Donald Trump:So gefährlich ist das Impeachment für die Demokraten

Die Demokraten mögen moralisch den richtigen Schritt gemacht haben. Politisch hat sie ihr Impeachment bisher kein Stück weitergebracht.

Analyse von Thorsten Denkler, New York

US-Präsident Donald Trump ist impeached. Das Repräsentantenhaus hat am Mittwoch nach ermüdenden acht Stunden Debatte die beiden Anklagepunkte gegen Trump beschlossen. Trump ist damit angeklagt, sein Amt missbraucht und die Arbeit des Kongresses behindert zu haben. Wie zu erwarten war, verliefen die Abstimmungen im Großen und Ganzen entlang der Parteilinien. Wobei die Republikaner geschlossen dagegen gestimmt haben, eine Handvoll Demokraten sich aber enthalten oder mit den Republikanern gestimmt hat.

Das ist erst mal ein historisches Ereignis. Trump ist nach Andrew Johnson und Bill Clinton erst der dritte Präsident der Vereinigten Staaten, gegen den das Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren beschließt. Viel mehr wird daraus aber vermutlich nicht werden. Von Januar an soll der Senat das Impeachment aufnehmen. Es ist kein Geheimnis, das dort die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Amtsenthebung des Präsidenten höchstwahrscheinlich nicht zustande kommen wird. Wäre dieses Impeachment ein Hollywood-Streifen, dann dürfte er es schwer haben an den Kinokassen: kein Happy-End aus Sicht der Demokraten, der Bösewicht kann weitermachen. Das will keiner sehen.

Kein Happy-End für die Demokraten

Die Demokraten haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das Impeachment ihnen nützen wird. Sie glauben, dass die Sehnsucht, Trump aus dem Amt zu bekommen, unter ihren Anhängern, unter Unabhängigen und unter aufrechten Republikanern noch wachsen könnte, wenn die Anklage im Senat verworfen wird.

Das klingt nach einem Wunschtraum. Trumps Umfragewerte sind seit einem Jahr relativ stabil. 40 bis 42 Prozent der US-Bürger stehen hinter ihm. 51 bis 53 Prozent lehnen ihn ab. Daran hat bislang kein Skandal etwas ändern können - auch nicht das Impeachment-Verfahren. Anders gesagt: Wer Trump bisher schon für einen tollen Präsidenten gehalten hat, den wird auch das Impeachment nicht umstimmen. Und wer bereits Trump-Gegner war, den dürfte auch das Impeachment nicht dazu gebracht haben, noch schlechter über Trump zu urteilen.

Die Demokraten sprechen von einer moralischen Verantwortung, Trump nicht alles durchgehen zu lassen. Und als er im Sommer den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij in einem Telefonat aufforderte, Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden anzustrengen, da sei das Maß eben voll gewesen.

Moralisch top, politisch flop?

Das mag moralisch der richtige Schritt sein. Politisch aber konnten die Demokraten bisher kaum Gewinn daraus ziehen. Das erklärt wohl auch die Eile, mit der die Demokraten das Impeachment hinter sich bringen wollen, bevor ab Februar die Vorwahlen beginnen. Das bringt aber Probleme mit sich: Wichtige Zeugen wurden nicht gehört, weil die Demokraten nicht die Gerichtsverfahren abwarten wollten, in denen entschieden werden soll, ob hochrangige Mitarbeiter der US-Regierung den Vorladungen der Ausschüsse des Repräsentantenhauses folgen müssen. Sie hätten auch warten können, bis Gerichte über Trumps Weigerung entschieden haben, mit dem Kongress zusammenzuarbeiten. Stattdessen werten die Demokraten diese Weigerung jetzt einfach als amtsenthebungswürdige Handlung. Moralisch überlegen ist das nicht.

Aber die Demokraten scheinen zu ahnen: Je länger das Verfahren dauert, desto mehr könnte es zu einem Boomerang für sie werden. Die ohnehin nicht gerade überwältigende Unterstützung für das Impeachment in der Bevölkerung nimmt mit jedem weiteren Tag ab. Anfang Oktober hatten noch knapp über 50 Prozent das Impeachment unterstützt. Jetzt sind es nur noch 47,2 Prozent.

Das Impeachment scheint zudem den wahlkämpfenden Präsidentschaftsbewerbern der Demokraten zu schaden. Eine von den Republikanern vor Beginn der Impeachment-Ermittlungen in Auftrag gegebene Umfrage ergab, dass Trump den wichtigsten demokratischen Präsidentschaftskandidaten hinterherläuft. In einer zweiten Umfrage kurz vor Abschluss der Impeachment-Ermittlungen liegt Trump vor allen demokratischen Herausforderern. Das sagt noch nichts über Wahlchancen aus, es zeigt aber, dass das Impeachment im Moment eher Trump in die Hände spielt als den Demokraten.

Wird das Impeachment zum Boomerang?

Am Ende des Verfahrens könnte sich Trump gar noch als großen Sieger feiern. Zwei Bedingungen müssten dafür erfüllt sein: Die Republikaner stellen sich im Senat geschlossen gegen eine Amtsenthebung. Und ein paar demokratische Senatoren aus konservativen Bundesstaaten plädieren auf "nicht schuldig", um ihre Wahlchancen für 2020 zu sichern. Die Republikaner sind sich einig, die Demokraten sind zerstritten. Das macht keinen guten Eindruck. Zumal Nancy Pelosi, die mächtige demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, noch im März gesagt hatte, sie sei gegen ein Impeachment, solange es nicht von einer breiten, überparteilichen Mehrheit getragen werde. Nun, die Demokraten haben es im Kongress alleine durchziehen müssen.

Im Senat wird es kaum anders sein. Zwar sind nicht alle republikanischen Senatoren Trump-Fans. Mindestens drei Senatoren gelten als regelrecht Trump-kritisch. Darunter der frühere Präsidentschaftskandidat Mitt Romney. Aber Trumps Verhalten zu kritisieren ist das eine, einen Präsidenten seines Amts zu entheben, ist etwas völlig anderes. Einer gemäßigten Wählerschaft ließe sich gut erklären, wenn ihr Senator da nicht mitmacht.

Ein Impeachment ist ein Makel, der ewig an einem Präsidenten haften bleibt. Das gilt auch für Trump. Dennoch gibt es keinen Grund für ihn, unglücklich darüber zu sein. Seine Wählerschaft ist völlig unbeeindruckt. Die Republikaner stehen in seltener Geschlossenheit hinter ihm. Ein demokratischer Abgeordneter ist wegen des Impeachments sogar zu den Republikanern übergelaufen.

Trump hat gerade in den vergangenen Impeachment-Wochen ein paar unbestreitbare Erfolge vorzuweisen. Das überarbeitete Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko ist unter Dach und Fach, der Handelsstreit mit China steht womöglich kurz vor dem Ende, die Arbeitsmarktdaten sind so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das ist nicht alles: In den Budget-Verhandlungen haben die Demokraten zugestimmt, Trumps Idee einer "Space Force" mit genug Geld auszustatten, sodass das Projekt jetzt ernsthaft starten kann. Noch dazu haben die Demokraten auf Restriktionen verzichtet, die Trump verboten hätten, Geld aus dem Haushalt zugunsten seiner Mauer zu Mexiko zu verschieben.

Weihnachten kann also kommen für Donald Trump. Das Impeachment dürfte ihm die Stimmung jedenfalls nicht vermiesen.

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