Süddeutsche Zeitung

Konflikt zwischen Iran und USA:Trump: Kein Angriff auf Iran wegen befürchteter Todesopfer

  • Iran hat eine unbemannte US-Drohne abgeschossen.
  • Die iranischen Revolutionsgarden berichten, sie hätten ein weiteres amerikanisches Flugzeug abschießen können. Dort waren 35 Menschen an Bord.
  • US-Präsident Trump hatte zunächst die Erlaubnis zu Vergeltungs-Luftschlägen gegeben, diese dann aber wieder zurückgezogen - angeblich wegen befürchteter Todesopfer.

US-Präsident Donald Trump hat einen militärischen Angriff auf Ziele in Iran wegen der hohen Zahl möglicher Todesopfer abgesagt - das behauptet er zumindest in einem Tweet. Das Militär sei bereit gewesen zuzuschlagen, die 150 erwarteten Toten seien ihm aber im Vergleich zum Abschuss einer unbemannten Drohne unverhältnismäßig erschienen, schrieb Trump auf Twitter.

Zuvor hatte sich der Konflikt zwischen Iran und den Vereinigten Staaten von Amerika wegen der Drohne noch einmal zugespitzt.

Die iranischen Revolutionsgarden hätten nach eigenen Angaben neben der US-Drohne auch ein amerikanisches Flugzeug mit 35 Menschen an Board abschießen können. Es habe sich in derselben Region wie der Flugkörper aufgehalten, zitierte die Nachrichtenagentur Tasnim den Leiter der Luft- und Raumfahrtdivision der Revolutionsgarden, Amirali Hadschisadeh. "Dieses Flugzeug ist auch in unseren Luftraum eingedrungen, und wir hätten es abschießen können, aber wir haben es nicht getan." Bei der Maschine habe es sich um eine P-8, eine Militärmaschine der US-Marine, gehandelt.

Wo der Flugkörper abgeschossen wurde, ist umstritten. Iran widersprach der US-Darstellung, wonach der Vorfall über internationalen Gewässern stattfand. Er habe sich vielmehr über iranischem Gebiet ereignet. Das US-Verteidigungsministerium veröffentlichte später eine Abbildung, die den Flugweg der Drohne zeigen und damit die Darstellung der Vereinigten Staaten untermauern soll. Trump schrieb auf Twitter: "Iran hat einen sehr großen Fehler gemacht."

Von iranischer Seite hieß es, das Land habe "unbestreitbare" Beweise, dass die US-Drohne den iranischen Luftraum verletzt habe. Offenbar geht es um wenige Kilometer. Der iranische Außenminister Mohammad Jawad Sarif schrieb auf Twitter, man werde den Fall vor die Vereinten Nationen bringen "und zeigen, dass die Vereinigten Staaten lügen". Nach Angaben des US-Zentralkommandos Centcom, das die Truppen im Nahen Osten führt, wurde die Drohne des Typs RQ-4A Global Hawk über der Straße von Hormus von einer iranischen Luftabwehrrakete getroffen.

Der Abschuss hat die Spannungen zwischen beiden Ländern massiv verschärft. US-Präsident Donald Trump hatte am Donnerstagabend nach übereinstimmenden Berichten der Nachrichtenagentur AP und der New York Times zunächst Luftschläge gegen Iran freigegeben, diese dann aber in der Nacht zum Freitag abrupt gestoppt.

Bei der Militäraktion sollte es sich demnach um eine Vergeltungsaktion für den Abschuss der unbemannten Aufklärungsdrohne handeln. Die Operation sei bereits in ihrem Anfangsstadium gewesen, als sie abgeblasen worden sei, schrieb die New York Times unter Berufung auf einen hochrangigen Regierungsbeamten, der nicht namentlich genannt werden wollte. Kampfflugzeuge seien bereits in der Luft und Schiffe in Position gewesen, es sei aber nicht geschossen worden.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hat Iran in der Nacht zu Freitag via Oman eine Vorwarnung der USA über den bevorstehenden Angriff des US-Militärs erhalten. Die Agentur beruft sich auf Insider in Teheran. Demnach habe Trump mitgeteilt, er wolle keinen Krieg sondern Gespräche. Iran habe ebenfalls via Oman geantwortet, das geistliche und staatliche Oberhaupt der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Khamenei, sei gegen jede Art von Gesprächen mit den USA.

