Covid-19:Chaostag an Trumps Krankenbett

Lesezeit: 4 min

Geht es dem US-Präsidenten nun "gut" oder doch zumindest "viel besser"? Oder ist sein Zustand "besorgniserregend", wie dessen Stabschef Meadows zwischenzeitlich mitteilt? Trump versucht, mit einem Video Klarheit zu schaffen.

Von Thorsten Denkler, New York

US-Präsident Donald Trump bedankt sich in einem am Samstagabend veröffentlichten Video für all die guten Wünsche, die ihn erreicht haben. Seine Stimme klingt etwas wackelig, sein Haar ist nicht ganz so glattgelegt wie sonst, er trägt keine Krawatte - und wirkt alles in allem wie jemand, der sich ganz schnell für dieses Video aus dem Krankenbett hinter einen Schreibtisch gezwängt hat. Die Botschaft ist klar: Trump will beruhigen. Er will zeigen, dass es ihm so weit gut geht. Und dass es seiner Frau Melania gut geht, die sich wie er mit dem Coronavirus infiziert hat.

Diese Botschaft schien ihm und dem Weißen Haus wichtig zu sein an einem Tag, an dem die Kommunikation des ärztlichen Teams und des Weißen Hauses sich als, gelinde gesagt, verbesserungswürdig erwiesen hat.

Das Weiße Haus irritierte jedenfalls am Samstag mit widersprüchlichen Botschaften über den akuten und den vergangenen Gesundheitszustand des Präsidenten, der jetzt seine zweite Nacht im Krankenhaus verbringen muss.

Coronavirus
:Widersprüchliche Aussagen über Trumps Gesundheitszustand

Der Leibarzt erklärt, dass es dem US-Präsidenten "sehr gut" gehe. Der Stabschef des Weißen Hauses hingegen zeichnet ein anderes Bild: Die nächsten 48 Stunden seien entscheidend.

Von Anna Ernst

Gegen Mittag hatte sich Trumps Leibarzt Sean Conley mit neun weiteren Medizinern im Gefolge vor dem Walter-Reed-Militärkrankenhaus positioniert, um der Welt Neuigkeiten über Trumps Krankheitsverlauf mitzuteilen. Was er zu sagen hatte, klang durch die Bank so, als hätte der Präsident mit kaum mehr als ein paar Grippe-Symptomen zu kämpfen. "Wir sind sehr glücklich mit dem Fortschritt, den der Präsident macht", sagte er. Es gehe Trump "sehr gut".

Dann aber sprach Conley davon, dass Trumps Corona-Diagnose "72 Stunden zurückliege". Was für einige Aufregung sorgte. Demnach wäre Trump schon am Mittwoch erstmals positiv getestet worden. Und nicht erst am späten Donnerstagabend. Und dann wäre Trump in vollem Bewusstsein, infiziert zu sein, am Donnerstag zu einem Spendendinner in sein Golf-Ressort nach Bedminster in New Jersey gefahren.

Später berichtigte Conley sich in einer Mitteilung. Er habe "Tag drei" gemeint. Den Donnerstag als Tag der Diagnose mitgerechnet.

Trump: "Ich denke, ich bin bald zurück"

Das war aber noch harmlos, verglichen mit dem Wirbel, den wenig später ein Auftritt von Trumps Stabschef Mark Meadows auslöste. Als dieser das Krankenhaus verließ, sagte er anwesenden Reportern, Trumps Vitalfunktionen seien "besorgniserregend". Er warnte, dass die "kommenden 48 Stunden entscheidend" für den Verlauf der Krankheit sein würden. "Wir sind immer noch nicht auf einem klaren Weg zu einer vollständigen Genesung."

Meadows hatte bei seiner Ankunft den Reportern ein Update versprochen, bat aber darum, nicht namentlich erwähnt zu werden. Darum wurden seine Aussagen in US-Medien zunächst nur einer Person zugeschrieben, die mit der Gesundheit des Präsidenten vertraut sei. Meadows Bitte wurde allerdings auf Video aufgenommen, das Video wurde im Internet veröffentlicht. Die Quelle für die vergleichsweise nüchterne Zusammenfassung von Trumps Zustand war damit klar.

Trump soll außer sich gewesen sein, schreiben US-Medien. Kurz nachdem Meadows Aussagen überall nachzulesen waren, twitterte Trump: "Mir geht es gut!" Am Abend dann veröffentlichte der US-Präsident sein vierminütiges Beruhigungs-Video. Er räumte darin ein, dass er sich "nicht so gut" gefühlt habe. Aber dass es ihm jetzt "viel besser" gehe. "Ich denke, ich bin bald zurück und freue mich darauf, den Wahlkampf so zu Ende zu führen, wie wir ihn begonnen haben", sagte er. Allerdings erklärte er auch, dass "der wahre Test" noch vor ihm liege. Was in etwa dem entspricht, was auch sein Stabschef gesagt hat. Mit anderen Worten: Trump ist noch nicht über den kritischen Punkt.

Seine Ärzte haben zumindest angedeutet, dass es noch eine Woche bis zehn Tage dauern kann, bis Klarheit über den Krankheitsverlauf von Trump herrscht. Eine lange Zeit der Unsicherheit im Endspurt eines Wahlkampfes, der in ziemlich genau vier Wochen am 3. November beendet sein wird.

Dass es Trump zumindest am Freitag deutlich schlechter ging, als das Weiße Haus glauben machen wollte, darauf deutet ein Bericht der New York Times hin. Danach habe der Präsident am Freitag Schwierigkeiten gehabt zu atmen. Der Sauerstoffgehalt in seinem Blut sei derart gesunken, dass er zusätzlich Sauerstoff bekommen habe, als er noch im Weißen Haus war. Er sei dann ins Walter-Reed-Krankenhaus gebracht worden, damit er besser überwacht werden könne und Ärzte gegebenenfalls schneller eingreifen könnten.

Das Weiße Haus hatte am Freitag lediglich davon gesprochen, dass Trump "milde Symptome" habe. Der Aufenthalt im Krankenhaus sei nur eine Vorsichtsmaßnahme.

Auf die Frage nach der Sauerstoffversorgung Trumps wich sein Arzt am Samstag aus. Trump habe keine Sauerstoff-Unterstützung am Donnerstag gebraucht, keine am Samstag. Und in seiner Zeit im Krankenhaus am Freitag auch nicht. Trumps Stunden vor dem Abflug zum Krankenhaus ließ Conley damit allerdings außen vor.

Meadows: "Dem Präsidenten geht es sehr gut"

Trumps Stabschef Meadows scheint den Zorn des Präsidenten zu spüren bekommen haben. Er versuchte am Samstagabend alles, seinem düsteren Einblick in die Krankenakte Trumps eine hellere Färbung zu geben. "Dem Präsidenten geht es sehr gut", sagte er gegenüber der Agentur Reuters. Er sei wohlauf und bitte um die Vorlage von Akten.

Meadows ließ sich zudem am Samstagabend noch in das laufende Programm von Trumps Lieblingssender Fox News zuschalten. Er erklärte dort, wie "unglaublich mutig" Trump sei. Und welche "unglaubliche Besserung" dessen Krankheitsverlauf genommen habe.

Kurz danach veröffentlichte das Weiße Haus ein neues ärztliches Bulletin seines Leibarztes Conley. Trump gehe es nach wie vor gut, stand darin. Er habe seine zweite Dosis Remdesivir bekommen, kein Fieber und atme ohne Sauerstoffunterstützung. Und wohl um neue Zweifel auszuräumen, gab Conley auch die Werte für die Sauerstoffsättigung in Trumps Blut an. Die hätten den Tag über bei 96 bis 98 Prozent gelegen. Trump sei zwar nicht über den Berg. Aber das "Team bleibt vorsichtig optimistisch". Wie glaubwürdig dieses Bulletin ist, wird sich wohl auch erst in den kommenden Tagen zeigen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: