Schweigegeld an Stormy Daniels:Trump nutzt Anklage als Geldmaschine

Schweigegeld an Stormy Daniels: Anhänger vor dem Haus des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in Mar-a-Lago in Palm Beach, Florida.

Anhänger vor dem Haus des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in Mar-a-Lago in Palm Beach, Florida.

(Foto: Alex Wong/Getty Images via AFP)

Kaum ist die Anklage gegen ihn in New York beschlossen, geht Donald Trump gleich wieder zum Angriff über. Über Facebook treibt er Millionenbeträge mit Kleinspenden ein.

Von Fabian Fellmann, Washington

Auf dem neuen T-Shirt prangt der Slogan "Ich stehe hinter Donald Trump", darunter das Datum vom vergangenen Donnerstag. An jenem denkwürdigen 30. März 2023 hat in New York ein Geschworenengremium entschieden, Anklage gegen "The Donald" zu erheben. Damit geht der nun in die Geschichte ein als erster ehemaliger Präsident der USA, der in der Rolle eines Verdächtigen vor einem Strafrichter zu erscheinen hat.

Das simple weiße T-Shirt "made in USA", mit roter und blauer Schrift, den Farben der amerikanischen Flagge, wird von Trump gratis verschickt - als Dank für jede Spende ab 47 Dollar. Sparfüchse erhalten es für zwei Dollar weniger im Online-Shop der Webseite Donald Trumps, wo es für 36 Dollar plus Versandkosten feilgeboten wird.

Kaum ist die Anklage bekannt, ruft Trump zu Spenden auf

Fanbekleidung ist nur eine von vielen Arten, mit denen Trump seine Probleme mit der US-Justiz zu Geld zu machen versucht. Nachdem am Donnerstag bekannt geworden war, dass ein Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels ihn vor Gericht zwingt, ließ er auf Facebook umgehend eine Reihe von Inseraten mit Spendenaufrufen schalten.

Vier Millionen Dollar seien ihm innerhalb eines einzigen Tages zugeflossen, teilte sein Team triumphierend mit, ohne allerdings Belege vorzuweisen. Vom Start seiner Kampagne im November bis Ende 2022 hatte er rund neun Millionen Dollar eingenommen. Trump behauptet auch, seine Umfragewerte stiegen wegen der Anklage. Das klingt plausibel, weil der frühere Präsident derzeit in aller Munde ist, lässt sich aber nach so kurzer Frist noch gar nicht feststellen.

Es wäre typisch für Trump, wenn es ihm gelänge, eine Anklage wegen Regelverstöße bei der Wahlkampffinanzierung so umzumünzen, dass es seine Wahlkampfkassen füllt. Dieser Streich war ihm schon im vergangenen Sommer gelungen, nachdem das FBI bei einer Razzia in seinem Club und Anwesen Mar-a-Lago hochgeheime Dokumente beschlagnahmt hatte. Auch da deckte Trump mit den Spendengeldern seine hohen Anwaltskosten.

Seine Verwünschungen spart er sich diesmal für sein eigenes Netzwerk auf

Bisher gingen die Beiträge an den ersten offiziellen Kandidaten der Präsidentschaftswahlen 2024 eher schleppend ein. Allerdings musste Trump zunächst ohne Facebook auskommen; nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols hatte das soziale Netzwerk sein Konto für zwei Jahre gesperrt. Im Februar gewährte ihm der Meta-Konzern den Zugang wieder, rechtzeitig vor der Erhebung der Anklage. Facebook war für Trump schon bei seinen Kampagnen 2016 und 2020 die wichtigste Geldmaschine. Das scheint sich nun zu wiederholen.

Um einer neuerlichen Verbannung zu entgehen, verzichtet Trump jedoch auf den Plattformen von Meta auf Beschimpfungen und kaum verhüllte Aufrufe zu gewaltsamen Protesten. Diese teilt er dafür fleißig in seinem eigenen Netzwerk "TruthSocial". Als Reaktion auf Tweets von Trump nach der verlorenen Wahl 2020 hatten seine Fans umgehend die Planung des Kapitolsturms in die Hand genommen, und nach der Razzia in Mar-a-Lago griffen Anhänger zwei FBI-Filialen an.

