Der frühere US-Präsident und Unternehmer Donald Trump muss sich wegen des Vorwurfs des Finanz- und Steuerbetrugs vor Gericht verantworten und gefährdet damit womöglich auch seine Pläne für eine erneute Präsidentschaftskandidatur. Die Generalstaatsanwältin des Bundesstaats New York, Letitia James, teilte am Mittwoch nach gut dreijährigen Ermittlungen mit, sie habe eine Zivilklage gegen Trump sowie dessen erwachsene Kinder Donald jr., Ivanka und Eric eingereicht. Die Familie habe die Zahlen ihres Immobilienkonzerns über Jahre hinweg in Milliardenhöhe frisiert, um sich zu bereichern. Mit seiner Profitgier habe der Ex-Präsident Banken, Versicherungen, Steuerbehörden "und uns alle" systematisch betrogen.
Hat James mit ihrer Klage Erfolg, werden Trump und seine Kinder in New York nie wieder unternehmerisch tätig sein dürfen. Vielmehr sollen alle ihre im Bundesstaat registrierten Firmen aufgelöst werden. Als Ausgleich für die von ihm angerichteten Schäden verlangt James zudem die Zahlung von 250 Millionen Dollar. Noch unklar ist, welche politischen Folgen es hätte, sollte das Gericht die Klage zulassen und Trump tatsächlich vor Gericht erscheinen müssen. Der 76-jährige Republikaner hatte in den vergangenen Monaten immer wieder mit dem Gedanken kokettiert, bei der Wahl in gut zwei Jahren noch einmal anzutreten. Er behauptet trotz fehlender Beweise bis heute, dass ihm die Demokraten die Präsidentschaft 2020 "gestohlen" hätten.
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Auslöser der Finanzermittlungen gegen Trump waren Aussagen seines früheren Anwalts Michael Cohen gewesen, der den ehemaligen Klienten 2019 vor einem Ausschuss des Kongresses schwer belastet hatte. Cohen zufolge gab Trumps Firmengruppe die Werte ihrer Hotels, Bürogebäude, Golfclubs und anderer Besitztümer in offiziellen Dokumenten immer wieder falsch an - und das in gleich doppelter Hinsicht: Um bei den wenigen verbliebenen Hausbanken weiter Kredite zu erhalten, blähte der Firmenpatriarch den Wert einzelner Immobilien offenbar systematisch auf. Umgekehrt soll er gegenüber dem Finanzamt sehr viel niedrigere Zahlen angegeben haben, um Steuern zu sparen.
Mehrere Ermittlungen und Anschuldigungen gegen Trump
Generalstaatsanwältin James sagte auf die Frage, ob bei der Bewertung von Geschäftsimmobilien unterschiedliche Einschätzungen nicht normal seien, es gehe in diesem Fall nicht um kleine Unterschiede. Vielmehr habe Trump die Werte seiner Immobilien "massiv aufgebläht" und damit die Firmenbilanzen bewusst gefälscht. "Niemand, mein Freund, steht über dem Gesetz", erklärte die Chefermittlerin.
Trump hatte während der Untersuchung jede Kooperation mit den Behörden abgelehnt und erklärt, die Regierung seines Nachfolgers Joe Biden und viele Ermittler des Landes hätten "jede Moral und alle Grenzen des Anstands verloren" und gingen allein aus politischen Gründen gegen ihn vor. Eine Anwältin des Unternehmens bekräftigte diesen Vorwurf am Mittwoch noch einmal. James entgegnete, es gebe mehrere Gerichtsurteile, die bewiesen, das der Vorwurf der "Hexenjagd" falsch sei.
Gegen Trump laufen derzeit zahlreiche Verfahren. So wirft ihm ein Kongressausschuss vor, den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 mitverschuldet zu haben. Zudem durchsuchte das FBI seinen Wohnsitz in Florida, weil der Ex-Präsident geheime Unterlagen aus dem Weißen Haus womöglich gesetzeswidrig mitgenommen hatte.