Jeff Van Drew:Dieser Demokrat läuft zu Trump über

US-Demokrat Jeff Van Drew

"Ich habe immer wieder gehört, dass Jeff sehr smart ist" - Donald Trump über Jeff Van Drew.

(Foto: Mel Evans/dpa)
  • Weil er mit dem Impeachment-Verfahren gegen Präsident Trump nicht einverstanden ist, wechselt der demokratische Abgeordnete Jeff Van Drew zu den Republikanern.
  • Er dürfte dabei die Mehrheitsverhältnisse in seinem Wahlkreis im Blick haben, wo die Menschen 2016 Trump gewählt haben.
  • Trump würde Van Drew wohl unterstützen, sollte dieser 2020 für die Republikaner antreten.

Von Reymer Klüver

Wenn man so will, steht es jetzt 1:1 zwischen Demokraten und Republikanern. Im Sommer hatte ein Kongressabgeordneter, Justin Amash, der acht Jahre für die Republikaner im Kongress saß, seiner Partei den Rücken gekehrt. Schon damals war die Aufregung groß im politischen Washington. Er war der erste und bisher einzige Abgeordnete der Republikaner in Washington, der sich für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump aussprach. Es wurde als Zeitenwende gedeutet, als Zeichen dafür, dass die Amerikaner in der politischen Mitte und in Wahlkreisen, in denen es mal eine demokratische, mal eine republikanische Mehrheit gibt, genug von dem erratischen Mann im Weißen Haus haben.

Nun aber, kurz bevor die Demokraten im Repräsentantenhaus das Impeachment-Verfahren gegen eben diesen Präsidenten anstrengen werden, verlässt ein Demokrat aus New Jersey seine Partei. Jeff Van Drew läuft ins Trump-Lager über. Bei einem Treffen mit dem Präsidenten im Weißen Haus machte er seinen Wechsel öffentlich. Die Erregung, zumindest im politischen Washington, kannte kaum noch Grenzen. Republikaner feixten, Demokraten schworen Rache - bei der Kongresswahl im kommenden Herbst.

Auch für den bisherigen Demokraten Van Drew ist das Impeachment der Grund für den Seitenwechsel. Er gehörte schon lange zu den Skeptikern in seiner Partei, die an der Weisheit des Entschlusses zweifeln, ein Verfahren gegen Trump anzustrengen. Und er machte aus seiner Meinung keinen Hehl. Bei Fox News, dem Lieblingssender des Präsidenten, prophezeite er bereits vor Wochen, dass Trump den Prozess, selbst wenn es zur Anklage komme, unbeschadet überstehen werde.

Van Drews Wahlkreis gilt als konservativ

Dabei genüge nur ein Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im Senat. Den kontrollieren die Republikaner. Die Demokraten sind weit von der für eine Amtsenthebung nötigen Zweidrittel-Mehrheit entfernt. "Am Ende wird er weiter der Präsident der Vereinigten Staaten sein, und er wird der Kandidat der Republikaner bei den Wahlen sein", sagte Van Drew. "Warum lassen wir nicht das Volk bei der Wahl über die Amtsenthebung entscheiden, so wie es üblich ist?"

Van Drew dürfte bei seiner Entscheidung zum Seitenwechsel allerdings ebenfalls die Mehrheitsverhältnisse im Blick gehabt haben - und zwar die in seinem Wahlkreis. Der erstreckt sich in den eher kleinstädtischen und ländlichen Gebieten im Süden des Bundesstaates New Jersey von der Atlantikküste bis zur Grenze nach Pennsylvania. Er gilt als eher konservativ und war, ehe ihn Van Drew für die Demokraten holte, fast ein Vierteljahrhundert in der Hand der Republikaner. Das Impeachment, so populär es in den demokratisch dominierten Großstädten und Vororten Amerikas sein mag, ist in solchen Distrikten nicht unbedingt ein Wahlschlager. Van Drew hat diese Stimmung genau gespürt - und seine persönlichen Konsequenzen gezogen.

Dafür ist ihm - zumindest im Augenblick - der Dank des Weißen Hauses sicher. Trump lobte ihn auf Twitter: "Ich habe immer wieder gehört, dass Jeff sehr smart ist." Mitarbeiter des Präsidenten signalisierten, dass Trump Van Drew unterstützen wolle, würde er im kommenden Herbst für die Republikaner antreten. Auch deren Anführer im Repräsentantenhaus (wo die Demokraten eine deutliche Mehrheit haben), Kevin McCarthy, empfing den Überläufer mit offenen Armen: "Er ist willkommen in der Republikanischen Partei und in der Fraktion", sagte er im Fernsehen.

"Wiesel", "Verräter" - Die Konkurrenz ist nicht erfreut

In Van Drews Wahlkreis sieht das ein bisschen anders aus. Dort finden weder die Republikaner noch die Demokraten den Entschluss Van Drews gut - Impeachment hin oder her. Der bisher aussichtsreichste Bewerber aufseiten der Republikaner in Van Drews Wahlkreis beschimpfte seinen Konkurrenten als "Wiesel". Van Drew dürfte ihn die Kandidatur kosten. Und seine potenzielle demokratische Herausforderin, eine Politik-Professorin, nannte Van Drew sogar einen "Verräter". Der politische Seitenwechsel sei "bezeichnend für den Zynismus in unserem Land".

Den Wechsel Amashs wiederum, der zwar die Republikaner verlassen hat, aber nun als Unabhängiger im Kongress sitzt, wollen zumindest einige jüngere Demokraten im Kongress belohnen. Sie riefen ihre Fraktionschefin Nancy Pelosi auf, Amash zu einem sogenannten "Impeachment manager" zu machen, also einen der Abgeordneten, die im Namen der Demokraten im Amtsenthebungsverfahren Anfang kommenden Jahres im Senat die Anklage gegen den Präsidenten vertreten.

Dafür hatte sich Amash erst am Wochenende wieder empfohlen. Er griff den republikanischen Senator Lindsey Graham scharf an, der in einem Interview gesagt hatte, er werde in dem Verfahren gar nicht erst versuchen, fair zu urteilen, sondern Trump freisprechen. "Senator Graham", wetterte Amash, habe sich entschlossen, "seinen Eid auf die Verfassung zu verletzen".

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