Süddeutsche Zeitung

USA und Venezuela:Trumps schärfste Waffe ist das Öl

  • Die USA haben sich immer wieder unter fragwürdigen Bedingungen in Lateinamerika eingemischt, diese Politik war zum Teil regelrecht mörderisch.
  • Vor diesem Hintergrund ist die offensive Einmischung Trumps in die venezolanischen Belange heikel.
  • Eine militärische Invasion steht aber wohl nicht ernsthaft zur Debatte - andere Methoden wie etwa ein Stopp der Öl-Importe wären auch wesentlich wirksamer.

Von Hubert Wetzel, Washington

Der Ruf der Gringos ist in Lateinamerika nicht immer der beste. Das liegt vor allem daran, dass die USA sich in jener Weltregion, die für sie immer ihr "Hinterhof" war, oft nicht sehr nachbarschaftlich verhalten haben. Das begann 1823 mit der sogenannten Monroe-Doktrin, als der damalige US-Präsident James Monroe die westliche Hemisphäre zur alleinigen Einflusszone der Vereinigten Staaten erklärte. In den fast 200 Jahren seither hatten die Regierungen in Washington dann stets eher die eigenen strategischen Interessen im Auge oder die der nordamerikanischen Wirtschaftskonzerne als die der Bevölkerungen in den lateinamerikanischen Ländern.

Das galt vor allem für die Zeit des Kalten Krieges. Die USA unterstützen damals von Argentinien bis El Salvador rechte Militärjuntas, Todesschwadronen und Guerillagruppen mit Beratern und Waffen, solange diese nur von sich behaupteten, sie kämpften gegen den Kommunismus und den Vormarsch der Sowjetunion. Der Iran-Contra-Skandal war nur einer der bizarren Höhepunkte dieser zuweilen regelrecht mörderischen Politik.

Insofern ist die Lage, in der sich Venezuela jetzt befindet, durchaus heikel: US-Präsident Donald Trump hat den Oppositionsführer Juan Guaidó als neuen Übergangspräsidenten anerkannt und das Regime von Nicolás Maduro für illegal erklärt. Damit hat Trump die USA auf eine Seite in einem innerstaatlichen Machtkampf festgelegt. Andere Länder aus der Region sind den Vereinigten Staaten gefolgt. Doch andere große Akteure, die strategische Interessen in Südamerika haben, allen voran Russland und China, halten weiter zu Maduro. Diese Konstellation birgt jede Menge Eskalationspotenzial.

Dass die USA dort stehen, wo sie stehen, ist allerdings nicht überraschend. Den angeblich sozialistischen Regimen in Venezuela - zuerst das des früheren Fallschirmjägers Hugo Chávez, dann das seines Nachfolgers Maduro - dienten die USA immer als beliebter Sündenbock für die eigene Inkompetenz und Korruption. Der ehemalige Präsident Barack Obama ging damit relativ gelassen um. Doch die Trump-Regierung hat die Rhetorik deutlich verschärft, je tiefer Venezuela in den vergangenen Jahren in die Krise gerutscht ist.

In den vergangenen Jahren wurde Venezuela für Washington zu einer Art Ersatz-Kuba

Immer wieder und immer härter haben US-Vertreter in den vergangenen Jahren die korrupte, diktatorische Maduro-Regierung gegeißelt. Venezuela wurde zu einer Art Ersatz-Kuba. Das erinnerte, bei aller berechtigten Kritik an Maduro, zuweilen schon etwas an die alten, finsteren Zeiten, als die politische Ausrichtung einer Regierung wichtiger war als ihre Menschenrechtsbilanz. Ähnliche Kritik an der korrupten, diktatorischen Regierung eines Verbündeten wie Ägypten war aus Washington jedenfalls nicht zu hören.

Zwar riefen die USA nicht offen zum Regimewechsel in Venezuela auf. Aber die Opposition dort durfte sich ermuntert fühlen. Jedenfalls war klar, dass die USA Maduro im Falle einer wie auch immer gearteten Ablösung nicht verteidigen würden.

Berichten zufolge soll Trump bei Sitzungen im Weißen Haus sogar laut über ein militärisches Eingreifen in Venezuela nachgedacht haben. So weit ist es im Moment offenbar nicht, in den Stellungnahmen aus Washington ist nur davon die Rede, dass die USA ihre "wirtschaftliche und diplomatische Macht" einsetzen werden, "um die Demokratie in Venezuela wiederherzustellen". Zumal unklar ist, welchen Zielen eine Invasion dienen sollte.

Die US-Armee marschierte um die Jahreswende 1989/90 kurz in Panama ein, um den dortigen Diktator - und, wie man später erfuhr, CIA-Zuarbeiter - Manuel Noriega festzunehmen. Doch dieser war im großen Stil in den Drogenhandel verwickelt. Diesen Vorwurf erheben die USA gegen Maduro auch.

Ob er als Grund für eine Invasion reicht, ist offen. Auch eine humanitär begründete Invasion, bei der US-Truppen die Versorgung der Venezolaner mit Lebensmitteln und Medikamenten sicherstellen, damit die Menschen nicht mehr fliehen, ist kaum denkbar. Die amerikanischen Soldaten wären de facto Besatzer, Zusammenstöße mit der venezolanischen Armee, die bisher noch zu Maduro hält, wären programmiert. Und dass Trumps konservative Wähler einen Krieg mit Venezuela wollen, ist zweifelhaft. Nicht auszuschließen sind hingegen US-Militäreinsätze zum Schutz amerikanischer Staatsbürger im Land. Dass Washington Maduros Anweisung ignoriert, alle US-Diplomaten aus Venezuela abzuziehen, bereitet zumindest den Boden dafür.

Die USA haben allerdings viel wirksamere Methoden als militärische Gewalt, um Venezuelas herrschende Klasse in die Zange zu nehmen. Zum einen könnte Washington den Konten und Vermögenswerten der Maduro-Elite in den Vereinigten Staaten nachspüren und diese einfrieren. Das dürfte den Rückhalt für Maduro schmälern.

Zudem ist der angebliche Feind im Norden immer noch zugleich einer der wichtigsten Abnehmer von Venezuelas einzigem nennenswerten Exportgut: Erdöl. Im vergangenen Jahr verkaufte Venezuela jeden Tag im Schnitt um die 58 000 Barrel Rohöl und Ölprodukte an die USA. Venezuelas staatlicher Ölkonzern PDVSA ist zudem Mehrheitseigner des texanischen Raffinerieunternehmens Citgo, das in den USA ein Tankstellennetz betreibt. Sollte Washington Venezuelas Ölexport attackieren, wäre das für das alte Regime wohl gefährlicher als eine Militärintervention.

Vor diesem Hintergrund bewies das Citgo-Management vor zwei Jahren durchaus politischen Weitblick. Das Unternehmen spendete 500 000 Dollar für die Festlichkeiten anlässlich der Amtseinführung von Donald Trump.

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SZ vom 25.01.2019/bepe
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