Heiliges Jahr:Trevi-Brunnen sprudelt in neuer Bellezza

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Traumkulisse in Rom: Bürgermeister Roberto Gualtieri spricht bei der Wiedereröffnung des Trevi-Brunnens. (Foto: Yara Nardi/REUTERS)

Mittel der Europäischen Union machen es möglich: Rom putzt sich für das Heilige Jahr heraus. Der Besuch des weltberühmten Wasserbeckens ist immer noch kostenlos, aber wie lange noch?

Von Marc Beise, Rom

Kenner sprechen vom „italienischen Wunder“, und das heißt: Projekte kommen nicht vom Fleck, monatelang, aber dann geht alles plötzlich ganz schnell. Zum Beispiel in Rom, das zuletzt eine einzige Baustelle war, sehr zum Leidwesen der Einwohner und der Gäste, die vielleicht einmal im Leben in die Ewige Stadt gekommen waren und dann häufig vor Bauzäunen standen.

An diesem Dienstag, 24. Dezember 2024, beginnt ein Heiliges Jahr, das größte Fest in der Stadt des Papstes auf viele Jahre. Bürgermeister Roberto Gualtieri hatte die Gunst der Stunde genutzt und alle Finanzquellen angezapft, namentlich die der Europäischen Union. Italien ist privilegierter Nutznießer des Nach-Corona-Aufbaufonds, viele Milliarden Euro fließen jedes Jahr in den Süden für Investitionen in die Zukunft.

Eine Eintrittsgebühr soll es nicht geben, zumindest vorerst

Und sind Bauprojekte in Rom nicht die beste Infrastrukturmaßnahme, die man sich vorstellen kann? Nach zögerlichem Start wurde zuletzt gebaut und renoviert, was die Fachbetriebe hergaben, und auch wenn vieles noch im Fluss ist, kann Gualtieri doch einige Erfolge vorweisen: Zunächst konnte er das aus römischer Sicht berühmteste Wasserbecken der Welt, den Trevi-Brunnen, wieder freigeben, der wochenlang ausgetrocknet war und dessen Anmut Besucher zuletzt nur von einem provisorischen Gerüst aus erahnen konnten. Am Sonntag schoss das Wasser wieder ein, und Kulturstadtrat Massimo Smeriglio sagte: „Wir haben den Römerinnen und Römern den wunderschönen Trevi-Brunnen zurückgegeben. Den schönsten Brunnen der Welt, in der schönsten Stadt der Welt vor einer Traumkulisse.“

Allerdings erlebt auch das bekannte Wahrzeichen von Rom, erbaut 1762 in hoher Barockkunst, eine Zeitenwende; der Bürgermeister nutzt die Gunst der Stunde.  Haben sich bisher die Besuchermassen auf dem überraschend kleinen Platz gedrängt – ein Hohefest für Taschendiebe –, so will Gualtieri nun ausgerechnet hier damit beginnen, auch in Rom den viel zitierten Overtourism zu bekämpfen, der die bekannten italienischen Destinationen wie Venedig, Florenz und eben Rom fast erwürgt. In Zukunft wird der Zugang beschränkt, höchstens 400 Besucher gleichzeitig dürfen sich dort aufhalten.

Es gibt einen Ein- und einen Ausgang für das Areal, und wer das sieht, ahnt schon, worauf das Ganze hinausläuft. Auch wenn Gualtieri proaktiv abwiegelte. An eine Eintrittsgebühr sei nicht gedacht, sagte er bei der Wiedereröffnung, und dann: „Vorerst.“ Schon seit einiger Zeit sind für die bekanntesten Sehenswürdigkeiten wie das Kolosseum oder die Vatikanischen Museen lange im Voraus gebuchte Tickets Pflicht. Und der Airbnb-Plage will man Herr werden, indem die Gäste den Schlüssel zur gemieteten Wohnung nicht mehr anonym aus der Code-Box holen dürfen, sondern eine persönliche Übergabe Pflicht werden soll.

Neue Fußgängerzone an der Piazza Pia

Auch viele andere Sehenswürdigkeiten sind wieder zugänglich: die drei Brunnen auf der Piazza Navona, der Piazza Farnese und die Engelsbrücke, der traditionsreiche Weg der Pilger zum Vatikan. Dort durfte Bürgermeister Gualtieri am Montag die neue Fußgängerzone an der Piazza Pia einweihen, die von der Engelsburg, dem einstigen Mausoleum des Kaiser Hadrian und dem späteren vorübergehenden Wohnsitz einiger Päpste, bis zur Petruskirche reicht. Wenigstens hier haben die sonst in Rom so dominanten Autos keinen Platz mehr, sie fahren jetzt durch einen neuen Tunnel. Damit ist eines der großen Bauprojekte Roms gerade noch rechtzeitig vor dem Beginn des Heiligen Jahres fertig geworden.

Gualtieris Bautrupps hätten sogar einen etwas früheren Termin geschafft, aber man wollte der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni die Gelegenheit zur Teilnahme geben, die noch auf der Rückreise aus Finnland war, der letzten Dienstreise der passionierten Außenpolitikerin vor Weihnachten. Meloni sprach von einem „kleinen zivilen Wunder, zu dem wir fähig sind, wenn wir es wollen“. Sie kann das Jahr nun entspannt beenden, nachdem ihr Vize und Verkehrsminister Matteo Salvini gerade in einem aufsehenerregenden Prozess in Palermo von dem Vorwurf freigesprochen wurde, 2019 als Innenminister sein Amt missbraucht und Migranten auf privaten Seenotrettungsschiffen faktisch als Geiseln genommen zu haben.

Bei der Einweihung der Fußgängerzone waren hohe Würdenträger des Vatikans vertreten, der mit der Unterstützung der Stadt fürs Heilige Jahr zufrieden sein kann: Auch in modernen Zeiten ist die Symbiose zwischen Staat und katholischer Kirche in Rom so stark wie kaum an einem anderen Ort. Papst Franziskus allerdings war nicht dabei, was verständlich ist angesichts der Terminfülle, die er in den kommenden Tagen haben wird. Nie ist ein Papst so beansprucht wie an Weihnachten oder Ostern, zumal jetzt zum Auftakt eines Heiligen Jahres.

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