Donald Trump hat vor einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu an diesem Montag erneut Hoffnungen auf ein Ende des Kriegs im Gazastreifen geweckt. Der US-Präsident hatte bereits vergangene Woche am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York bei einem Treffen mit Vertretern arabischer Staaten ein neues Friedensabkommen ins Spiel gebracht. Dieses sieht Medienberichten zufolge eine Waffenruhe und die sofortige Übergabe aller lebenden und toten 48 Geiseln vor, die vor knapp zwei Jahren beim Massaker am 7. Oktober 2023 aus Israel verschleppt worden waren. Im Gegenzug soll Israel demnach Hunderte palästinensische Gefangene freilassen sowie schrittweise seine Armee aus dem Küstenstreifen zurückziehen.
Die islamistische Palästinenserorganisation Hamas soll dem Plan zufolge künftig keine politische oder militärische Rolle in Gaza spielen. Ihre Mitglieder sollen sich entweder zu einer „friedlichen Koexistenz“ mit Israel verpflichten, wie die Times of Israel berichtet, oder Gaza verlassen. Die politische Verantwortung würde dann eine Übergangsregierung tragen, die unter internationaler Aufsicht stehen soll. Wie es heißt, könnte der ehemalige britische Premierminister Tony Blair die Leitung dieser Aufsicht übernehmen. Das Konstrukt sei zunächst für fünf Jahre geplant.
Die Übergangsregierung würde sich aus palästinensischen Technokraten zusammensetzen und die Versorgung der Bevölkerung in Gaza organisieren. Zugleich würde die Finanzierung eines Wiederaufbaus des weitgehend zerstörten Küstenstreifens mit Vertretern der USA, der arabischen und europäischen Staaten entwickelt. Auch die Einrichtung einer „internationalen Stabilisierungstruppe“ in Gaza wird angeregt, heißt es. Diese soll wiederum eine palästinensische Polizeitruppe aufbauen und ausbilden, die später für Sicherheit sorgen soll. Sobald die Palästinensische Autonomiebehörde ein Reformprogramm umgesetzt habe, werde sie diese Aufgaben übernehmen können, so stehe es in Trumps Plan.
Die Vorschläge stehen damit im Widerspruch zu bisherigen Positionen der israelischen Regierung. Von einer Ausreise der palästinensischen Bevölkerung aus Gaza, wie sie Regierungsmitglieder präferieren, ist hier keine Rede mehr. Auch die angedachte Rolle der Palästinensischen Autonomiebehörde in Gaza lehnte Netanjahu bislang strikt ab. Die Behörde ist für die Verwaltung des palästinensischen Westjordanlands verantwortlich, steht dort aber unter zunehmendem Druck der israelischen Besatzung. Die palästinensische Führung hat wenig Kontrolle und genießt auch kaum Rückhalt in der eigenen Bevölkerung. Zudem hat sie mit großen finanziellen Engpässen zu kämpfen, unter anderem, weil Israel Zahlungen einbehält. Die Behörde wird seit mehr als 20 Jahren von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geleitet, der 89 Jahre alt ist und seit seinem Amtsantritt kein zweites Mal durch Wahlen legitimiert wurde.
Um die Position der Palästinenserinnen und Palästinenser im Jahrzehnte währenden Nahostkonflikt zu verbessern, hatten vergangene Woche zahlreiche europäische Staaten die Anerkennung Palästinas als Staat erklärt. Netanjahu lehnt einen solchen Palästinenserstaat ab und hatte eine Reaktion angekündigt. In Israel wurde die Annexion von palästinensischen Territorien ins Gespräch gebracht. US-Präsident Trump hat allerdings nun klargemacht, dass er einen solchen Schritt „nicht erlauben“ werde. Die Drohungen waren auch in der arabischen Welt auf starken Widerstand gestoßen.
Es wird sich also zeigen müssen, inwiefern Trump Netanjahu trotzdem von seinen Plänen überzeugen kann. Er hat jedenfalls am Wochenende intensive Gespräche angekündigt. Am Freitag hatte Netanjahu bei seiner Rede vor den Vereinten Nationen noch sein Ziel bekräftigt, die Hamas zu besiegen und sich weiter kämpferisch gezeigt: In seiner Rede betonte er die aus seiner Sicht erfolgreichen Militärschläge Israels gegen islamistische Gruppierungen in den vergangenen zwei Jahren und ließ parallel Bilder der Gewalt vom 7. Oktober 2023 verbreiten. Nach Verhandlungsbereitschaft klang das nicht.
Auf der anderen Seite sieht sich Israel aufgrund seiner Kriegsführung in Gaza immer stärkerer internationaler Isolation ausgesetzt. Netanjahu hatte seine Rede am Freitag vor einem größtenteils leeren Saal gehalten, weil viele Diplomaten ihn aus Protest verlassen hatten. Die israelische Armee hatte zuletzt trotz vielfacher Warnungen mit dem Vormarsch auf Gaza-Stadt begonnen und dort rund eine Million Menschen zur Flucht aufgefordert. In Gaza herrscht Hunger. In dem Friedensplan von Trump seien nun auch Richtwerte für den Zugang von Hilfsgütern genannt, heißt es. Nicht weniger als 600 Lastwagen sollen demnach Gaza am Tag erreichen können und die zerstörte Infrastruktur soll instand gesetzt werden.
