Süddeutsche Zeitung

Trump in Dayton und El Paso:Kühler Empfang bei 38 Grad

Lesezeit: 3 min

Von Xaver Bitz, Portland

Dass er nicht nur mit Blumen und warmen Worten empfangen werden würde, dürfte an diesem Mittwoch selbst Donald Trump klar gewesen sein. Der US-Präsident ließ sich nach den Massakern in El Paso, Texas, und Dayton, Ohio, vier Tage Zeit, bevor er die Orte besuchte, an denen am Wochenende 31 Menschen durch die Kugeln von zwei Männern ums Leben kamen.

Schon in Dayton machten Hunderte Demonstranten Trump klar, wer für sie zumindest eine Mitschuld an den hier neun Toten trägt. Vor dem Miami Valley Hospital demonstrierten sowohl Gegner als auch Anhänger des US-Präsidenten. "Hass ist hier nicht willkommen", "Hör auf mit dem Terror" und "Du bist der Grund" war auf den Plakaten zu lesen. Noch schärfer waren die Nachrichten, die später bei 38 Grad Celsius in El Paso zu lesen waren: "Geh nach Hause, Rassist", "Trumps Rhetorik = unser Blut" oder "Stopp den Hass".

Sollte der Republikaner die Schilder bemerkt haben, ließ er es sich nicht anmerken - oder ignorierte sie einfach. "Ich glaube nicht, dass meine Rhetorik spaltet, sie bringt die Leute zusammen", sagte er in Dayton vor dem Besuch eines Krankenhauses. Und dass es dem Land "unglaublich gut gehe". Nach seinem Abflug in Richtung El Paso schrieb er bei Twitter: "Die Leute, die ich in Dayton getroffen habe, sind die Feinsten!" Und auch als er die texanische Stadt verließ, verbreitete er seine Perspektive, nämlich dass es nur "Liebe, Respekt und Enthusiasmus" gegeben habe und die Medien mal wieder nur "Fake News" verbreiten würden.

Trump will potenzielle Waffenkäufer in Zukunft besser überprüfen lassen: Dafür gebe es im Kongress auch auf beiden Seiten große Unterstützung, sagte er. "Ich will mental instabilen Menschen keine Waffen geben, oder Menschen mit Wut und Hass, oder kranken Menschen." Weitergehende Schritte wie ein Verbot von Sturmgewehren hätten jedoch keine Unterstützung, sagte der Präsident. Auch nach dem Massaker an einer Schule in Parkland, Florida, im Februar 2018 hatte Trump striktere Überprüfungen versprochen. Passiert ist bislang nichts, weil die Vorschläge den Demokraten entweder nicht weit genug oder den Republikanern zu weit gingen.

Der Besuch in beiden Orten wäre für Trump auch ohne die Massaker kein Heimspiel gewesen. Zwar gewann er bei den Wahlen 2016 in den Bundesstaaten Texas und Ohio jeweils recht deutlich vor Hillary Clinton. Doch in dem Wahlbezirk, in dem Dayton liegt, stimmten nur knapp 2000 Personen oder 0,7 Prozent der Wähler mehr für ihn als für die Demokratin. Und die texanische Grenzstadt El Paso war vor drei Jahren eine Hochburg der Demokraten: Für Clinton stimmten 69 Prozent - für Trump nicht einmal 26 Prozent der Wähler.

Nachdem sie sich bei Trumps rassistischen Attacken auf fünf Kongressabgeordnete weitgehend zurückgehalten hatten, versuchen die demokratischen Präsidentschaftsbewerber nun seine Rhetorik gegen ihn zu verwenden. Besonders Beto O'Rourke, der selber aus El Paso stammt, attackierte Trump schon früh. Er warf dem US-Präsidenten vor, Rassismus und Hass nicht nur zu tolerieren, "er ermutigt sie".

Ähnlich äußerte sich später auch der derzeitige Frontrunner der Demokraten, Joe Biden. Während Trump von Dayton nach El Paso flog, machte ihn der ehemalige Vizepräsident dafür verantwortlich, dass Nationalismus und der Glaube an die Überlegenheit von Weißen in den USA zunehme. Trump fehle die moralische Autorität, das Land zu führen, und er scheine kein Interesse daran zu haben, das Land zu einen, sagte Biden. Er nannte ihn einen "Präsidenten mit einer giftigen Zunge".

Trump wirft den Demokraten wiederum vor, die Toten für sich zu instrumentalisieren. Er wolle sich aus politischen Schlammschlachten "heraushalten", sagte er. Und twitterte dann aus dem Flugzeug über einen "langweiligen Auftritt" Bidens, unter dessen möglicher Präsidentschaft sich die Vereinigten Staaten schlecht entwickeln würden. Später warf er den Demokraten einmal mehr vor, das Thema Rassismus für sich zu nutzen.

Dass sich nach den Massakern etwas am Waffenrecht in den USA tun wird, darf bezweifelt werden. Die Bürgermeisterin von Dayton, Nan Whaley, analysierte die üblichen Mechanismen der Washingtoner Politik desillusioniert: "Sie warten einfach ab, sie warten so lange, bis die Menschen vergessen."

Nach Trumps halbgaren Vorschlägen und der Blockadehaltung der Republikaner im Senat dürfte sie damit recht behalten.

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