Trump-Mitarbeiter entlassen:Weißes Haus ignorierte Vorwürfe häuslicher Gewalt monatelang

Trump-Mitarbeiter entlassen: Rob Porter (hinten) und John Kelly im Oval Office. Stellte sich der Stabschef Kelly schützend vor seinen Mitarbeiter?

Rob Porter (hinten) und John Kelly im Oval Office. Stellte sich der Stabschef Kelly schützend vor seinen Mitarbeiter?

(Foto: AFP)
  • Der Rücktritt des engen Trump-Mitarbeiters Rob Porter wegen des Vorwurfs häuslicher Gewalt sorgt in Washington für Schlagzeilen.
  • Porter arbeitete eng mit Stabschef John Kelly zusammen - dieser wird kritisiert, weil er seit Monaten wusste, dass das FBI Anschuldigungen gegen Porter prüft.
  • Für Geraune sorgt auch die Tatsache, dass Rob Porter seit Kurzem mit der Trump-Vertrauten Hope Hicks liiert sein soll.

Von Matthias Kolb

Donald Trump ist nicht der erste US-Präsident, der Wert auf Inszenierung legt. Ronald Reagan wusste als Ex-Schauspieler, wie wichtig die richtigen Bilder sind und vom Demokraten Barack Obama sind vor allem jene Aufnahmen bekannt, die sein Hoffotograf Pete Souza gemacht hat. So erklärt sich eine im Washingtoner Polit-Sprache sehr gebräuchliche Floskel: Es gelte unbedingt, bad optics zu vermeiden und unvorteilhafte Bilder zu liefern oder zuzulassen.

Diese Art von Krisen-PR gelingt dem Weißen Haus zurzeit nicht. Am Mittwoch kündigte Rob Porter seinen Rücktritt als Stabssekretär an, weil ihn seine beiden Ex-Ehefrauen beschuldigen, sie verprügelt und beleidigt zu haben. Der 40-Jährige bestreitet die Vorwürfe der physischen und psychischen Misshandlung, doch die britische Boulevard-Zeitung Daily Mail und das Investigativ-Portal The Intercept veröffentlichten Fotos, die Porters erste Frau, Colbie Holderness, mit einem blauen Auge zeigt. Der Vorfall ereignete sich 2005, während eines Urlaubs in Florenz.

Jennifer Willoughby, die zweite Ehefrau, stellte der Daily Mail Polizei-Dokumente zur Verfügung, in denen sie Porter vorwirft, dass dieser sie nach ihrer Trennung 2010 bedroht und ihre Wohnung trotz mehrfacher Aufforderung nicht verlassen habe. Willoughby beschuldigt Porter, sie nackt aus der Dusche gezerrt und angeschrien und während der Hochzeitsreise als "Schlampe" beschimpft zu haben.

Dass diese Anschuldigungen auch jenseits von Washington für Wirbel sorgen, liegt nicht nur an der #MeToo-Debatte und den alten Fotos und Dokumenten. Als Stabssekretär arbeitet Porter eng mit Donald Trump zusammen und mehrere Bilder belegen diese Nähe. So war es Porter, der dem US-Präsidenten die Ernennungsurkunde für Verteidigungsminister Jim Mattis vorlegte.

Stabssekretär klingt bürokratisch, doch dieser Posten ist extrem einflussreich. Aufgabe des staff secretary ist es, den Informationsfluss zu regeln: Jedes Papier, das Trump erreicht, ging durch die Hände des Harvard-Absolventen. Laut Politico schätzt der Präsident den Mormonen Porter sehr und sagte einst über ihn: "Er ist der smarteste Kerl im Weißen Haus." Als ehemaliger Büroleiter des Senators Orrin Hatch kennt Porter auch die Abläufe im US-Kongress sehr gut. Ein weiterer Fan des 40-Jährigen, der auch an Trumps "Rede zur Lage der Nation" mitgeschrieben hat, ist John Kelly, der seit Ende Juli als Stabschef im oft chaotischen Weißen Haus für Ordnung sorgen soll.

Welche Fehler Stabschef Kelly gemacht hat

Nun steht der 67-Jährige selbst im Zentrum der Aufmerksamkeit - und in der Kritik. Zunächst sorgte es für Verwunderung, dass Ex-General Kelly in einem ersten Statement Porter als "Mann von echter Integrität und Ehre" bezeichnet hatte, über den "ich nicht genug gute Dinge sagen kann". Als dann das Foto von Porters Ex-Frau mit dem blauen Auge auftauchte, musste sich Kelly korrigieren und erklärte, er habe die Vorwürfe nicht "im vollen Umfang" gekannt. Er sei "schockiert" und betonte, dass es für häusliche Gewalt in der Gesellschaft keinen Platz geben dürfe.

