Rauswurf von Bolton:Für Trump bequem, für die USA eher nicht

  • Beobachter hatten länger schon vermutet, dass das Verhältnis zwischen US-Präsident Trump und dem Nationalen Sicherheitsberater Bolton zerrüttet sein könnte.
  • Den Bruch komplett machte wohl Trumps vergeblicher Versuch, im Schnellverfahren ein Friedensabkommen zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung auszuhandeln - Bolton hatte massiv gegen den Plan interveniert.
  • Bolton gilt als Hardliner, als militärischer Falke, aber auch als jemand, der Trump nicht nach dem Mund redete.

Von Thorsten Denkler, New York

US-Präsident Donald Trump hat nicht mal versucht, John Bolton einen gesichtswahrenden Abschied zu ermöglichen. Auf Twitter schrieb er am Dienstag, er habe seinen Nationalen Sicherheitsberater am Vorabend informiert, dass dessen Dienste im Weißen Haus nicht mehr benötigt werden. Er sei sich mit Bolton dermaßen uneinig in vielen Dingen, dass er ihn zum Rücktritt aufgefordert habe. Am Dienstagmorgen habe er dann das Rücktrittgesuch entgegengenommen.

Die Geschichte kann so stimmen. Muss aber nicht. Bolton jedenfalls gibt an, am Montagabend dem Präsidenten von sich aus seinen Rücktritt angeboten zu haben. Der habe aber geantwortet: "Darüber sprechen wir morgen." Bolton sagt, er habe sich dann entschieden, das Gespräch nicht abzuwarten und die Konsequenzen daraus zu ziehen, dass es keine Vertrauensbasis mehr für eine Zusammenarbeit mit Trump gibt.

Der Abgang des Nationalen Sicherheitsberaters kam für die meisten Mitarbeiter im Weißen Haus überraschend. Noch eine Stunde vor Trumps Tweet war für die Mittagszeit zu einem Presse-Briefing mit Bolton, Außenminister Mike Pompeo und Finanzminister Steve Mnuchin eingeladen worden. Es fand dann ohne Bolton statt.

Bolton hat sich im Weißen Haus offenbar in der Rolle des Trump-Bändigers gesehen, der verhindert, dass ein außenpolitisch unerfahrener Naivling im Oval Office die USA international schwach und handlungsunfähig aussehen lässt. Ein Vertrauter sagte nach dessen Rauswurf, in Boltons Amtszeit habe es keinen einzigen "schlechten Deal" mit den bösen Mächten der Welt gegeben. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass Trump ohne ihn reihenweise schlechte Deals abgeschlossen hätte.

Beobachter hatten länger schon vermutet, dass das Verhältnis zwischen Trump und Bolton zerrüttet sein könnte. Bolton wurde zu wichtigen Meetings nicht mehr eingeladen, auf Auslandsreisen des Präsidenten durfte oder wollte er zuletzt nicht mehr mitkommen - je nach Lesart. Angeblich war Trump irritiert, dass Bolton selbst dann nicht davon lassen konnte, seine abweichende Meinung kundzutun, wenn die Sache längst entschieden war.

Den Bruch komplett machte wohl Trumps Versuch, im Schnellverfahren ein Friedensabkommen zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung auszuhandeln. Am vergangenen Sonntag hätte das Abkommen in Camp David finalisiert werden sollen.

Bolton hatte massiv gegen den Plan interveniert. Zum einen seien die Taliban nicht vertrauenswürdig. Zum anderen sei die Einladung an diesen symbolträchtigen Ort ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen jener Tausenden von US-Soldaten, die in Afghanistan von den Taliban getötet worden sind.

Als wenn die Taliban dieses Argument noch hätten untermauern wollen, töteten sie vergangene Woche in Kabul unweit der US-Botschaft zwölf Menschen mit einer Autobombe, darunter einen US-Soldaten. Der Anschlag veranlasste Trump letztlich, das Treffen abzusagen und schließlich die Gespräche mit den Taliban für "tot" zu erklären.

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