Süddeutsche Zeitung

Trotz Widerstand von Diplomaten:Palästinenser beantragen UN-Mitgliedschaft

Palästinenser-Präsident Abbas hat offiziell einen Antrag auf eine Mitgliedschaft seines Landes bei den Vereinten Nationen gestellt. Vor den Delegierten der UN-Vollversammlung macht er Israels Siedlungsbau für den Stillstand in den Friedensverhandlungen verantwortlich.

Entgegen dem Widerstand der USA und Israels hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas den offiziellen Antrag auf Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen gestellt. Mit dem Schritt ist die Hoffnung verbunden, nach fast zwei Jahrzehnten voller gescheiterter Verhandlungen so doch noch dem Ziel nach einem unabhängigen palästinensischen Staat näher zu kommen.

In seiner Rede vor der Vollversammlung bezeichnete Abbas die jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten als größtes Hindernis für den Friedensprozess mit Israel bezeichnet. Sollte der Siedlungsbau auf von den Palästinensern beanspruchtem Land fortgesetzt werden, könnte seine Regierung scheitern, warnte Abbas. Nach Jahrzehnten der Besatzung sei es Zeit für die Palästinenser, in einem souveränen Staat zu leben.

Zu Beginn seiner lang erwarteten Rede hatten die Delegierten den palästinensischen Präsidenten mit Applaus im Plenum der UN begrüßt. Allerdings verließen auch einige Mitglieder der israelischen Delegation, darunter auch Außenminister Avigdor Liebermann, die Halle, als sich Abbas dem Podium näherte.

Kurz zuvor hatte dieser offiziell einen Antrag auf Vollmitgliedschaft Palästinas bei den Vereinten Nationen gestellt. Er überreichte ein entsprechendes Gesuch an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. In einem Begleitschreiben bat Abbas Ban, den Antrag umgehend an den Weltsicherheitsrat und die UN-Vollversammlung weiterzuleiten, wie ein palästinensischer Gewährsmann vorab sagte. Eine Entscheidung des Sicherheitsrats wird in einigen Wochen oder Monaten erwartet. Die USA haben bereits ihr Veto in dem höchsten UN-Gremium angekündigt.

Solange weitere Siedlungen in den palästinensischen Autonomiegebieten gebaut würden, seien Verhandlungen mit Israel bedeutungslos, sagte Abbas vor der UN-Vollversammlung. "Diese Politik ist dafür verantwortlich, dass die andauernden internationalen Versuche zur Rettung des Friedensprozesses immer wieder scheitern", sagte Abbas. "Die Siedlungspolitik bedroht auch die Struktur der palästinensischen Autonomiebehörde und könnte sie letztlich sogar zu Fall bringen."

Knapp eine Stunde nach Abbas hat auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor der UN-Vollversammlung gesprochen und seinen Willen zum Frieden im Nahen Osten bekräftigt. Er forderte die Staaten jedoch auf, dem palästinensischen Antrag auf eine Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen nicht zu entsprechen. "Die Palästinenser wollen einen eigenen Staat ohne Frieden", sagte Netanjahu. "Das ist aber nicht möglich."

Außerdem beklagte sich der israelsiche Ministerpräsident über die Haltung der internationalen Gemeinschaft zu seinem Land. "Israel wird mehr als jedes andere Land der Welt verurteilt", sagte er. Israel habe seit seiner Gründung allen immer in friedlicher Absicht die Hand gereicht. Er reiche sie seinen Nachbarn auch jetzt, sagte Netanjahu, "ganz besonders dem palästinensischen Volk, mit dem wir anhaltenden Frieden suchen".

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