USA:Hat Trump sich Wahlkampfhilfe im Ausland beschafft?

US President-elect Donald Trump Holds Weekend Meetings

Der eine bestätigt, die Ukraine um Ermittlungen gebeten zu haben, der andere bestreitet es: Rudy Giuliani und sein Mandant Donald Trump.

(Foto: Don Emmert/AFP)
  • Laut einem Whistleblower könnte US-Präsident Donald Trump die Ukraine angehalten haben, gegen seinen politischen Widersacher Joe Biden zu ermitteln.
  • Trumps Anwalt Rudy Giuliani hat zugegeben, dass er die Ukraine zu Ermittlungen gegen die Bidens gedrängt habe. Ob Trump das auch tat, sagt Giuliani nicht.
  • Trump weist alle Verdächtigungen als "Fake News" zurück.

Von Hubert Wetzel, Washington

Donald Trump ist dafür bekannt, in Gesprächen mit ausländischen Kollegen manchmal Dinge zu sagen, die nicht immer den diplomatischen Gepflogenheiten entsprechen. Das mag irritierend sein, ist aber nicht zwangsläufig unerhört oder gar illegal. Insofern ist noch nicht völlig klar, ob das, was sich da derzeit in Washington entfaltet, tatsächlich ein Skandal ist; oder eben wieder nur ein typisches Trump'sches Telefonat.

Als belegt kann in der Angelegenheit im Moment nur gelten, dass am 12. August ein Mitarbeiter eines amerikanischen Geheimdienstes, der im Weißen Haus arbeitete, intern eine offizielle Beschwerde eingelegt hat, die mit einem - so zumindest sah er es - Fehlverhalten der eigenen Regierung zu tun hatte. Er nutzte dabei den für sogenannte Whistleblower vorgesehenen Weg.

Der zuständige Inspector General der US-Geheimdienste, Michael Atkinson, der ebenfalls im Weißen Haus angesiedelt ist, bewertete die Meldung als glaubwürdig und dringend. Und obwohl Atkinson per Gesetz verpflichtet ist, den Kongress über die Details dieser Beschwerde zu unterrichten, weigert er sich, das zu tun. Das hat zu einem zähem Ringen zwischen den Demokraten im Parlament und dem Weißen Haus über die Herausgabe dieser Informationen geführt.

Alles, was man darüber hinaus über die Beschwerde weiß, stammt aus Medienberichten, die sich auf anonyme Quellen in der Regierung berufen. Danach steht im Mittelpunkt der Angelegenheit ein Telefonat, das Donald Trump mit einem ausländischen Kollegen geführt hat und dessen Inhalt der Whistleblower kennt. In dem Gespräch hat der US-Präsident laut der Berichte seinem Gesprächspartner ein Versprechen gemacht oder eine Zusage gegeben - offenbar jedoch auf eine Art respektive mit einem Inhalt, die der Geheimdienstmitarbeiter für so inakzeptabel hielt, dass er Meldung erstattete.

Den Berichten zufolge geht es vor allem um ein Telefongespräch im Juli zwischen Trump und dem damals neu ins Amt gekommenen ukrainischen Kollegen Wolodimir Selensky. Trump, so der Verdacht, habe Selensky dabei die Auszahlung von blockierten amerikanischen Hilfsgeldern zugesagt, wenn die Ukraine die Tätigkeiten der Biden-Familie in dem Land untersucht.

In der Sache steckt viel Sprengstoff

Hunter Biden, der Sohn des früheren Vizepräsidenten Joe Biden, hatte 2014 einen Sitz im Führungsgremium des privaten ukrainischen Gaskonzerns Burisma - zu einer Zeit also, in der sein Vater für die US-Politik gegenüber Kiew zuständig war. 2016 setzte Joe Biden die ukrainische Regierung unter massiven Druck, einen Staatsanwalt abzusetzen, der gegen Burisma ermittelte. Das Parlament in Kiew stimmt danach für die Absetzung. Allerdings war dieser Staatsanwalt aus diversen Gründen hoch umstritten, auch die EU wollte ihn aus dem Amt entfernt sehen. Heute ist Joe Biden der führende demokratische Präsidentschaftskandidat.

In der Sache steckt daher viel Sprengstoff. Für Biden, der jede unangemessene Einflussnahme zu Gunsten seines Sohnes bestreitet; aber auch für Trump: Wenn der amerikanische Präsident tatsächlich einem Kollegen am Telefon zugesagt hätte, sein Land bekäme Geld, wenn er Ermittlungen gegen einen politischen Rivalen in den USA anschiebt, so wäre das ein veritabler Skandal. Dann hätte Trump versucht, sich im Ausland direkte Wahlkampfhilfe zu beschaffen. Das ist illegal und wäre ein Grund für ein Amtsenthebungsverfahren.

Donald Trump auf Twitter

"... ist irgendwer so dumm zu glauben, ich würde etwas Unangebrachtes sagen im Gespräch mit einem ausländischen Staatsführer."

Ob das alles so war, ist bisher allerdings nicht klar, schon gar nicht bewiesen. Der Anwalt von Trump, der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, hat zwar zugegeben, dass er die Ukraine zu Ermittlungen gegen die Bidens gedrängt haben. "Natürlich habe ich das getan", sagte er am Donnerstag. Ob auch Trump persönlich das von Kiew gefordert hat, sagte er nicht. An so einer Forderung wäre aber auch nichts Anrüchiges, so Giuliani: Wenn der US-Präsident den Staatschef eines für Korruption bekannten Landes dränge, gegen Korruption vorzugehen, dann mache er nur seine Arbeit. Auch Trump wies alle Verdächtigungen als "Fake News" zurück. Auf die Frage, ob er mit Selensky über Biden gesprochen habe, antwortete er am Freitag: "Es spielt keine Rolle, über was ich geredet habe. Aber jemand sollte sich Biden anschauen." Die lange zurückgehaltenen Hilfsmittel für die Ukraine hat Trump vorige Woche überraschend freigegeben.

All das erinnert sehr an die Zeiten, in denen der Sonderermittler Robert Mueller die Einmischung Russlands in die Wahl 2016 und Trumps Rolle dabei untersucht hat. Für die Demokraten ist das einerseits erfreulich - Trump ein Jahr vor der Wahl in einen frischen Skandal verwickeln zu können, käme ihnen gelegen.

Andererseits sind die Mueller-Ermittlungen aber auch ein Warnsignal. Denn politisch haben die Demokraten davon kaum profitiert. Die Lage war so verworren, die Verteidigung des Trump-Lagers so aggressiv, dass die meisten Wähler am Ende der Seite glaubten, die sie ohnehin unterstützen. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump lehnen die meisten Amerikaner ab. Ob jetzt vage Enthüllungen über ein Telefonat Trumps mit einem gewissen Wolodimir Selensky große Wirkung entfalten, ist daher zweifelhaft.

Zur SZ-Startseite
U.S. President Trump talks to news media with new national security adviser O'Brien in Los Angeles

SZ PlusUS-Politik
:Immerhin ein Profi

Robert O'Brien tritt die Nachfolge von John Bolton an. Er ist der mittlerweile vierte Sicherheitsberater von Donald Trump. Nur hört der auf ihn?

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: