Süddeutsche Zeitung

Washington:Supreme Court weist Trumps Antrag ab

Im Streit um die in seiner Villa in Florida beschlagnahmten Geheimakten erleidet der Ex-Präsident eine Niederlage. Außerdem muss er bald vor dem Untersuchungsausschuss aussagen, der den Sturm auf das Kapitol untersucht.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat im Streit über die Auswertung bei ihm beschlagnahmter Geheimunterlagen den nächsten juristischen Rückschlag erlitten. Das Oberste Gericht wies einen Eilantrag des Ex-Präsidenten ab, etwa 100 geheime Dokumente erst von einem Sonderprüfer untersuchen zu lassen, bevor sie von Ermittlern verwendet werden könnten.

Anfang August hatte die Bundespolizei FBI Trumps Villa im US-Bundesstaat Florida durchsucht. Das FBI beschlagnahmte diverse Verschlusssachen, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Unter den - dem FBI zufolge - Tausenden Unterlagen waren ungefähr 100 als geheim gekennzeichnete Dokumente. Dadurch, dass er die Unterlagen nach seinem Ausscheiden aus dem Amt in seinem Privathaus aufbewahrte, könnte sich Trump strafbar gemacht haben. Ein juristisches Gezerre durch die Instanzen war die Folge.

Trumps Team konnte zwischenzeitlich mit der Einsetzung eines neutralen Prüfers für die Unterlagen einen Erfolg erziehen. Seine Aufgabe ist, Dokumente herauszufiltern, die unter das Anwaltsgeheimnis fallen. Das Justizministerium konnte sich allerdings in einem wichtigen Punkt vor einem Berufungsgericht durchsetzen, das die rund 100 als geheim gekennzeichneten Dokumente von der Prüfung ausnahm. Damit konnten sie für die Ermittlungen gegen Trump genutzt werden. Das Justizministerium zeigte sich besorgt, weil bei der Durchsuchung auch Dutzende leere Ordner mit Geheimvermerk gefunden wurden - und unklar sei, was für Dokumente in ihnen gewesen seien und wo sie sich derzeit befänden.

Trumps Anwälte argumentierten vor dem Supreme Court, dass der 76-Jährige in seiner Zeit als Präsident uneingeschränkte Befugnis gehabt habe, die Geheimeinstufung bei Unterlagen aufzuheben. Daher lasse sich nicht allein durch Markierungen bestimmen, ob ein Dokument noch als Verschlusssache gelte oder Trump es freigegeben habe. Deshalb müsse der Sonderermittler Zugriff bekommen, um in Zweifelsfällen eingreifen zu können.

Trump selbst sagte jüngst in einem Interview, seine Überzeugung sei gewesen, dass ein Präsident die Geheimhaltung von Unterlagen mit einem Wort aufheben könne, "oder nur, wenn man daran denkt". Experten betonten, dass es dafür feste Verfahren gebe. Auch ist umstritten, ob Trump als Ex-Präsident noch ein Anrecht auf den Schutz seiner Unterlagen genießt, der üblicherweise dem amtierenden Staatschef vorbehalten bleibt. Und zumindest einige der Unterlagen scheinen so sensibel mit Blick auf die nationale Sicherheit zu sein, dass es egal wäre, ob sie als geheim gelten, da sie generell unter besonderem Schutz aufbewahrt werden müssten.

Der Supreme Court gab keine Erklärung dazu ab, warum er den Antrag abgelehnt hat oder ob alle neun Richter einer Meinung waren. In Trumps Amtszeit waren drei Richter am Supreme Court berufen worden - und konservative Juristen haben im Obersten US-Gericht nun eine klare Mehrheit von sechs zu drei Stimmen. Trump hatte sich in der Vergangenheit bereits enttäuscht gezeigt, dass der Supreme Court sich nicht mit seinen falschen Behauptungen über massiven Betrug bei der von ihm verlorenen Präsidentenwahl 2020 befassen wollte.

Trump wird vorgeladen

Ärger hat Trump auch in anderer Hinsicht: Der Untersuchungsausschuss zum Angriff auf das US-Kapitol hat den Ex-Präsidenten vorgeladen. Das ist eine bemerkenswerte Eskalation der Untersuchungen. Zuvor versuchte der Kongressausschuss, Trump mit neuen Beweismitteln stärker für die Attacke verantwortlich zu machen.

Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam das Kapitol gestürmt, wo der Kongress zusammengekommen war, um Joe Bidens Wahlsieg zu bestätigen. Fünf Menschen kamen infolge der Krawallen ums Leben. Sie ereignete sich direkt nach einem Auftritt Trumps, bei dem der damalige US-Präsident seine Anhänger mit falschen Behauptungen aufgewiegelt hatte, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei.

"Wir sind verpflichtet, Antworten direkt von dem Mann einzufordern, der das alles in Gang gesetzt hat", mit diesen Worten begründete die republikanische Abgeordnete Liz Cheney die Vorladung.

In einer ersten Reaktion äußerte sich Trump nicht dazu, wie er vorgehen wolle, sondern kritisierte lediglich den Zeitpunkt für die Vorladung. Warum habe ihn der Ausschuss nicht schon vor Monaten um eine Aussage gebeten, sondern bis zum Schluss damit gewartet, fragte er in einem Beitrag in seinem hauseigenen Online-Netzwerk Truth Social. Zugleich wiederholte er seine von vielen Gerichten widerlegten Behauptungen über "massive Fälschungen" bei der Präsidentenwahl - diese seien "der Grund dafür, was am 6. Januar passierte".

Wenn Trump der Vorladung für eine Aussage unter Eid nicht folgt, könnte das Repräsentantenhaus ihn wegen Missachtung des Kongresses beim Justizministerium anzeigen. Trumps ehemaliger Berater Steve Bannon zum Beispiel wurde deswegen bereits verurteilt. Allerdings wird die Zeit knapp. Am 8. November wird ein neues Repräsentantenhaus gewählt. Bis zum Jahresende - bevor im Januar das neu gewählte Repräsentantenhaus seine Arbeit aufnimmt - muss der Ausschuss seine Arbeit abgeschlossen haben. Auch wenn Trump der Vorladung folgen sollte, kann er die Aussage verweigern.

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