: Pelosis Rede von der Vertuschung sei auf keinen Fall der einzige Auslöser für Trumps Ausbruch gewesen: "Trump war darauf vorbereitet, den Stecker zu ziehen." Wenn der Präsident seine Drohung wahr macht und jede Zusammenarbeit mit den Demokraten verweigert, dann ist bis zur Wahl 2020 auf gesetzgeberischer Seite nichts mehr von ihm zu erwarten.

Nach Trumps Auftritt im Rosengarten stellten sich auch Pelosi und Schumer noch einmal vor die Kameras. Schumer erklärte, wer erlebt habe, was da gerade im Weißen Haus passiert sei, dem sei "die Kinnlade heruntergeklappt". Pelosi versprach: "Ich bete für den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Und ich bete für die Vereinigten Staaten von Amerika."

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