Trumps Tiraden:Drohungen und Duschköpfe

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„Kanada und die Vereinigten Staaten, das wäre wirklich eine tolle Sache“: Donald Trump während seiner Pressekonferenz in Mar-a-Lago. (Foto: SCOTT OLSON/Getty Images via AFP)

Kanada als 51. US-Bundesstaat oder Wale, die wegen Windrädern stranden – Donald Trump meldet sich mit einem bizarr anmutenden Auftritt zurück. Doch vieles hat einen durchaus ernst gemeinten Hintergrund.

Von Peter Burghardt, Washington

Von tropfenden Wasserhähnen und gestrandeten Walen an Amerikas Küsten bis zu einer Eroberung Grönlands und einer Fusion mit Kanada ist es ein recht weiter Weg. Aber nicht für Donald Trump. Am Tag nach dieser selbst für seine Verhältnisse äußerst bizarren Pressekonferenz fragen sich viele im Land und im Rest der Welt, wie ernst er meint, was er am Dienstag in seiner Residenz Mar-a-Lago so von sich gegeben hat. Als relativ sicher gilt dies: Der gewählte US-Präsident wird seine zweite Amtszeit mindestens so chaotisch gestalten wie seine erste.

Am 20. Januar geht es los, in weniger als zwei Wochen. Gefühlt hat der Maga-Republikaner das Kommando spätestens nach seinem Wahlsieg am 5. November übernommen. Vom Amtsinhaber Joe Biden ist seit Monaten nur noch wenig zu sehen und hören. Kaum ein Tag vergeht ohne bombastische Einfälle des Vorgängers und Nachfolgers, abrupte Themenwechsel sind dabei längst Routine. Aber dermaßen skurril und bisweilen verstörend für viele wie am Dienstag klang Trump selten.

Ausgerechnet am Tag von Trumps Auftritt besuchte sein Sohn Grönland

Eine gute Stunde lang dauerte der Auftritt in Mar-a-Lago an Floridas Ostküste, wo bis zu seinem Umzug deutlich mehr Betrieb herrscht als derzeit im Weißen Haus. Wenn auch nur ein bisschen von dem, was Trump sagte, erst gemeint ist, dann müssen nicht nur die Nato-Staaten ihren Haushalt komplett umschreiben. Dann gibt es bald einen Konflikt innerhalb des Bündnisses, denn Trump kann sich vorstellen, dass die USA schlicht Kanada und Grönland schlucken könnten.

Von solchen Plänen hat Trump nicht zum ersten Mal gesprochen, mit entsprechenden Reaktionen. Allerdings gehört Grönland zu Dänemark, das wiederum wie die USA Teil der westlichen Militärallianz ist. Noch dazu forderte er die Partner dazu auf, ihre Ausgaben für Verteidigung auf fünf Prozent des Bruttosozialprodukts zu erhöhen. Beim Streit ums Geld genießt Trump in der Heimat große Unterstützung, denn viele Amerikaner sind der Ansicht, dass das träge Europa seinen Schutz weitgehend von Washington garantieren lässt.

Im Falle von Grönland wird es nun gelinde gesagt schwierig. Ausgerechnet am Tag der Pressekonferenz landete das Flugzeug, auf dem groß Trump steht, auf dem Rieseneiland, darin saß Trumps Sohn Don Jr. Es handelte sich laut Auskunft des Reisenden um einen privaten Ausflug, um ein Video zu drehen. Derweil legte der Vater drunten in Palm Beach nach: „Die Leute wissen nicht einmal, ob Dänemark überhaupt ein Recht darauf hat“, behauptete Trump Sr., also ein Recht darauf, Grönland zu besitzen, „aber wenn ja, dann sollten sie es aufgeben, denn wir brauchen es für die nationale Sicherheit.“

Strategisch hat Grönland angesichts seines Umfangs, seiner Lage und seiner Ressourcen einige Bedeutung, an der Nordwestküste betreibt die US-Army einen Stützpunkt. Weil das so ist, lösen Trumps Spielereien besondere Verwirrung aus. Als sich ein Reporter erkundigte, ob er militärischen oder wirtschaftlichen Druck auf Panama und Grönland ausschließe, erwiderte Trump: „Nein.“

