Süddeutsche Zeitung

Treffen mit Kim:Warum Trump zaudert

  • Nordkoreas Machthaber Kim und US-Präsident Trump hatten ein Treffen für den 12. Juni vereinbart. Doch nun erklärt Trump, es gebe eine "erhebliche Chance", dass der Termin verschoben würde.
  • Seit das nordkoreanische Regime den Ton gegenüber den USA und Südkorea wieder verschärft hat, sind bei Trump offenbar grundlegende Zweifel aufgekommen.
  • Nach Ansicht von Beobachtern hat er Kims Gesprächsangebot vorschnell angenommen.

Von Alan Cassidy, Washington

Die passende Gedenkmünze ließ das Weiße Haus schon mal prägen. Sie zeigt US-Präsident Donald Trump, wie er mit ernster Miene auf einen lächelnden Kim Jong-un starrt. Betitelt ist der nordkoreanische Diktator als "Oberster Führer", auf dem Rand der Münze ist die Inschrift "Friedensgespräche 2018". Nachdem die US-Regierung das Stück am Montag vorstellte, erntete sie dafür einigen Spott. Noch ist nicht einmal sicher, ob der für den 12. Juni in Singapur geplante Gipfel tatsächlich stattfindet. Die Münze könnte also bald bloß noch ein Kuriosum sein.

Zumindest über den genauen Termin des Gipfels bestehen jetzt einige Fragezeichen. Es gebe eine "erhebliche Chance", dass es mit dem 12. Juni nicht klappe, sagte Trump am Dienstag vor einem Treffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in im Weißen Haus. "Vielleicht klappt es später."

Auch sonst gab sich der US-Präsident zweideutig. Er habe schon viele Deals gemacht, "und bei Deals weiß man nie". Er gehe jedoch weiter davon aus, dass Kim aufrichtig bereit sei, sein Atomwaffenprogramm aufzugeben. "Ich glaube, er meint es wirklich ernst." Kim habe die Chance, sein Land "sehr reich" zu machen.

Das Treffen mit Moon sollte ursprünglich dazu dienen, Trumps Gipfel mit Kim vorzubereiten. Doch seit das nordkoreanische Regime jüngst den Ton gegenüber den USA und Südkorea wieder verschärft hat, sind bei Trump offenbar grundlegende Zweifel aufgekommen. Der Präsident habe kalte Füße bekommen, schrieb die New York Times. Er habe seine Berater zuletzt mit Fragen gelöchert, ob er sich angesichts des politischen Risikos überhaupt auf ein Treffen mit Kim einlassen solle.

Demnach ist Trump verunsichert über Nordkoreas neueste Verlautbarungen, wonach sich das Regime nicht auf eine einseitige Abrüstung seiner Atomwaffen einlassen wolle. Das aber schien Kim zuvor dem Südkoreaner Moon versprochen zu haben, der wiederum Trump davon überzeugte.

Bereits am vergangenen Wochenende rief Trump bei Moon an, um sich bei ihm rückzuversichern. Am Dienstag nun wollten Trump und Moon Ziele für den Gipfel festlegen. Vor den Medien sagte Moon, er habe "volles Vertrauen", dass Trump einen Deal mit Nordkorea zustande bringen könne. Schon vor seiner Ankunft hatte Moon versucht, Zuversicht zu verbreiten: Der Gipfel fände "zu 99,9 Prozent" statt, sagte sein Berater Chung Eui-yong.

Für Trump steht mit dem Gipfel sein sorgsam gepflegter Ruf als Dealmaker auf dem Spiel. Nach Ansicht einiger Beobachter hatte er das Gesprächsangebot Kims vorschnell angenommen; statt sich mit inhaltlichen Schwierigkeiten eines möglichen Abkommens mit Pjöngjang zu beschäftigen, ließ sich der Präsident lieber für seine Kampagne des "maximalen Drucks" feiern. "Jeder" denke, dass er vielleicht schon bald den Friedensnobelpreis verdiene, sagte Trump wiederholt.

Aus der US-Regierung drangen zuletzt ernüchterte Töne. "Es sieht so aus, als wollten sie überhaupt nicht denuklearisieren", sagte ein namentlich nicht genannter Regierungsmitarbeiter der Washington Post über die Absichten Nordkoreas. Demnach sind die USA besorgt, weil Pjöngjang nach der Zusicherung, sein Atomtestgelände zu zerstören, keine Inspektoren und Journalisten ins Land gelassen hat. "Die Einstellung Nordkoreas ist ziemlich weit entfernt von der Darstellung Moons", sagte der Regierungsmitarbeiter. Es sehe so aus, dass Pjöngjang Dinge verspreche, die es nicht einzuhalten gedenke.

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SZ vom 23.05.2018/jsa
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