Für Geraune sorgt zudem, dass Porter und die Trump-Vertraute Hope Hicks ein Paar sein sollen und turtelnd in Washington gesehen wurden. Hicks ist die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses und in ihrer Abteilung waren einige Wendungen zu beobachten. Hatte Sprecherin Sarah Huckabee Sanders zunächst von einer "Schmierenkampagne" gesprochen, so musste ihr Stellvertreter am Donnerstag zugeben, dass viele im Weißen Haus in den vergangenen Tagen "besser hätten arbeiten" können.

Noch brisanter für Kelly sind Medienberichte, wonach der Stabschef seit Monaten darüber informiert war, dass die Sicherheitsüberprüfung von Rob Porter durch das FBI immer noch andauerte. Gleiches gilt für Don McGahn, den offiziellen Rechtsberater im Weißen Haus.

Der Stabssekretär arbeitete mit einer vorläufigen "interim clearance", die eigentlich nicht mehr als ein Jahr gültig sein sollte - gerade wenn man mit dem Präsidenten in der Air Force One fliegt und dessen Tagesablauf managt. Kellys Stellvertreter Joe Hagin wies seinen Chef Bloomberg zufolge darauf hin, dass Porter zu einer Reihe von Angestellten des Weißen Hauses gehöre, deren Überprüfung noch andauere.

In diesem Prozess werden stets Gespräche mit Familienangehörigen, Freunden und ehemaligen Geschäftspartnern geführt. Der Washington Post sagten Hollderness und Willoughby, dass das FBI sie im Januar 2017 und nochmals im September kontaktiert hätten - und dass Porter von Willoughby wissen wollte, ob sie ihn als "gewalttätig" bezeichnet habe. Laut New York Times habe Porter die "Probleme im häuslichen Bereich" als minimal bezeichnet, weshalb sich Kelly verraten fühle. Dies kann die Wahrheit sein - oder ein Ablenkungsmanöver.

Alle diese Informationen lassen den Eindruck zu, dass Stabschef Kelly womöglich nicht genau nachfragen wollte, warum der von ihm so geschätzte Rob Porter die Unbedenklichkeitserklärung durch das FBI nicht erhielt. Die Kompetenz seines Mitarbeiters und Vertrauten im oft dysfunktionalen Weißen Hauses schien ihm wichtiger zu sein, als den Vorwürfen von Porters Ex-Partnerinnen nachzugehen.

Trump soll schon nach Nachfolgern für Kelly suchen

Während in konservativen Medien wie National Review vor allem Texte über eine "Anti-Porter-Verschwörung" erscheinen (Hauptargument: "Niemand ist perfekt"), stürzen sich liberale Websites und Zeitungen auf alle Details und publizieren viele Analysen. Der Republikaner David Frum, ein ehemaliger Redenschreiber von George W. Bush, vertritt im Atlantic eine eigene Theorie, warum der Vorwurf der häuslichen Gewalt im Weißen Haus nicht als "disqualifizierend" angesehen wurde. Sowohl Ex-Chefberater Stephen Bannon als auch der frühere Wahlkampfchef Corey Lewandowski mussten sich vor Gericht verantworten, weil ihnen Gewalt gegen Frauen vorgeworfen wurde.

Und natürlich erinnert Frum, der Autor des kritischen Buches "Trumpocracy", seine Leser nicht nur an die "Grab them by the pussy"-Aussagen des heutigen Präsidenten aus dem Jahr 2005. Er weist auch darauf hin, dass Donald Trumps erste Ehefrau Ivana in den Neunziger Jahren ihrem Ex-Mann vorwarf, sie zum Sex gezwungen zu haben. Mittlerweile vertritt Ivana Trump diese Vorwürfe nicht mehr.

Doch dass diese Berichte aus der Trump-Welt von ziemlich frauenfeindlichem Verhalten in einem Wahljahr wieder auftauchen, kann dem Präsidenten und den republikanischen Strategen nicht gefallen. Dem 71-Jährigen gefällt es nicht, wenn seine Angestellten für negative Schlagzeilen sorgen - und gerade ein Büroleiter sollte dies unterbinden. Auf die Frage, ob Trump mit der Arbeit von Kelly zufrieden sei, sagt Vize-Sprecher Raj Shah: "Der Präsident vertraut seinem Stabschef."

Laut New York Times fragt Trump schon seine Berater, ob Budgetdirektor Mick Mulvaney nicht geeignet wäre für den Büroleiter-Posten. Die Spekulationen werden weitergehen und das ist nicht gut für John Kelly.

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