Die Luftschläge seien für Donnerstagabend (Ortszeit Washington) geplant gewesen. Es sollten Angriffe auf ausgewählte iranische Ziele sein. Die NYT berichtete, dass es am Donnerstag heftige Diskussionen im Weißen Haus zwischen dem Präsidenten, seinen höchsten Sicherheitsberatern und den Kongressspitzen gegeben habe.

Das Blatt bezieht sich auf Informationen von mehreren hochrangigen Regierungsbeamten, die entweder an den Diskussionen teilnahmen oder darüber informiert wurden. Weder das Weiße Haus noch das Pentagon wollten die Angriffspläne in der NYT kommentierten. Es habe aber keine Bemühungen gegeben, die Veröffentlichung des Artikel zurückzuhalten, hieß es.

EU hat Treffen zum Atomabkommen angesetzt

Die Krise in Iran wurde auch am Rande des EU-Gipfels in Brüssel von den außenpolitischen Beratern besprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich besorgt geäußert. Es handele sich um eine "sehr angespannte Situation", die auf diplomatische und politische Weise gelöst werden müsse, sagte Merkel zum Abschluss des Gipfels.

Die Europäische Union wird am 28. Juni ein Treffen mit den verbliebenen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens ausrichten. Ranghohe Vertreter Deutschlands, Chinas, Frankreichs, Russlands, Großbritanniens und Irans würden dazu nach Wien kommen, teilte die EU am Donnerstag mit. Ziel sei, die weitere Umsetzung des Abkommens sicherzustellen. Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte: "Ich glaube, dass das 2015 unterzeichnete Abkommen nicht genug ist, aber es ist ein gutes Abkommen." Mit Blick auf die Spannungen zwischen den USA und Iran sagte er: "Am wichtigsten ist es, jede Form der Eskalation zu vermeiden."

Streit um abgeschossene US-Drohne

Die iranisch-amerikanische Krise hatte sich nach dem Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit Iran im vergangenen Jahr zugespitzt. Seit Monaten nehmen die Spannungen zwischen den USA und Iran zu. Erst am Montag hatte das Pentagon angekündigt, weitere 1000 Soldaten in den Nahen Osten zu schicken, um US-Truppen und Interessen der USA in der Region zu schützen. Iran hatte am Montag angekündigt, ab Donnerstag kommender Woche eine im internationalen Atomabkommen mit dem Land festgelegte Obergrenze für Vorräte mit niedrig angereichertem Uran zu überschreiten.

Wegen der erhöhten Militäraktivitäten und zunehmender politischer Spannungen hat am Donnerstag zudem die US-Luftfahrbehörde FAA ein Flugverbot über dem Persischen Golf und dem Golf von Oman verhängt. Flüge in der von Teheran verantworteten Flugzone seien bis auf Weiteres nicht mehr erlaubt, teilte die FAA via Twitter mit. Die Order gilt für alle in den USA angemeldeten Fluggesellschaften. Die FAA hatte kommerzielle Fluggesellschaften bereits im Mai gewarnt, ihre Maschinen könnten von Teheran für Militärflugzeuge gehalten werden. Das Unternehmen OPSGROUP, das globalen Airlines Richtlinien bietet, warnte ebenfalls: "Die Bedrohung des Abschusses eines zivilen Flugzeugs im südlichen Iran ist real." Teheran reagierte zunächst nicht auf die Ankündigung.

Zahlreiche internationale Fluggesellschaften kündigten an, Teile Irans nicht mehr überfliegen zu wollen. Auch die Lufthansa umfliegt wegen der steigenden Spannungen zwischen Iran und den USA die Straße von Hormus. Einem Sprecher zufolge gelte die Änderung der Flugrouten bereits seit Donnerstag. Der Bereich, den die Maschinen der Lufthansa meiden sollen, sei nun erweitert worden, fügte er hinzu. Von den Änderungen sei aber nicht das gesamte Land betroffen. Die Lufthansa fliege die Hauptstadt Teheran weiter an.

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