Repräsentantenhaus:Demokraten beschließen neue Phase für Trump-Impeachment

Donald Trump

Das US-Repräsentantenhaus hat die Ermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump mit einem förmlichen Beschluss gestützt.

(Foto: AP)
  • Die US-Demokraten sind mit ihren Bemühungen um ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Trump einen Schritt weitergekommen.
  • Das von ihnen dominierte Repräsentantenhaus stimmte dafür, das Verfahren voranzutreiben und die weiteren Regeln festzulegen.
  • Die kommenden öffentlichen Anhörungen könnten Trump und seine Verteidiger in neue Erklärungsnöte bringen.

Von Thorsten Denkler, New York

Kurz nach der historischen Abstimmung im Repräsentantenhaus gab die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham, eine Erklärung ab. Das Parlament habe ein "unfaires, verfassungswidriges und fundamental unamerikanisches Verfahren gebilligt", schrieb sie. US-Präsident Donald Trump habe "nichts falsch gemacht und die Demokraten wissen das". Nun, so einfach ist die Lage nicht.

Zum dritten Mal in der Geschichte der USA haben die Abgeordneten des Repräsentantenhauses am Donnerstag über ein Regelwerk für die weiteren Ermittlungen zu einem Amtsenthebungsverfahren abgestimmt. Das Ergebnis entspricht den Mehrheitsverhältnissen: Die Resolution wurde mit 232 zu 196 Stimmen angenommen. Zwei Demokraten haben nicht zugestimmt. Während die Republikaner geschlossen dagegen waren.

Rechtlich wäre die Abstimmung nicht nötig gewesen. Wie im Repräsentantenhaus Ermittlungen für ein Amtsenthebungsverfahren geführt werden, liegt ganz im Ermessen der mächtigen Sprecherin des Hauses, der Demokratin Nancy Pelosi. Sie wollte mit der Abstimmung vor allem den Republikanern das Argument nehmen, die Ermittlungen seien wegen der fehlenden Abstimmung ungesetzlich. Das Weiße Haus hat etwa mit dem Verweis auf dieses Argument jegliche Kooperation mit den ermittelnden Ausschüssen verweigert.

Bisher Zeugen nur hinter verschlossenen Türen verhört

Die Ermittlungen gehen jetzt in eine neue Phase. Bisher wurden Zeugen nur hinter verschlossenen Türen in einem abhörsicheren Raum im Keller des Kongresses vernommen. Zu den Befragungen waren nur einzelne Vertreter beider Parteien aus den drei Ausschüssen zugelassen, die mit dem Verfahren befasst sind. Bis Ende November soll jetzt aber damit begonnen werden, Zeugen auch öffentlich zu befragen.

Außerdem bekommen die Republikaner mit der Resolution das Recht, eigene Zeugen vorzuladen. Und Trumps Anwälte sollen einzelne Zeugen ins Kreuzverhör nehmen dürfen. Alles allerdings unter Vorbehalt. Sollte sich das Weiße Haus weiter jeder Zusammenarbeit verweigern, behält sich die demokratische Mehrheit im Haus vor, die Rechte der republikanischen Minderheit mit einem Veto zu blockieren.

Dem Weißen Haus ist es bisher trotz der Blockade nicht gelungen, maßgebliche Zeugen von einer Aussage vor dem Kongress abzuhalten. Die riskieren zwar ihren Job und manche sind schon vor ihrer Aussage von ihren Ämtern zurückgetreten. Allerdings sind Vorladungen der Ausschüsse rechtlich bindend. Wer einer Vorladung nicht folgt, riskiert eine Haftstrafe. Offenbar wiegt dieses Argument meist stärker als die Sorge, von Trump gefeuert zu werden. Die Demokraten wollen darüber hinaus auch Akteneinsicht. Die aber gewährt ihnen das Weiße Haus nicht.

Die Abstimmung zeigt, wie sicher sich die Demokraten inzwischen sind, dass sie am Ende dennoch genug Beweise gegen Trump in der Hand haben, um das Impeachment zu beschließen. Die Beweissammlung könnte bis Weihnachten abgeschlossen sein. Das Repräsentantenhaus würde danach formal das Amtsenthebungsverfahren beschließen und alles Weitere dem Senat überlassen.

