US-Präsident Trump:"An Anhören ist nichts auszusetzen"

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"Wenn jemand anruft, aus einem Land - Norwegen - (und sagt): "Wir haben Informationen über Ihren Gegner". Oh, ich denke, das möchte ich mir anhören." So sieht es US-Präsident Trump, der 2020 wiedergewählt werden möchte. (Foto: AFP)
  • US-Präsident Trump würde im Wahlkampf durchaus von ausländischen Stellen Informationen annehmen, die seinem Gegner schaden würden, wie er in einem Interview erklärt.
  • Er sehe sich nicht in der Pflicht, in solchen Fällen das FBI einzuschalten.
  • Die Äußerungen kommen nur wenige Wochen nach der Abschluss der Untersuchungen von Sonderermittler Mueller zu russischer Einmischung in den Wahlkampf 2016.
  • In wenigen Tagen will Trump offiziell seine Kampagne für die nächste Präsidentschaftswahl 2020 einläuten.

Wahlkampfhilfe aus dem Ausland, gern auch mit schmutzigen Infos über Konkurrenten: US-Präsident Donald Trump bestreitet jegliche russische Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf 2016, die ihm geholfen und seiner Rivalin geschadet hätte. Nun überrascht Trump mit der Aussage, er könne sich solche Hilfe für den Präsidentschaftswahlkampf 2020 vorstellen.

Auf eine entsprechende Frage in einem Interview mit dem Sender ABC News antwortete Trump, er würde im Wahlkampf durchaus von ausländischen Stellen Informationen annehmen, die seinem Gegner schaden würden. Er sei bereit, sich kompromittierendes Material "anzuhören", sagte Trump. "An Anhören ist nichts auszusetzen." Sollte seiner Kampagne aus dem Ausland Schmutz über Konkurrenten angeboten werden, sehe er das nicht als Einmischung.

Russland-Affäre
:Justizausschuss kann gegen Trump-Regierung vor Gericht ziehen

Das Repräsentantenhaus beschließt, rechtliche Schritte gegen den Justizminister und Trumps früheren Rechtsberater zu erlauben. Der Justizausschuss kündigt Klagen gegen weitere Mitarbeiter an.

Trump sagte, dies seien schlicht Nachforschungen über den politischen Gegner - und solche Nachforschungen seien durchaus üblich, auch unter Mitgliedern des Kongresses. "Sie machen das alle", behauptete er.

Nur falls er das Gefühl hätte, dass etwas faul sei, würde er das FBI einschalten, sagte Trump. Zugleich betonte der US-Präsident: "In meinem ganzen Leben habe ich noch nie das FBI angerufen." Das FBI habe auch gar nicht genug Leute, um sich um solche Dinge zu kümmern. Auf den Einwand des Interviewers, dass es nach Ansicht der FBI-Leitung keineswegs zulässig sei, kompromittierende Informationen ausländischer Stellen über politische Konkurrenten anzunehmen, erwiderte Trump: "Der FBI-Chef liegt da falsch."

Mitte Mai klang Trump noch anders

Erst Mitte Mai hatte Trump vor Reportern im Oval Office erklärt, auf von feindlichen ausländischen Mächten gestohlene Informationen bei seiner Wiederwahlkampagne verzichten zu wollen. Er habe dies nicht nötig, sagte er. Ihm reiche die Konfrontation mit den politischen Gegnern völlig aus. Im Interview sagte Trump nun: "Wenn jemand anruft, aus einem Land - Norwegen - (und sagt): 'Wir haben Informationen über Ihren Gegner.' Oh, ich denke, das möchte ich mir anhören."

Auch das ABC-Interview ist im Oval Office aufgenommen. Die Passage zu diesem Thema dauert keine zwei Minuten, aber sie hat durchaus politische Sprengkraft. Trumps Äußerungen kommen nur wenige Tage, bevor er seine Wahlkampagne für die nächste Präsidentschaftswahl 2020 einläuten will. Sie kommen nur wenige Wochen nach der Abschluss der Russland-Untersuchungen von Robert Mueller.

Der Sonderermittler war etwa zwei Jahre lang der Frage nachgegangen, ob das Wahlkampfteam von Trump geheime Absprachen mit Vertretern Russlands traf und ob Trump später, als er schon Präsident war, die Justizermittlungen dazu behinderte. Hintergrund der Ermittlungen war die mutmaßliche Einmischung Moskaus in den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016. Mueller hatte erklärt, er und sein Team hätten eindeutige Bemühungen Russlands nachgewiesen, Einfluss auf den Präsidentschaftswahl 2016 zu nehmen.

Russland soll sich damals mit Hackerangriffen in den Wahlkampf eingemischt haben, um Trump zu helfen und dessen damaliger Konkurrentin von den Demokraten, Hillary Clinton, zu schaden. Die russische Regierung wies derlei Vorwürfe bisher konsequent zurück.

In Muellers Abschlussbericht steht, es habe zahlreiche Kontakte zwischen Trumps Lager und Vertretern Russlands gegeben. Beweise für eine Straftat lägen aber nicht vor. Außerdem listete Muellers Team in diverse Versuche Trumps auf, Einfluss auf die Untersuchungen zu nehmen. Mueller ließ zwar offen, ob Trump sich der Justizbehinderung schuldig machte. Er sprach den Präsidenten aber auch ausdrücklich nicht von diesem Vorwurf frei, sondern legte alles Weitere quasi in die Hand des US-Kongresses.

Dort treiben die Demokraten auch nach dem Abschluss von Muellers Arbeit zahlreiche Untersuchungen gegen Trump und dessen Umfeld voran. Trump beklagt sich fast jeden Tag bitterlich darüber und fordert ein Ende der "Hexenjagd".

Der Vorsitzende des Justizausschusses im US-Repräsentantenhaus, Jerry Nadler, nannte Trumps Äußerungen schockierend. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren, die im Präsidentschaftsrennen gegen Trump antreten möchte, schrieb auf Twitter: "Eine ausländische Regierung hat unsere Wahl 2016 angegriffen, um Trump zu unterstützen, Trump hat das begrüßt, und Trump hat die Ermittlungen behindert." Nun sage der Präsident offen, dass er dies noch mal tun würde. "Es ist an der Zeit, Donald Trump des Amtes zu entheben", forderte sie. Auch andere hochrangige Demokraten reagierten empört.

Am Donnerstag wurde bekannt, dass die Ex-Kommunikationschefin im Weißen Haus Hicks zur Russland-Affäre vor einem Ausschuss im US-Kongress aussagen will. Trumps langjährige Mitarbeiterin werde am 19. Juni hinter verschlossenen Türen befragt, teilte Nadler mit.

© SZ.de/AP/dpa/bepe/jsa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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