Eine US-Invasion, um Grönland dem Verbündeten Dänemark zu entreißen? Allein der Gedanke ist so abwegig, dass sich Beobachter bemüßigt sehen, diese Idee mit der angemessenen Dramatik zu versehen. „Wenn sich die Vereinigten Staaten dazu entschließen würden, militärische Gewalt gegen Grönland und damit auch gegen das Königreich Dänemark anzuwenden, wäre dies ein Angriff auf ein Mitglied der Nato“, zitiert die Washington Post Victoria Herrmann vom Thinktank Arctic Institute, „und ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle.“

Dem grönländischen Regierungschef Múte Egede, der Dänemarks Anspruch auf seine Insel skeptisch sieht, ist die Sache inzwischen wohl nicht mehr ganz geheuer. „Grönland gehört den Grönländern. Das möchte ich einfach wiederholen“, sagte er dem dänischen Rundfunksender DR. Das war bei seiner Ankunft am Flughafen von Kopenhagen, wo er mit dem dänischen König Frederik X. sprechen wollte. Egede hatte den Termin zunächst platzen lassen – nach Trumps Äußerungen wurde er offenbar hastig wieder anberaumt.

Auch Trumps Drohung an Panama wird jetzt in Diskussionsrunden entsetzt bis belustigt erörtert, zumal während der Trauerfeiern für Jimmy Carter. Gerade erst wurde dessen Leichnam in die Hauptstadt überführt und im Kapitol aufgebahrt – also in jenem Gebäude, das Trumps Anhänger am 6. Januar 2021 überfallen hatten. Das Staatsbegräbnis in der Kathedrale folgt am Donnerstag. Während der Ära des Demokraten Carter wurde der Vertrag über die Rückgabe des Kanals zwischen Atlantik und Pazifik 1977 geschlossen, 1999 ging die Wasserstraße wie vereinbart an Panama zurück. Auch erinnern sich manche Landsleute daran, wie US-Streitkräfte 1989 in dem mittelamerikanischen Land einfielen, um den Machthaber und Drogendealer Manuel Noriega festzunehmen.

Vage Antworten und Drohgebärden zählen von jeher zum Repertoire

Da Trump gerade in Fahrt war, teilte er dem verblüfften Publikum noch eine weitere Idee mit. „Wir werden den Namen Golf von Mexiko in Golf von Amerika ändern“, sagte er. „Was für ein wunderbarer Name, und er ist angemessen.“ Und was den Norden betrifft, so muss Kanada offenbar keinen Angriff befürchten, aber ökonomische Schikanen. Trump stellt sich Kanada als 51. US-Bundesstaat vor. „Kanada und die Vereinigten Staaten, das wäre wirklich eine tolle Sache“, findet er. „Wenn man diese künstlich gezogene Grenze loswird und sich anschaut, wie das aussieht, wäre das auch viel besser für die nationale Sicherheit.“ Doch außer Trump und engsten Verehrern kann sich das wohl kaum jemand vorstellen. „Es gibt nicht den Hauch einer Chance, dass Kanada Teil der Vereinigten Staaten wird“, schreibt der kanadische Premier Justin Trudeau auf X.

Vage Antworten mit integrierter Drohgebärde zählen von jeher zu Trumps Repertoire. Dahinter steht sein Mantra Make America Great Again. Eigentlich hatte er damit geworben, dass es in seiner ersten Amtszeit keine Kriege wie unter Biden gegeben habe und dass er im Handumdrehen den Krieg in der Ukraine beenden werde. Nun schließt er Militäreinsätze zumindest nicht aus und zeigt Verständnis für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der die Ukraine überfallen ließ.

Dem Nahen Osten wiederum versprach er die Hölle auf Erden, wenn die Hamas nicht bis zu seiner Vereidigung alle Geiseln freigelassen habe. Amerikanische Themen schienen Trump bei seinem Auftritt vergleichsweise unwichtig zu sein, obwohl es doch im Wahlkampf bevorzugt um Inflation und Immigration ging. Wobei, für ihn stehen Duschköpfe und Wasserhähne für staatliche Regulierung. „Es tropft und tropft und tropft“, sagte Trump. „Die Leute duschen einfach länger oder lassen den Geschirrspüler noch einmal laufen.“

Und nicht zu vergessen die Wale, gestrandet in Massachusetts. Laut seiner Expertise wegen der Offshore-Windräder. Diese, meint er,  „treiben die Wale offensichtlich in den Wahnsinn“.

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