Justizbehinderung:Wie belastend ist der Mueller-Bericht für Trump wirklich?

  • Der US-Präsident sieht sich vom Mueller-Bericht völlig rehabilitiert.
  • Aber das gibt der Bericht gar nicht her, sagen einige der Autoren.
  • Die Demokraten im Repräsentantenhaus dürfte das in ihren Bemühungen bestärken, den Bericht vollständig und ungeschwärzt zu bekommen.

Von Thorsten Denkler, New York

Fast zwei Jahre hat das Team um Sonderermittler Robert Mueller dichtgehalten. Zwischenzeitlich waren es 19 Anwälte und 40 FBI-Ermittler, die daran arbeiteten. Aber nichts über Muellers Bemühungen drang nach außen, was nicht über Gerichtsakten nach außen dringen musste. Gut zwei Wochen nachdem sie ihre Arbeit beendet haben, scheint es mit dieser Zurückhaltung vorbei zu sein, schreibt die New York Times.

Mueller sollte herausfinden, ob Trump mit der russischen Regierung zusammengearbeitet hat, um die Wahl 2016 zu gewinnen. Und ob sich Trump im Amt womöglich der Justizbehinderung schuldig gemacht hat. Am 22. März hat Mueller seinen Bericht in der Sache dem neuen Justizminister William Barr übergeben. Zwei Tage später schickte der dem Kongress eine vierseitige Zusammenfassung des fast 400 Seiten starken Berichtes. Oder besser: Barrs Schlussfolgerungen aus dem Bericht.

Schlussfolgerung eins: Mueller hat keinen Beweis für eine ungesetzliche Zusammenarbeit von Trump oder seinen Leuten mit Russland gefunden. Schlussfolgerung zwei: Trump hat auch die Justiz nicht in ihrer Arbeit behindert.

Mueller hatte den US-Präsidenten zwar in Sachen Justizbehinderung weder für schuldig befunden, noch sieht er ihn völlig entlastet. Aber er hat die Entscheidung, ob gegen Trump gerichtlich vorgegangen werden müsse, dem Justizminister überlassen. Und der hat recht schnell entschieden, dass das nicht nötig ist.

Trump sieht sich rehabilitiert

Barr hat die Frage mit einer schlichten Logik beantwortet: Wenn es in Bezug auf Russland kein Verbrechen gegeben habe, dann habe es auch kein Motiv gegeben, die Justiz in ihrer Ermittlungsarbeit zu behindern. Der Verdacht kam auf, als Trump im Mai 2017 den damaligen FBI-Chef und obersten Ermittler in der Russland-Affäre, James Comey, feuerte. Und zwar explizit wegen der Russland-Sache, wie Trump später zugab. Trump soll danach sogar drauf und dran gewesen sein, Sonderermittler Mueller ebenfalls zu feuern, wovon ihn der Justitiar des Weißen Hauses gerade noch abhalten konnte.

Trump selbst sieht sich jetzt völlig reingewaschen. Er feiert den Bericht gar als endgültigen Sieg über die von ihm so oft beschriebene "Hexenjagd" auf ihn. Das alles aber gibt der Bericht gar nicht her, wie auch dem Schreiben von Barr zu entnehmen ist.

Der Mueller-Bericht ist noch nicht in vollem Umfang öffentlich

Die Ermittler scheinen das sogar explizit anders zu sehen als Trump. Sie sagen, dass manche Inhalte des Berichtes Trump noch deutlich mehr Schaden könnten, als die ersten Reaktionen von Barr und Trump vermuten lassen. Was genau sie damit meinen, lassen sie allerdings offen, schreibt die New York Times.

Die Demokraten im Repräsentantenhaus dürfte das in ihren Bemühungen bestärken, den Bericht vollständig und ungeschwärzt zu bekommen. Am Mittwoch hatte der zuständige Justiz-Ausschuss im Repräsentantenhaus den Ausschussvorsitzenden Jerrold Nadler formell autorisiert, den ungefilterten Bericht per Vorladung einzufordern. Eine Vorladung ist das schärfste Schwert des Ausschusses, um an Informationen zu gelangen. Nadler hatte Barr ursprünglich eine Frist bis zum 2. April gesetzt, ihm den Bericht zu übergeben. Die hat Barr verstreichen lassen.

Barr will zwar den Mueller-Bericht jetzt bis Mitte April veröffentlichen, aber erst nach einer redaktionellen Überarbeitung. Es sei ja schließlich fast jede Seite als vertraulich markiert worden, teilte das Justizministerium mit.

Im Team von Sonderermittler Mueller, das sich inzwischen aufgelöst hat, macht sich darüber Verwunderung breit. Muellers Leute haben nämlich nicht nur den Bericht geschrieben. Sondern Barr angeblich auch gleich mehrere Zusammenfassungen geliefert, in denen die Ermittler penibel darauf geachtet haben sollen, dass als geheim eingestufte Informationen dort nicht auftauchen. Eine redaktionelle Überarbeitung wäre also gar nicht nötig. Die New York Times berichtet, Muellers Ermittler hätten sich gewünscht, dass Barr die Zusammenfassungen zumindest teilweise genutzt hätte, um den Kongress über den Bericht zu informieren.

Die allermeisten Vertraulichkeitsvermerke beziehen sich nach Angaben des Justiministeriums auf Infomationen, die im Zusammenhang mit Akten der Grand Jury stehen. Das ist ein geheim tagendes Gericht, dem Mueller in einigen Fällen klassifizierte Beweise vorgelegt hat. Barr könnte die Grand Jury bitten, alle Akten zur Arbeit von Mueller freizugeben. Aber das hat Barr offenbar bisher nicht versucht.

Sollte Barr den Abgeordneten einen Bericht vorlegen, der außer Schwärzungen kaum etwas enthält, werden vermutlich sowohl Barr als auch Mueller vor den Ausschuss geladen werden. Ob das allerdings dazu beiträgt, die Erkenntnisse zu mehren, darf bezweifelt werden. Barr wird seinen Chef Trump in so einer Anhörung nicht bloßstellen. Und Mueller darf nur sagen, was Barr im zu sagen erlaubt. Die Aufklärung würde weiter auf sich warten lassen.

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