Süddeutsche Zeitung

Konflikte mit Iran und Irak:Trump im Droh-Modus

  • US-Präsident Trump erneuert seine Drohung, bei einer iranischen Racheaktion nach der Tötung des Generals Soleimani auch kulturell wichtige Ziele in Iran angreifen zu wollen.
  • Trump droht nun auch einem Verbündeten: Sollte Irak die US-Truppen aus dem Land werfen, müsse das Land Milliarden Dollar an die USA zurückzahlen.
  • Andernfalls müsse sich das Land auf Sanktionen gefasst machen, gegen die die Iran-Sanktionen "harmlos" erscheinen würden.
  • Europäische Regierungen rufen unterdessen zu Deeskalation auf.

Nach Iran sieht sich nun auch Irak mit massiven Drohungen von US-Präsident Donald Trump konfrontiert: Sollte die Regierung in Bagdad die etwa 5000 US-Soldaten des Landes verweisen, droht Trump dem bisherigen US-Verbündeten mit Sanktionen "wie nie zuvor". Irak müsse die US-Bedingungen für einen Abzug erfüllen, forderte Trump mitreisenden Journalisten zufolge am Sonntagabend (Ortszeit) während des Rückflugs aus dem Bundesstaat Florida nach Washington in seinem Regierungsflugzeug Air Force One.

Die Regierung in Bagdad müsse die Kosten für bestimmte von den USA in Irak gebaute Infrastruktur zurückerstatten, darunter ein moderner Luftwaffenstützpunkt, der Milliarden US-Dollar gekostet habe. "Wir ziehen nicht ab, es sei denn, sie erstatten uns das", sagte Trump den Angaben zufolge. Sollte es keine einvernehmliche Lösung geben, müsse zu Sanktionen gegriffen werden, sagte er demnach weiter. "Im Vergleich dazu werden die Iran-Sanktionen einigermaßen harmlos erscheinen", soll er den mitreisenden Journalisten zufolge gesagt haben.

Das irakische Parlament hatte am Sonntag die Regierung aufgefordert, alle ausländischen Truppen aus dem Land zu verweisen. Zudem sollen ausländische Streitkräfte künftig auch den irakischen Luftraum nicht mehr nutzen dürfen. Die USA haben derzeit vor allem für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat rund 5000 US-Soldaten im Irak stationiert. Der Beschluss des Parlaments war von dem US-Luftangriff auf den iranischen Top-General Qassim Soleimani in der Nacht zum Freitag ausgelöst worden.

Trump: "So funktioniert das nicht"

Unklar ist bislang, ob sämtliche Soldaten der von den USA geführten internationalen Koalition zur Bekämpfung der Terrormiliz Islamischer Staat abziehen müssen. Der Beschluss des Parlaments lässt der Regierung Spielraum, um eine Zahl an ausländischen Militärausbildern und Spezialisten im Land zu lassen.

Das US-geführte Militärbündnis erklärte am Sonntag, die Truppen würden sich angesichts der angespannten Situation auf den Schutz ihrer Stützpunkte konzentrieren. Die Unterstützung der Partner im Kampf gegen den IS werde bis auf Weiteres ausgesetzt.

Nur wenige Tage nach der von Trump angeordneten Tötung Soleimanis überschlagen sich die Ereignisse im Nahen Osten damit weiter - es droht eine militärische Eskalation. Denn noch trauern im Iran Hunderttausende bei Prozessionen um Soleimani, aber Teheran hat Rache geschworen und dürfte wohl bald handeln. Den USA stünden nach den Worten von Soleimanis Tochter ein schwarzer Tag bevor. "Verrückter Trump, denke nicht, dass mit dem Märtyrertod meines Vaters alles vorbei ist", sagt sie bei den Trauerfeierlichkeiten.

Für diesen Fall hat Trump der Islamischen Republik harte Vergeltungsschläge in Aussicht gestellt. Iran foltere und töte Amerikaner, "und wir sollen ihre Kulturstätten nicht anrühren dürfen? So funktioniert das nicht", sagte Trump den in der Air Force One mitreisenden Journalisten zufolge. Wenn Iran US-Ziele angreife, werde es "massive Vergeltung geben".

Trumps Außenminister Pompeo hatte in einem Interview mit CNN noch versucht, die Aussagen des Präsidenten zu Angriffen auf kulturell bedeutsame Ziele teilweise zu entkräften. Eine US-Reaktion werde in Einklang mit internationalen Gesetzen stehen, so Pompeo gegenüber CNN.

Europäer rufen zu Deeskalation auf

Trump hatte am Samstagabend (Ortszeit) mit Angriffen auf Dutzende iranische Ziele gedroht, darunter kulturell bedeutende Orte. Die unverblümte Drohung des Republikaners sorgte im In- und Ausland für Entrüstung. Kritiker warfen ihm die Planung von Kriegsverbrechen vor, weil Angriffe auf zivile Kulturstätten völkerrechtlich verboten sind. Die "feindseligen und bedrohlichen" Aussagen Trumps seien "absolut inakzeptabel und verstoßen gegen internationale Gesetze", hatte der iranische Vizeaußenminister Abbas Araghchi dazu gesagt.

Die Europäer fordern von allen Seiten Zurückhaltung und wollen auf Diplomatie setzen. Deutschland, Großbritannien und Frankreich forderten alle Seiten zu "äußerster Zurückhaltung" auf. "Es kommt nunmehr entscheidend darauf an zu deeskalieren", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Boris Johnson, die das Bundespresseamt am Sonntagabend veröffentlichte.

Bundesaußenminister Heiko Maas bezeichnete die Haltung der USA als "nicht sehr hilfreich" bezeichnet. Es gelte, den Irak mit Argumenten zu überzeugen und nicht mit Drohungen, sagt der SPD-Politiker im Deutschlandfunk.

"Die aktuelle Spirale der Gewalt in Irak muss beendet werden." Angesichts der wachsenden Spannung setzte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg für Montag kurzfristig eine "dringende" Sitzung des Nordatlantikrats an.

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