Diesmal hingegen äußert die Gefolgschaft des Ex-Präsidenten zwar in einschlägigen sozialen Medien viel Wut, konkrete Absprachen für gewalttätige Aktionen sind aber kaum zu finden. Auch größere Kundgebungen oder Zwischenfälle sind bislang nicht bekannt geworden. Das ist damit zu erklären, dass zahlreiche Mitglieder militanter Gruppen nach dem Sturm auf das Kapitol verhaftet wurden und verurteilt worden sind. Zudem scheint heute unter seinen Fans die Befürchtung umzugehen, dass die Sicherheitskräfte die relevanten Online-Kanäle überwachen, um nicht wieder überrascht zu werden.

Stormy Daniels muss um ihre Sicherheit fürchten

Um ihre Sicherheit fürchten muss nun aber Stormy Daniels. Die Nacktdarstellerin ließ sich von Trump im Wahlkampf 2016 ein Schweigegeld von 130 000 Dollar zahlen, das dessen Firma als Rechtsgebühren verbuchte. Die Anklage sei eine "Genugtuung", sagte Daniels der britischen Zeitung The Times. Allerdings habe sie deswegen eine Flut von Gewaltdrohungen erhalten, die besonders angsteinflößend seien, weil Trump dazu ermuntere.

Im New Yorker Stadtteil Manhattan haben die Polizeibehörden das Strafgericht und die Umgebung des Trump Tower schon vor einer Woche abgeriegelt. Am Freitag wurden alle 35 000 Beamten der Stadtpolizei in Uniform auf die Straßen geschickt. Die Leibgarde des ehemaligen Präsidenten aus den Reihen des Secret Service hat bereits die Räumlichkeiten besichtigt, in denen Trump am Dienstag um 14.15 Uhr dem Richter Juan Merchan vorgeführt werden soll, der ihm die bisher geheim gehaltenen strafrechtlichen Vorwürfe vorlesen wird. Der Angeklagte hat sich bereits darüber ausgelassen, Merchan hasse ihn. Er ist der Richter, der gerade erst den Prozess gegen die Trump Organization geführt hat, bei dem sich die Firma und Trumps Finanzchef des Steuerbetrugs schuldig bekannten.

Als politisch motivierte Hexenjagd bezeichnet Trump die Anklage gegen ihn. Alina Habba, eine seiner Anwältinnen, forderte Präsident Joe Biden auf, seinen Vorgänger in Schutz zu nehmen. Biden verweigerte am Freitag jeden Kommentar zu der Affäre. Gegenüber einigen Vertrauten habe er jedoch durchblicken lassen, dass er die Schritte der Justiz für gerechtfertigt hält, berichtete Politico. Die Anklage kommt Biden politisch jedenfalls entgegen, weil dadurch im republikanischen Lager alle Aufmerksamkeit auf Trump gerichtet bleibt. So haben andere potenzielle Kandidaten keine Chance, ihr Profil zu stärken. Trump dürfte Bidens Wunschgegner sein: Ihn hat der Demokrat 2020 schon einmal an den Urnen besiegt.

Der Wunschgegner ging am Samstag erst einmal demonstrativ Golf spielen. Am Montag will er von Mar-a-Lago in seine alte Heimat New York fliegen, wo er sich Dienstagmorgen zum Gericht begeben wird, wie es in seiner Kampagne heißt. Ob sich Trump dann wie so viele andere Prominente durch einen Nebeneingang ins Gebäude schleichen wird oder den Moment zu einem spektakulären Medienauftritt nutzen wird, ist wohl eher eine rhetorische Frage. Spätestens am Dienstagabend will er sich ohnehin an seine Fans wenden, er werde dann in Mar-a-Lago eine Ansprache halten, kündigte er am Sonntag an. Er weiß, dass er durch die Anklage bei der republikanischen Basis weitere Sympathien und weitere Spenden einsammeln kann. Fürs Erste wenigstens.

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