Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat am Dienstag gegenüber Donald Trump sein Bedauern für den Eklat im Weißen Haus ausgedrückt. „Es ist Zeit, die Dinge in Ordnung zu bringen“, schrieb er auf der Plattform X. Er sei jetzt bereit, unter der Führung des US-Präsidenten an einem dauerhaften Frieden im Konflikt mit Russland zu arbeiten. Ausdrücklich bedankte er sich für die bisherige Unterstützung durch die USA und erklärte sich auch bereit, den Rohstoff-Deal zu unterzeichnen, der vergangenen Freitag unterzeichnet werden sollte, ehe die Begegnung im Weißen Haus eskalierte. Selenskij beugt sich damit dem Druck von Trump. Der hatte tags zuvor die militärische Hilfe für die Ukraine ausgesetzt. Ob Trump nun seinerseits einlenkt, blieb zunächst unklar.
Am vergangenen Freitag hatten sich Trump und sein Vizepräsident J. D. Vance im US-Präsidentenbüro mit Selenskij getroffen, es hätte ein Rohstoff-Deal besiegelt werden sollen. Die Hälfte der Einnahmen aus einer künftig gemeinsamen Ausbeutung von ukrainischen Bodenschätzen würde demnach an die USA gehen, als Lohn für bisherige Beiträge. Doch der Gipfel mündete in einen historischen Eklat, nachdem Selenskij Trumps Strategie infrage gestellt und angezweifelt hatte, dass der russische Präsident Wladimir Putin ein verlässlicher Partner ist.
„Ich denke, er sollte einfach mehr Wertschätzung zeigen“, sagte Trump. Die USA seien mit der Ukraine „durch dick und dünn gegangen“. Man wolle von Selenskij hören, „dass er bedauert, was passiert ist, dass er bereit ist, dieses Mineralienabkommen zu unterzeichnen, und dass er bereit ist, sich auf Friedensgespräche einzulassen“, erklärte Trumps Sicherheitsberater Mike Waltz bei Fox News. Selenskij war vor laufenden Kameras erniedrigt worden und musste ohne Unterschrift, Mittagessen und Pressekonferenz gehen.
Der Lieferstopp gilt ab sofort und betrifft alle amerikanischen Rüstungsgüter, die sich noch nicht in dem Land befinden. Laut New York Times geht es um Waffen und Munition im Wert von einer Milliarde Dollar. Für Kiew ist das ein schwerer Schlag, die ukrainische Armee ist im Krieg mit Russland auf Beistand aus den USA angewiesen. Dies sei „keine dauerhafte Beendigung der Hilfe, es ist eine Pause“, zitiert Fox News einen hochrangigen US-Vertreter.
Die Entscheidung von Trump erhöht den Druck auf die Europäische Union, die Ukraine mit noch mehr Waffen zu unterstützen. Beim Ukraine-Sondergipfel an diesem Donnerstag in Brüssel soll über den zusätzlichen Kauf von Waffen und Munition im Wert von 20 Milliarden Euro diskutiert werden. Ein Beschluss müsste einstimmig gefasst werden. Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán hat jedoch kategorisch erklärt, er werde sich verweigern. Bedenken hat offenbar auch die französische Regierung angemeldet. Zusätzliche Ausgaben für die Ukraine seien im Parlament nicht mehrheitsfähig.
Orbán lehnt die von der EU-Führung verfolgte Strategie ab, die Ukraine für eventuelle Friedensverhandlungen in eine möglichst starke Position zu bringen. Er fordert, die EU solle direkten Kontakt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin suchen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte am Dienstag einen Plan vor, um die europäischen Verteidigungsausgaben dramatisch zu erhöhen. Sie regt einen europäischen Fonds an, der die Entwicklung von Luft- und Raketenabwehr, Artilleriesystemen, Drohnen sowie der Cybersicherheit ankurbeln soll. Zudem soll die Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts aktiviert werden, um den Mitgliedstaaten höhere Verteidigungsausgaben zu ermöglichen. In Verbindung mit privatem Kapital sowie zusätzlichen Mitteln für die Europäische Investitionsbank sollen insgesamt 800 Milliarden mobilisiert werden. Die EU will so schnell wie möglich militärisch unabhängig von den USA werden, aber kurzfristige Hilfe für die Ukraine bedeutet der Plan nicht.
Selenskij hat Merz für die Unterstützung gedankt
Die US-Regierung hat offenbar weder die EU noch einzelne Mitgliedstaaten über die Aussetzung der Waffenhilfe vorab informiert. Der Beschluss stärke die Position Russlands und erschwere es, einen Frieden zu erreichen, sagt der französische Europa-Staatssekretär Benjamin Haddad. Ansonsten hielten sich die Regierungen mit Kritik zurück.
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal erklärte, man werde „weiterhin auf ruhige Weise über alle verfügbaren Kanäle mit den USA zusammenarbeiten“. Die Ukraine sei auch zur Unterzeichnung des Rohstoffabkommens bereit. Präsident Wolodimir Selenskij beriet sich am Dienstag mit dem designierten Bundeskanzler Friedrich Merz und bedankte sich für die deutsche Unterstützung. Deutschland sei der für die Ukraine führende Lieferant bei Luftabwehrsystemen.

Militärexperten sagen voraus, dass die ukrainische Armee ohne weitere US-Hilfen mittelfristig den russischen Angriffen nicht mehr standhalten kann. Nach ukrainischen Angaben liefern die USA etwa 30 Prozent der Waffen, die im Kampf gegen Russland zum Einsatz kommen – aber es sind die wichtigsten.
Im Kreml wurden die Nachrichten aus Washington erfreut zur Kenntnis genommen. Die Waffenlieferungen auszusetzen, sei wahrscheinlich der beste Beitrag für einen Frieden, sagte Putins Sprecher Dmitrij Peskow.