Trump könnte ein Verteidigerteam zusammenstellen

Dort würde es zu einem einer Gerichtsverhandlung ähnlichen Verfahren kommen. Die 100 Senatoren würden die Rolle der Richter einnehmen, Vertreter der Demokraten aus dem Repräsentantenhaus die Rolle der Ankläger. Trump könnte ein Verteidigerteam zusammenstellen.

Wenn am Ende des Verfahrens zwei Drittel der Senatoren Trump schuldig sprechen sollten, ist er seines Amtes enthoben. Dafür müssten allerdings mindestens 20 Republikaner auf die Seite der Demokraten wechseln. Höchst unwahrscheinlich zum jetzigen Zeitpunkt. Für die Demokraten wäre es schon ein Sieg, wenn sie im Senat eine einfache Mehrheit für eine Amtsenthebung zusammenbekommen.

Die Demokraten werfen Trump vor, eine ausländische Macht gebeten zu haben, zum persönlichen Vorteil von Trump gegen einen innenpolitischen Gegner vorzugehen. Aus Sicht der Demokraten ist das Amtsmissbrauch und Grund genug für eine Amtsenthebung.

Konkret hat Trump am 25. Juli in einem Telefonat vom neuen ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij verlangt, er solle Behörden in seinem Land veranlassen, Ermittlungen gegen Trumps möglichen Herausforderer in der Präsidentschaftswahl 2020, Ex-Vize-Präsident Joe Biden, aufzunehmen. Im Raum steht außerdem der Verdacht, dass Trump fast 400 Millionen Dollar Militärhilfe für die Ukraine zurückhalten ließ, um seiner "Bitte" Nachdruck zu verleihen. Das haben verschiedene Zeugen bestätigt.

An diesem Donnerstag auch Tim Morrison, der bisher dem Nationalen Sicherheitsrat im Weißen Haus zugearbeitet hat. Der Experte für Europa und Russland ist am Mittwoch zurückgetreten. Er hat Medienberichten zufolge Aussagen anderer hochrangiger Mitarbeiter der Trump-Regierung bestätigt, wonach der US-Präsident selbst darauf bestanden habe, dass in der Ukraine Ermittlungen gegen Joe Biden aufgenommen werden.

Eindeutige Zeugenaussagen

Trump soll außerdem ein Zusammentreffen mit Selenskij im Weißen Haus davon abhängig gemacht haben, dass dieser öffentlich erklärt, Ermittlungen gegen Biden in Gang setzen zu wollen. Selenskij hatte auf ein solches Treffen gedrängt, um Russland zu zeigen, dass er im Konflikt um die Krim und den Donbass die Rückendeckung der USA hat. Trump bestreitet, dass er ein Gegengeschäft, ein Quid pro quo, mit der Ukraine beabsichtigt habe.

Die bisherigen etwa ein Dutzend Zeugenaussagen sind so eindeutig, dass die meisten Republikaner nicht mehr versuchen, das Unbestreitbare zu bestreiten. Sie bezweifeln stattdessen die Rechtmäßigkeit des Verfahrens und ob Trumps Verhalten überhaupt eine Amtsenthebung rechtfertigt. Sie argumentieren, dass Trump im schlimmsten Fall kein gutes Bild abgegeben habe. Dass sich aber alles immer noch im Rahmen dessen bewege, was ein US-Präsident dürfe.

In den Augen der Republikaner sind die Ermittlungen gegen Trump politisch motiviert. "Die Demokraten versuchen, den Präsidenten aus dem Amt zu heben, weil sie Angst haben, dass sie ihn an den Wahlurnen nicht schlagen können", sagte der republikanische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy.

Die kommenden öffentlichen Anhörungen könnten Trump und seine Verteidiger in neue Erklärungsnöte bringen. Dann nämlich stehen Trumps Aussagen nicht den schriftlichen Statements der Zeugen gegenüber, sondern Erklärungen in Bild und Ton von hoch angesehenen Karriere-Diplomaten.

In der öffentlichen Wahrnehmung könnte das dem Amtsenthebungsprozess einen weiteren Schub geben. Noch ist das Land zwar gespalten, ob Trump über ein solches Verfahren aus dem Weißen Haus entfernt werden soll. Vor wenigen Wochen war noch eine knappe Mehrheit gegen so einen Versuch. Inzwischen aber ist eine knappe Mehrheit von 48 zu 44 Prozent dafür. Auf einem ganz anderen Blatt steht, ob und wann sich die Republikaner im Senat von solchen Zahlen beeindrucken lassen.

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