Sturm auf das Kapitol:US-Ausschuss empfiehlt strafrechtliche Verfolgung Trumps

Sturm auf das Kapitol: Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol belastet den ehemaligen Präsidenten Trump schwer - der bezeichnet die Vorwürfe als politische Verfolgung.

Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol belastet den ehemaligen Präsidenten Trump schwer - der bezeichnet die Vorwürfe als politische Verfolgung.

(Foto: Rebecca Blackwell/AP)

Der Sturm aufs Kapitol in den USA am 6. Januar 2021: fünf Menschen starben, das Land drohte, ins Chaos zu stürzen. Der Untersuchungsausschuss sieht die Schuld klar beim damaligen Präsidenten. Kommt es nun zur Anklage?

Es ist ein beispielloser Schritt im politischen Washington: Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol empfiehlt dem US-Justizministerium strafrechtliche Ermittlungen gegen Ex-Präsident Donald Trump und Vertraute. Der von Demokraten geleitete Ausschuss im Repräsentantenhaus stimmte in seiner vermutlich letzten Sitzung einstimmig dafür, die Anklagepunkte "Behinderung eines offiziellen Kongress-Verfahrens", "Verschwörung zum Betrug an den USA" und "Aufruhr" an das Justizministerium zu übermitteln.

Der Ausschuss hatte zu Beginn seiner öffentlichen Anhörung die schweren Vorwürfe gegen Donald Trump erneuert. "Noch nie hat ein Präsident der Vereinigten Staaten einen gewaltsamen Versuch unternommen, die Machtübergabe zu blockieren", sagte der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson zu Beginn der Sitzung des Gremiums in Washington. Trump habe gewusst, dass er die Präsidentschaftswahl 2020 verloren habe. "Am Ende rief er einen Mob nach Washington", so der Demokrat Thompson weiter. Dafür müsse Verantwortung übernommen werden, die es nur im Strafrechtssystem geben könne.

In den vergangenen fast 18 Monaten hatte der Ausschuss untersucht, wie es zum Sturm von Anhängern Trumps auf den Sitz des Kongresses am 6. Januar 2021 gekommen war. Dort sollte damals die Wahlniederlage des Republikaners beglaubigt, beziehungsweise Joe Bidens Wahlsieg bestätigt werden. Eine von Trump aufgestachelte Menge drang gewaltsam in das Gebäude ein, in der Folge starben fünf Menschen.

"Er ist für kein Amt geeignet"

Liz Cheney, die Vize-Vorsitzende des Ausschusses zur Untersuchung der Attacke auf das Kapitol, hält Donald Trump für kein politisches Amt mehr geeignet. "Ein Mann, der sich zu so einem Zeitpunkt so verhält, darf nie wieder ein Amt in unserer Nation bekleiden, er ist für kein Amt geeignet", sagte die Republikanerin.

"Der 6. Januar 2021 war das erste Mal, dass ein amerikanischer Präsident seine verfassungsmäßige Pflicht zur friedlichen Machtübergabe an den nächsten verweigerte", sagte Cheney. Trump habe die gewaltsamen Ausschreitungen vom Oval Office aus im Fernsehen verfolgt und stundenlang keine öffentliche Erklärung abgegeben, obwohl ihn seine Mitarbeiter, Mitglieder seiner Familie und Anwälte darum gebeten hätten.

"Der Ausschuss ist der Ansicht, dass es mehr als genügend Beweise für eine strafrechtliche Verurteilung des ehemaligen Präsidenten Trump gibt, weil er denjenigen im Kapitol, die einen gewaltsamen Angriff auf die Vereinigten Staaten verübt haben, geholfen oder sie unterstützt und ermuntert hat", sagte Ausschussmitglied und US-Demokrat Jamie Raskin. Man habe eindeutige Beweise hervorgebracht, dass Trump die Absicht hatte, den friedlichen Übergang der Macht gemäß der Verfassung zu stören.

