Tripolis: Krieg gegen Gaddafi:Aufständische setzen auf Untergrundkämpfer

"Der Aufstand ist nur eine Frage der Zeit": Von Bengasi aus sollen libysche Rebellen geheime Gespräche mit Untergrundkämpfern in Tripolis führen, um Gaddafi zu Fall zu bringen.

Jede Nacht sollen sie eine Stunde lang mit Hilfe des Internetdiensts Skype telefonieren: Einem Bericht der BBC zufolge verhandeln die libyschen Rebellen mit Untergrundkämpfern in Tripolis, um Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi zu Fall zu bringen. Der britische Sender beruft sich dabei auf Alamin Belhaj, der im Nationalen Übergangsrat in Bengasi sitzt.

Libyans supporting Libyan's leader Muammar Gaddafi march, protesting the coalition air strikes, in front of his compound Bab al-Aziziya in Tripoli

Regierungsanhänger gehen für Gaddafi in Tripolis auf die Straße - und zwar im Stadtteil Bab al-Asisija, wo sich der libysche Machthaber versteckt halten soll. Den libyschen Rebellen zufolge bröckelt die Unterstützung für Gaddafi auch in Tripolis.

(Foto: REUTERS)

Belhaj zufolge umfasse das Netzwerk in Tripolis etwa 100 Leute aus allen Gesellschaftsschichten. "Sie erzählen uns, was ihre Freunde und Familien denken, wie die Stimmung auf der Straße und in den Moscheen ist", sagte Belhaj der BBC. Die Kontakte liefen über Satellitentelefone oder Skype und seien, so der Politiker, abhörsicher. Insgesamt sind es fünf Mitglieder, die der bengasische Nationalrat für die Gespräche abstellt, sie nennen sich die "Tripoli Five". Die Vertretung der libyschen Rebellen hofft so, dass sie den Oppositionellen in Tripolis hilfreiche Tipps geben können und den Widerstand in der libyschen Hauptstadt von Bengasi aus koordinieren können

Belhaj selbst kämpfte 30 Jahre lang als Mitglied der einst verbotenen Muslimbruderschaft gegen das Gaddafi-Regime. Nach Angaben von Belhaj gebe es Anzeichen, wonach sich die Opposition auch in Tripolis offener zeige. "Wir sind uns zu 100 Prozent sicher, dass es einen Aufstand in Tripolis geben wird. Es ist nur eine Frage der Zeit", so Belhaj.

Rebellen bestätigen indirekte Gespräche mit dem Regime

Es sind offenbar aber nicht die einzigen Gespräche, die die Rebellen führen. Angeblich stehen sie auch regelmäßig in Kontakt mit Vertretern des Gaddafi-Regimes. Dies bestätigte ein Sprecher des Übergangsrates in Bengasi: "Sie finden manchmal in Südafrika statt und manchmal in Paris, wohin Gaddafi neulich einen Emissär entsandt hat, um mit uns zu reden", sagte Mahmud Schammam der Pariser Tageszeitung Le Figaro.

Diese Gespräche seien aber nie von Angesicht zu Angesicht und liefen über Vermittler, fügte er hinzu. Die bisherigen Ergebnisse dieser Gespräche seien gemischt. "Manchmal nähern wir uns an, manchmal entfernen wir uns voneinander, das hängt vom augenblicklichen Humor Gaddafis ab", sagte Schammam. Die Aufständischen beharrten jedenfalls auf ihrer Forderung, dass Gaddafi und sein Clan die Macht abgeben müssten.

Derweil hat wieder eine Gruppe von Soldaten und Polizisten Berichten der tunesischen Nachrichtenagentur TAP zufolge Gaddafi die Gefolgschaft aufgekündigt. Die 19 Sicherheitskräfte seien auf dem Seeweg nach Tunesien geflüchtet. Sie hätten zu einer Gruppe von 49 Menschen gehört, die am Vortag im Hafen von El Ketef gelandet sei.

Seit Beginn des Aufstands gegen Gaddafi im Februar haben Dutzende Regierungsvertreter und Militärs die Seiten gewechselt und das nordafrikanische Land verlassen. Darunter waren der frühere Außenminister Abdurrahaman Schalgam und ein Spitzenmanager der Ölindustrie. Schalgam äußerte sich in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interview des italienischen Corriere della Sera TV überzeugt, dass die Tage Gaddafis als Machthaber gezählt seien. Er glaube, dass der langjährige Staatschef mit einem anderen afrikanischen Land oder mit Weißrussland über die Gewährung von Asyl verhandele.

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