Trump-Beraterin:"Weniger Drama, mehr Mama"

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„Kein Hass gegenüber meinen Eltern, bitte“: Mit diesem Appell wandte sich die Tochter von Kellyanne und George Conway an die Öffentlichkeit, nachdem ihre Mutter überraschend ihren Abschied aus dem Weißen Haus angekündigt hatte. (Foto: Joshua Roberts/REUTERS)

Kellyanne Conway gibt mitten im Wahlkampf ihren Job im Weißen Haus auf - nicht zuletzt wegen ihrer Tochter.

Von Thorsten Denkler

Einen Tag bevor Trump-Beraterin Kellyanne Conway ihre Kündigung einreichte, eskalierte das Drama in der Familie auf Twitter. Ihre Tochter Claudia hatte einiges mitzuteilen: "Der Job meiner Mutter hat mein Leben ruiniert", schrieb die 15-Jährige am Samstagabend. Und dass es ihr das Herz breche, dass ihre Mutter so weitermache wie bisher, "nachdem sie über Jahre gesehen hat, wie ihre Kinder leiden". Das sei "egoistisch", es gehe nur um "Geld und Ruhm, meine Damen und Herren". Der Text war Teil einer Serie von sechs Tweets, die mit dem Hinweis begann, sie sei am Boden zerstört, dass ihre Mutter auf dem Parteitag der Republikaner sprechen werde.

Womöglich waren diese Tweets der Weckruf für die Familie Conway, die zumindest in politischer Hinsicht als heillos zerstritten gelten darf. Irgendetwas muss zwischen Samstag und Sonntagabend familienintern passiert sein. Am Sonntag jedenfalls informierte Kellyanne Conway den Präsidenten, dass sie noch bis Ende des Monats in seinen Diensten bleiben werde. Dann aber sei Schluss. Teil des Familiendeals scheint auch zu sein, dass ihr Mann George, ein konservativer Anwalt und ausgesprochener Trump-Gegner, sich vorerst von Twitter abmeldet. Dort hatte er es dank seiner bekannten Ehefrau zu einigem Ruhm gebracht - als schonungsloser Kritiker des Präsidenten.

George Conway hört außerdem beim "Lincoln Project" auf, einem Zusammenschluss republikanischer Trump-Gegner, der mit aufwendig produzierten Videos gegen den US-Präsidenten virale Erfolge feiert. Am Sonntag schrieb Conway, er wolle jetzt "mehr Zeit für Familienangelegenheiten verwenden". Dafür werde er auch die Twitter-Pause einlegen. Es sei aber "unnötig zu erwähnen, dass ich das Lincoln Project und seine Mission weiterhin unterstütze. Leidenschaftlich".

Wie das Ehepaar Conway es geschafft haben will, ein gemeinsames Frühstück ohne Streit über die Bühne zu bringen, dürften sich viele gefragt haben. Wann immer einer von beiden dazu interviewt wurde, beteuerten beide indes, dass zu Hause nicht über Politik gesprochen werde.

Kellyanne Conway, die zuvor lange mit dem heutigen Vizepräsidenten Mike Pence zusammengearbeitet hatte, stieß im Juli 2016 zu Trumps Wahlkampagne. Seither war sie dessen glühende Verteidigerin. Sie gilt als eine Meisterin des sogenannten "Whataboutismus", der rhetorischen Kunst, eine kritische Frage umgehend umzulenken auf mögliches Fehlverhalten des politischen Gegners.

Weltbekannt wurde sie, als sie nach der Amtseinführung des Präsidenten im Januar 2017 von "alternativen Fakten" sprach. Trump hatte darauf bestanden, dass damals mehr Menschen als je zuvor eine Amtseinführung auf der Mall in Washington verfolgt hätten. Das war zwar leicht zu widerlegen. Aber es hinderte Conway nicht daran, das Gegenteil zu behaupten. Am kommenden Mittwoch soll sie auf dem republikanischen Parteitag reden. Eine besondere Ehre für eine der dienstältesten Mitarbeiterinnen in Trumps Team.

Ihr Mann George entwickelte sich spätestens vor den Zwischenwahlen 2018 zu einem öffentlich wahrnehmbaren Gegner des Präsidenten. Anfangs waren es nur ein paar Sticheleien auf Twitter. Schnell aber ließ er sich auch im Fernsehen interviewen. Unter anderem erklärte er Trump für mental nicht fit genug, um das Amt auszuführen. Seine Frau und er hatten aber offenbar eine Abmachung: Über den Zustand ihrer Ehe wird nicht öffentlich gesprochen. Das erledigte Trump für sie. Er lobte seine Mitarbeiterin Kellyanne über den Klee und behauptete, dass George Conway ein "eiskalter Verlierer" sei, ein "Ehemann aus der Hölle".

In einer Erklärung schreibt Kellyanne Conway sehr ausführlich, dass einzig und allein das Wohl ihrer Familie sie und ihren Mann geleitet habe. Die Zeit im Weißen Haus bezeichnete sie als "berauschend" und "bewegend". Sie und ihr Mann seien in vielem nicht einer Meinung. Aber sie hätten jetzt eine Entscheidung getroffen, die geleitet sei von der Frage, was das Beste für ihre vier Kinder sei.

"Das wird mir alles viel zu viel."

Diese seien Teenager und Twens, fingen ein neues Schuljahr an, das im Wesentlichen zu Hause stattfinden müsse. "Wie Millionen Eltern im ganzen Land wissen, erfordern Kinder, die 'von zu Hause aus zur Schule gehen', ein Maß an Aufmerksamkeit und Wachsamkeit, das genauso ungewohnt ist wie diese Zeiten", schreibt Conway. Von den kommenden Wochen und Monaten verspricht sie sich "weniger Drama, mehr Mama". Diese ungewohnte öffentliche Verhandlung familiärer Fragen soll wohl vor allem jenen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, die eine drohende Niederlage Trumps als Grund für Conways abrupten Abgang sehen. Dies soll offenbar nicht die Lesart ihrer Kündigung sein.

Eine Rolle dürfte auch gespielt haben, dass es im Weißen Haus die Idee gab, Kellyanne Conway mit auf Trumps Wahlkampfzug zu setzen. Sie hätte bis zum Wahltag mindestens zwei Staaten am Tag besucht, schreibt die Washington Post. Das wollte sie offenbar ihrer Familie nicht zumuten.

Und was macht Tochter Claudia jetzt? Auch sie scheint sich ganz dem Projekt Familienfrieden widmen zu wollen. Ihr vorerst letzter Eintrag auf Twitter am Sonntag lautete: "Das wird mir alles viel zu viel", sie mache eine Pause von den sozialen Medien - zum Wohle ihrer "psychischen Gesundheit", schrieb sie. "Bis bald. Danke für die Liebe und Unterstützung." Und dann eines noch: "Kein Hass gegenüber meinen Eltern, bitte."

© SZ vom 25.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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