Der eingesetzte Untersuchungsausschuss ist letztlich ein zahnloser Tiger, da er keine strafrechtlichen Befugnisse hat. Aber das Gremium inszenierte die öffentlichen Anhörungen als TV-Spektakel - das dürfte bei etlichen Menschen einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Trump wetterte von Anfang an gegen das Gremium und sprach ihm die Legitimität ab. Im November hatte der Ex-Präsident erklärt, für die Republikaner noch einmal als Kandidat für das Weiße Haus antreten zu wollen. Auch vor diesem Hintergrund bezeichnet er jegliche Vorwürfe gegen ihn als politische Verfolgung.

Zeugen belasten Trump schwer

Im Lauf der Untersuchungen wurde der 76-jährige Trump von Zeuginnen und Zeugen schwer belastet. Dazu zählten etwa Trumps ehemaliger Justizminister William Barr oder Angestellte des Weißen Hauses. Als besonders spektakuläre Überraschungszeugin gilt Cassidy Hutchinson, eine ehemalige Mitarbeiterin im Weißen Haus. Sie warf Trump im Sommer vor, sich vorab über mögliche Gewalt am 6. Januar 2021 im Klaren gewesen zu sein. Er habe gewusst, dass ein Teil der Demonstranten bewaffnet sein würde.

Sturm auf das Kapitol: Am 6. Januar 2021 drangen zahlreiche Trump-Anhänger in das US-Kapitol ein.

Am 6. Januar 2021 drangen zahlreiche Trump-Anhänger in das US-Kapitol ein.

(Foto: Roberto Schmidt/AFP)

Eine besondere Rolle während der Anhörungen spielte auch die Republikanerin Liz Cheney. Sie ist nur eine von zwei Republikanern in dem Gremium. Die erzkonservative Abgeordnete stand lange hinter Trumps Politik, brach aber nach dem Angriff aufs Kapitol mit ihm. Dafür wurde sie von ihrer Partei geschasst. Cheney hat Trump seither immer wieder scharf attackiert.

"Wir haben über 1000 Zeugen befragt, wir haben so ziemlich jeden befragt, den Sie sich vorstellen können, der sich äußern wollte, und haben somit eine Million Beweise", sagte der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson. Und: "Wir werden alle Beweise, die wir aufgedeckt haben, vorlegen", so Thompson. Es sei wichtig, dass das Justizministerium die zusammengetragenen Informationen ansehe.

Sollte Trump also wegen Aufruhrs verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt mehr ausüben

Da die Empfehlung des Ausschusses jedoch nicht bindend ist, entscheidet das Justizministerium nun selbst, ob es gegen den Republikaner strafrechtlich vorgeht. Offen ist, wann eine solche Entscheidung kommt. Vorgeworfen werden Trump auch Behinderung eines öffentlichen Verfahrens, Verschwörung gegen die US-Regierung und Falschbehauptung gegenüber dem Staat.

Die Abstimmung des Gremiums ist ein Signal, könnte den Entscheidungsprozess beeinflussen und letztlich zu einer Anklage führen. Das Justizministerium muss nun prüfen, ob es genügend Beweise für die weiteren Schritte gegen den Republikaner hat. Der seltene Straftatbestand der Aufruhr ist der schwerwiegendste. Er ist dem US-Gesetz zufolge erfüllt, wenn zum Aufstand gegen die Autorität des Staates oder der Gesetze angestiftet oder sich daran beteiligt wird. Dies wird mit einer Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zehn Jahren oder mit beidem bestraft. Sollte Trump also wegen Aufruhrs verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt mehr ausüben.

Unabhängig vom Sturm auf das Kapitol ist der Ex-Präsident derzeit in diverse rechtliche Auseinandersetzungen verwickelt. Es laufen etwa Untersuchungen gegen ihn wegen der Mitnahme geheimer Regierungsdokumente in sein privates Anwesen nach dem Abschied aus dem Weißen Haus. Trump könnte sich damit strafbar gemacht haben. Diese Ermittlungen liegen in der Hand eines Sonderermittlers.

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