Trump:Gnade den Korrupten

Donald Trump

Korruption, illegale Wahlkampffinanzierung, Falschaussagen vor Bundesermittlern? Findet Trump offenbar alles nicht so schlimm.

(Foto: AP)

Der US-Präsident kann Menschen aus dem Gefängnis holen - und damit politische Botschaften senden. Was steckt hinter Trumps Begnadigungen?

Von Thorsten Denkler, New York

US-Präsident Donald Trump hat von seinem Recht Gebrauch gemacht, einen Straftäter zu begnadigen: Am Donnerstag traf es unerwartet Dinesh D'Souza. Der konservative Filmemacher und Buchautor ist ein ausgesprochener Kritiker von Trump-Vorgänger Barack Obama. Er hat sich 2014 der illegalen Wahlkampffinanzierung schuldig bekannt. Um einer befreundeten Politikerin in ihrem Senatswahlkampf zu helfen, unterlief er die Höchstgrenze für direkte Einzelspenden, indem er zwei Mitarbeiter jeweils 10 000 Dollar an die Politikerin spenden ließ. Das Geld hat er ihnen zurückgezahlt. D'Souza musste 30 000 Dollar Strafe zahlen und bekam fünf Jahre auf Bewährung.

Trump überlegt noch, ob er auch Rod Blagojevich seine präsidiale Milde zukommen lassen soll. Der war mal Gouverneur des Bundesstaates Illinois, jetzt sitzt er wegen Korruption im Gefängnis. Die ist im politischen Geschäft nicht immer leicht nachzuweisen - anders bei Blagojevich. In 17 Fällen hat ihn eine Jury 2011 für schuldig befunden. Unter anderem hatte er ein Gesetz zur Förderung von Pferderennen nicht unterschrieben, bis ein Rennbahnbetreiber ihm 100 000 Dollar für seine Wahlkampagne überwies.

In einem anderen Fall wollte Blagojevich einen frei werdenden Senatorensessel meistbietend verkaufen. Tritt ein Senator vorzeitig zurück, nominiert der jeweilige Gouverneur einen Nachfolger seiner Wahl. Den Posten "gebe ich nicht her für Nichts", sagt er auf einem Abhörband des FBI. Und einem Kinderkrankenhaus wollte er die staatliche Unterstützung versagen, weil der Klinikleiter ihm nicht die geforderte Wahl-Spende über 50 000 Dollar überlassen wollte.

Korruption, Falschaussagen - alles nicht so schlimm?

Blagojevich, ein Demokrat, hat dafür 14 Jahre Freiheitsstrafe bekommen. Sechs Jahre hat er abgesessen und es sieht so aus, als sei Trump der Meinung, das sei mehr als genug. Er habe doch nur "ein paar dumme Sachen gesagt", findet Trump. Jede Menge anderer Politiker hätten schon viel Schlimmeres gesagt. Er hätte "nicht ins Gefängnis gesteckt werden dürfen".

Außerdem kann sich Trump vorstellen, Martha Stewart rückwirkend zu begnadigen. Die Geschäftsfrau und Fernseh-Persönlichkeit ist 2004 wegen Insiderhandels und Falschaussagen gegenüber Bundesermittlern zu fünf Monaten Haft und weiteren zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden.

Schuldig wegen illegaler Wahlkampfinanzierung, wegen Korruption, wegen Falschaussagen vor Bundesermittlern. Das lässt aufhorchen: Es handelt sich um Straftaten, in die auch Trump und seine teils windigen Freunde und Partner verwickelt sein könnten.

Gegen Trumps persönlichen Anwalt Michael Cohen etwa ermittelt das FBI gerade. Bei dessen 130 000 Euro Zahlung an die Porno-Darstellerin Stormy Daniels könnte es sich um eine verdeckte Spende an Trumps Wahlkampagne gehandelt haben. Das Geld floss kurz vor der Wahl 2016 mutmaßlich, damit Daniels nicht öffentlich behauptet, sie habe eine Affäre mit Trump gehabt. Gegen Cohen ermittelt aber ebenfalls eine New Yorker Staatsanwaltschaft - auf der Grundlage von Landesrecht. Der US-Präsident kann nur Personen begnadigen, die nach Bundesrecht verurteilt wurden.

Die Grenze zwischen Amt und Geschäft verschwimmt auch bei Trump

Auch dem Präsident wird immer wieder vorgeworfen, Amt und Geschäft nicht genügend auseinanderzuhalten. Ein Geschmäckle haben die diversen Markenrechte, die seine Tochter und Beraterin Ivanka Trump zuletzt für ihr Lifestyle-Business bewilligt bekommen hat - kurz bevor sich ihr Vater mit China auf eine Lösung für den chinesischen Technologie-Konzern ZTE einigte. Trump hatte den US-Geschäften von ZTE zuvor die Basis entzogen, indem er dem Unternehmen für sieben Jahre untersagte, US-Technik in dessen Produkte einzubauen. Es sollte eine Strafe sein, weil ZTE US-Sanktionsregeln gegen Iran, Nordkorea und andere Staaten verletzt habe.

Nicht zuletzt soll der Präsident selbst demnächst dem Sonderermittler in der Russland-Affäre gegenübertreten. Der frühere FBI-Chef Robert Mueller würde gerne von Trump persönlich hören, ob und wie tief seine Wahlkampagne mit russischen Interessen verflochten war. Und ob Trump seit Amtsantritt versucht hat, die Ermittlungen in der Sache aktiv zu behindern, etwa indem er den FBI-Chef James Comey Anfang Mai 2017 gefeuert hat.

Für einige Verbündete mag die Botschaft klar sein

Es war Trumps Anwalt Rudy Giuliani, der die Parallelen zum Fall Martha Stewart selbst hergestellt hat. Stewart wäre nicht im Gefängnis gelandet, wenn sie nicht gegenüber den Bundesermittlern Falschaussagen gemacht hätte, hat er Anfang Mai dem Sender CNN gesagt. Trumps Anwälte fürchten nun, dass sich der US-Präsident gegenüber Mueller ebenso verplappern könnte.

Mit seiner Begnadigungspolitik sendet Trump auch ein Signal an alle in seinem Umfeld aus, die in Muellers Ermittlungen verstrickt sind. Er würde nicht zögern, ihnen beizustehen, wenn sie verurteilt werden. Dass ein US-Präsident mit solchen Aktionen das Vertrauen in den Rechtsstaat unterminiert gehört zu seinem Kalkül. Seit Monaten greift er etwa das FBI an, es sei ein von Demokraten unterwanderter Club, der nur das eine Ziel habe, ihm zu schaden. Immer wieder erklärt Trump die Ermittlungen von Mueller zu einer aufgeblasenen und teuren Hexenjagd.

Martha Stewart und Trump hatten zusammen eine TV-Sendung

Manche glauben, dass Trump gar nicht verstehe, was die Leute eigentlich falsch gemacht haben. Dass Korruption und Falschaussagen wirklich illegal seien. Vielleicht ist aber alles einfacher. Trumps sagt, Stewart sei mal sein größter Fan weltweit gewesen. Zumindest war Stewart Geschäftspartnerin von Donald Trump. Sie hatte eine Fernsehshow mit dem Titel "The Apprentice: Martha Stewart", die von ihm produziert wurde. Die Gewinner der Show sollten von Trump einen Job bekommen.

Just in dieser Sendung war auch Blagojevich schon zu Gast, nach seinem Fall als Gouverneur. Anfang der Woche hat der aus dem Gefängnis ein Meinungsstück für das konservative Wall Street Journal geschrieben. Darin lamentiert er, wie unfair das FBI ihn behandelt habe und dass er im Knast sitze, weil er seinen Job gemacht habe. Ein Text ganz nach Trumps Geschmack.

Dinesh D'Souza hat er wohl nicht persönlich gekannt. Aber dessen Obama-kritisches Werk dürfte ihm vertraut sein. Am Ende könnte es also doch nur Verbundenheit und persönliche Neigung sein, die Trump jetzt überlegen lässt, die eine zu begnadigen und die Haft des anderen zu verkürzen.

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