Süddeutsche Zeitung

Reaktionen:"Das ist politische Verfolgung"

Nach Bekanntmachung der Anklage gegen ihn gibt Trump ein vor Wut schäumendes Statement heraus. Auch andere US-Spitzenpolitiker äußern sich schnell.

Von Laurenz Gehrke, Portland

Die Reaktion des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump auf die Nachricht, dass strafrechtliche Anklage gegen ihn erhoben wird, ließ am Donnerstag nicht lange auf sich warten. "Das ist politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung auf dem höchsten Niveau der Geschichte", hieß es in einer offiziellen Stellungnahme. "Die Demokraten haben gelogen, betrogen und gestohlen in ihrer Besessenheit, 'Trump zu kriegen', aber jetzt haben sie das Undenkbare getan - eine völlig unschuldige Person in einem Akt eklatanter Wahlbeeinflussung anzuklagen."

Trump ließ zudem verlauten, der zuständige Staatsanwalt von New York, Alvin Bragg, sei "von George Soros handverlesen und finanziert". Er prophezeite, dass die "Hexenjagd" auf ihn seinen Amtsnachfolger Joe Biden teuer zu stehen kommen werde. "Das amerikanische Volk weiß genau, was die linksradikalen Demokraten hier tun. Jeder kann es sehen. Deshalb werden unsere Bewegung und unsere Partei - vereint und stark - zuerst Alvin Bragg besiegen, und dann werden wir Joe Biden besiegen", so Trump.

Kevin McCarthy, Republikaner wie Trump und Sprecher des Repräsentantenhauses, übte ebenfalls schärfste Kritik an der Staatsanwaltschaft in New York. "Alvin Bragg hat unserem Land mit seinem Versuch, sich in die Präsidentschaftswahlen einzumischen, irreparablen Schaden zugefügt", so McCarthy, der dem Staatsanwalt vorwarf, gewalttätige Kriminelle freizulassen und unterdessen das "ehrwürdige Rechtssystem" gegen Trump zu instrumentalisieren. "Das Repräsentantenhaus wird Alvin Bragg und seinen beispiellosen Machtmissbrauch zur Rechenschaft ziehen", kündigte er an.

Mike Pence, der während Trumps Präsidentschaft von 2017 bis 2021 US-Vizepräsident war, sagte in einem Interview mit dem Nachrichtensender CNN am Donnerstagabend, die Anklage sei "empörend" und nutzte ebenfalls den Ausdruck "politische Verfolgung". Pence deutete an, Trump sei nur aus politischer Motivation angeklagt worden. Die Anklage als solche sei "bestenfalls dürftig".

DeSantis: Anklage ist "unamerikanisch"

Ron DeSantis, der republikanische Gouverneur von Florida, dessen Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2024 als äußerst wahrscheinlich gilt und der deshalb von Trump oft scharf angegriffen, diffamiert und zum Teil bizarr beleidigt wird, zeigte sich auf Twitter solidarisch mit dem Ex-Präsidenten. "Wenn das Rechtssystem als Waffe eingesetzt wird, um eine politische Agenda voranzutreiben, wird die Rechtsstaatlichkeit auf den Kopf gestellt", so DeSantis. "Das ist unamerikanisch."

Auch DeSantis behauptete, der Staatsanwalt von Manhattan sei "von Soros unterstützt" und dehne die gesetzlichen Möglichkeiten aus, "um einen politischen Gegner ins Visier zu nehmen." Er fügte hinzu, dass Florida, wo Trump sich zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Anklage aufhielt, ein Auslieferungsersuchen nicht unterstützen werde.

Chuck Schumer, Demokrat und Mehrheitsführer im Senat, begnügte sich am Donnerstag mit einem knappen Statement. "Donald Trump unterliegt denselben Gesetzen wie jeder Amerikaner. Er wird sich auf das Rechtssystem berufen können, und eine Jury, nicht die Politik, wird sein Schicksal nach den Fakten und dem Gesetz entscheiden", so Schumer.

Weniger zurückhaltend äußerte sich Lindsey Graham, republikanischer Senator von South Carolina, in einem Interview mit Fox News, in dem er Trumps politischen Gegnern vorwarf, den Ex-Präsidenten finanziell ausbluten zu wollen. "Was steckt hinter alledem? Hass!", so Graham, der zu Spenden für Trump aufrief. "Geben Sie dem Präsidenten etwas Geld, um gegen diesen Bullshit anzukämpfen", sagte er. "Das wird Amerika zerstören!"

Stormy Daniels bedankt sich

Trumps ehemaliger Anwalt Rudy Giuliani verkündete auf Twitter, es sei "ein trauriger Tag für Amerika", weil Trump angeklagt werde. Die Entscheidung der Grand Jury sei das "Ergebnis der unverantwortlichen und politisch motivierten Bemühungen von Alvin Bragg", Trump zu Fall zu bringen.

Ex-Pornodarstellerin Stormy Daniels, die aufgrund des mutmaßlich an sie gezahlten Schweigegelds im Mittelpunkt der Anklage gegen Trump steht, bedankte sich auf Twitter für die "Unterstützung und Liebe", die sie erfahren habe. "Mich erreichen so viele Nachrichten, ich kann nicht auf alle antworten", schrieb sie.

Clark Brewster, der Anwalt von Stormy Daniels, sagte CNN am Donnerstagabend, es sei trotz allem ein trauriger Tag, da ein ehemaliger Präsident angeklagt worden sei. "Andererseits habe ich großen Respekt vor dem Verfahren und vor der Grand Jury, die sich die Beweise angesehen und eine Entscheidung getroffen hat", so Brewster. Daniels sei nicht überrascht gewesen, als sie von der Anklage erfuhr, habe aber einen erleichterten Eindruck auf ihn gemacht. "Es ist ein Kampf gegen (Trumps) Ablehnung der Wahrheit", sagte er.

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